Kommt man von Wannsee gelangt man gleich hinter der Glienicker Brücke über die Schwanenallee in den Neuen Garten Potsdam. Der rund 100 Hektar große Park liegt sowohl am Heiliger See als auch am Jungfernsee. Über das Wasser hinweg bestehen gestalterische Verbindungen zu den Gärten in Sacrow, der Pfaueninsel, Glienicke und Babelsberg. Bekannt geworden ist der Neue Garten vor allem wegen Schloss Cecilienhof, dem Ort der Potsdamer Konferenz.
Neuer Garten als Gegenstück zu Sanssouci
Die Entstehungsgeschichte de Parks in Potsdam ist interessant. Friedrich Wilhelm II., Neffe Friedrich des Großen, nannte den ab 1787 angelegten Neuen Garten im Gegensatz zu dem „alten“ Park Sanssouci fortan Neuer Garten. Dem Park, dazu gehört auch der Pfingstberg, kommt eine Scharnierfunktion inmitten der Potsdamer Kulturlandschaft zu. Mit der Gestaltung wurde der in den Parkanlagen von Dessau-Wörlitz ausgebildete Gärtner Johann August Eyserbeck betraut. Die Wörlitzer Parks waren damals schon im englischen Stil angelegt.
Landschaftspark nach englischem Vorbild
Beim Spaziergang durch den Neuen Garten kann man heute noch einen Großteil der zwischen 1787 und 1792 errichteten Gebäude besichtigen. Dazu gehören das Marmorpalais, die als römische Tempelruin angelegte Schlossküche, die Gotische Bibliothek sowie Schindelhaus, Orangerie, Grotte, Meierei, Pyramide (Eiskeller) und das Holländische Etablissement. Der Rotaryklub Potsdam ließ mit Spendengeldern im Jahr 2005 die zu Zeiten der Berliner Mauer zerstörte Eremitage wieder errichten. Auch das Borkenhäuschen aus der Zeit Friedrich Wilhelm II. wurde nach dem Jahr 2000 wieder errichtet.
Aussichtspunkt Gotische Bibliothek
Als Beginn für einen Spaziergang durch den weitläufigen Neuen Garten bietet sich neben der Schwanenbrücke, in der Nähe der Glienicker Brücke, auch die Gotische Bibliothek von der Potsdamer Seite her an. Von deren Aussichtsplattform hat man einen faszinierenden Blick über den Neuen Garten und Heiliger See. Aufwändige Sanierungsarbeiten retteten das architektonische Kleinod vor dem Versinken. Zu DDR-Zeiten verfiel die Bibliothek.
Weiter geht es über das sogenannte Holländische Etablissement. Die dortige aus Pyramidenpappeln (seit 1864 Pyramideneichen) angelegte Allee gilt ncoh heute als Musterbeispiel für den preußischen Chausseebau.
Umgestaltung des Gartens durch Lenné
1816 überarbeitete Peter Joseph Lenné den Neuen Garten. Unter Erhalt vieler Bereiche und Entfernung zu dichter Gehölze bekam der Neue Garten damals große Sichten und Wiesenräume sowie eine gefälligere Wegeführung. Beeindruckend sind heute noch die damals angelegten Blickverbindungen in die Umgebung.
Trotz kleinerer Veränderungen zur Kaiserzeit und durch Rücknahme von Einbauten aus der Zeit der Nutzung durch die Sowjetarmee nach dem Zweiten Weltkrieg sind heute noch immer die von Lenné geplanten Strukturen erkennbar.
Marmorpalais und Cecilienhof
Sehenswert ist neben dem Marmorpalais auch das Schloss Cecilienhof. Es wurde von 1913 bis 1917 für den Kronprinzen erbaut und fügt sich harmonisch in den Neuen Garten ein. Zu DDR-Zeiten war direkt dahinter eine 13 Hektar große Flüche des Parks Teil der Berliner Mauer. Nach 1990 wurden dieser zerstörte Teil wieder restauriert und die die Sichtachsen nach Sacrow und zur Pfaueninsel wieder hergestellt. Auch die Meierei im Neuen Garten lädt wieder als Ausflugsgaststätte, wie vor 1945, Touristen ein.
Zur Geschichte des Schlosses Cecilienhof
Das von 1913 bis 1917 nach Plänen von Paul Schultze-Naumburg (1869-1949) im englischen Landhausstil errichtete Schloss Cecilienhof ist der letzte Schlossbau der Hohenzollern. Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) ließ die Residenz für seinen ältesten Sohn Wilhelm errichten. Bis 1945 war es Wohnsitz des letzten deutschen Kronprinzenpaares Wilhelm und Cecilie von Preußen, die zuvor im Marmorpalais wohnten. Das Erscheinungsbild des Schlosses wurde den landschaftlichen Gegebenheiten durch Verwendung traditioneller Materialien wie Backstein und Holz angepasst. Es fügt sich aufs Schönste in den nördlichen Teil des Neuen Gartens ein, der Ende des 18. Jahrhunderts als englischer Landschaftsgarten angelegt wurde.
Im Zuge der Potsdamer Konferenz wurden die Haupträume neu möbliert und der Rote Stern im Ehrenhof des Schlosses angelegt.
Vom Grünen Haus, in dem früher Bedienstete des königlichen Hofes wohnten, hat man einen schönen Blick auf die Silhouette Potsdams mit der Nikolaikirche. Auch kann man von hier aus, wie auch vom Marmorpalais aus, die am gegenüberliegenden Ufer des Heiligen Sees gelegenen Villen aus den Medien bekannter Persönlichkeiten sehen.
Baden im Heiliger See
Jedes Jahr im Sommer nutzen Hunderte Menschen einen Teil des Neuen Garten als Liegewiese. Obwohl die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten das Bedürfnis der Potsdamer und Besucher der Stadt, sich im Heiliger See Abkühlung zu verschaffen, toleriert, gibt es immer wieder Anlass zur Sorge. Auf einen sechsstelligen Betrag belaufen sich die jährlichen Schäden, die durch die Zerstörung der Trockengraswiesen entstehen. Vor allem das Ostufer zwischen Grünem Haus und Hasengraben braucht aus Naturschutzgründen besondere Rücksichtnahme. Das Ufer ist ein ausgewiesenes Schilfbiotop und auch einige Wiesen sind als Trockenrasenbiotope eingetragen. Informationstafeln erläutern die Bedeutung dieses einmaligen Naturraums. Leider werden die Anpflanzungen immer wieder niedergetreten und der wasserseitige Zaun zerstört. Am Roten Haus und südlich des Marmorpalais bricht die Uferlinie bedrohlich weg. Es werden Lagerfeuer auf den bitopgeschützten Wiesen entfacht, sogar eine 150 Jahre alte Eiche am Roten Haus wurde im 2014 an ihrem Stamm angezündet. Marmorsockel von Skulpturen und Gehölze werden als Fahrradständer genutzt.
Schwierigkeiten gibt es zudem mit dem zunehmenden Fahrradverkehr. Nur der Uferweg am Jungfernsee ist als Radweg freigegeben und entsprechend ausgeschildert. An den meisten Wegeabzweigungen stehen zusätzlich noch eindeutige Fahrradverbotsschilder, damit auch Spaziergänger den Neuen Garten in Potsdam ungestört erleben können. Mittlerweile wird allerdings auf allen Wegen durch den Neuen Garten gefahren. Die Folge sind erhebliche Schäden an den wassergebundenen Wegedecken. Durch „Abkürzungen“ werden zudem angrenzende Wiesenflächen zerstört. Mit Infotafeln appelliert die Stiftung an die Besucher, den Neuen Garten, der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, zu schützen und zu erhalten.
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