Zugegeben, ich bin ein „Pufferküsser“. So nennt man die Eisenbahnfans, die vor allem historischen Eisenbahnen nachspüren. Bei unserer Tour durch Südtirol lernten wir auf dem Ritten oberhalb von Bozen (Bolzano) eine solche Rarität kennen: die Rittner Bahn. Von Klobenstein, wo wir im Hotel Bemelmanns Post wohnten, fuhren wir mit der Schmalspurbahn (eine der letzten in Italien überhaupt) in einer knappen halben Stunde nach Oberbozen. Die Fahrt durch die wunderbare Landschaft – Wiesen, Wälder und Felder, Höfe und majestätische Ausblicke auf die Dolomiten – ist faszinierend und sehr zu empfehlen. Schon Sigmund Freud und heuer sicher auch Frank-Walter Steinmeier (der die Sommerfrische auf dem Ritten zu schätzen weiß) sind mit der Rittner Bahn gefahren.
Perfekt mit der Rittencard
Der Transport auf den Ritten ist recht einfach. Mit der Ritten Card kann der Gast alle öffentlichen Verkehrsmittel nutzen: ob Bus oder Schmalspurbahn beziehungsweise Seilbahn. Denn in Oberbozen steigt man dann in die gegenüberliegende Rittner Seilbahn um. Bis 1966 quälte sich eine Zahnradbahn von Bozen hinauf nach Oberbozen. Wie entspannt ist heute hingegen eine Fahrt mit der Seilbahn. Im Vier-Minuten-Takt bringt sie in gut 12 Minuten die Urlauber hinunter nach Bozen. Und wieder erleben wir unbeschreibliche Ausblicke in die Landschaft und auf die Stadt Bozen.
Schmalspurbahn von 1907
Doch noch sitzen wir in der Rittner Bahn (auch Rittnerbahn; auf Italienisch Ferrovia del Renon) ist eine elektrisch betriebene, meterspurige Schmalspurbahn. Doris Wieser vom Tourismusverein Ritten gab mir eine Broschüre, in der ich alles Wissenswerte zu dieser einzigartigen Bahn fand. Historisch bestand die als Lokalbahn konzessionierte Strecke einst aus drei Abschnitten: einer straßenbahnähnlichen Trasse in Bozen, einer Zahnradstrecke von Bozen zum Hochplateau des Ritten und einer Überlandtrasse auf dem Ritten. Während die beiden erstgenannten Teile aufgelassen beziehungsweise durch die Rittner Seilbahn ersetzt wurden, verkehrt die Adhäsionsbahn auf dem Hochplateau von der Station Maria Himmelfahrt über Oberbozen nach Klobenstein bis heute.
Mit stetig zunehmenden Interesse, wie ich erleben durfte. Bei meinen drei Mitfahrten waren die Waggons voll. Und jeder Bahnenthusiast wollte aus den Fenstern (im Gegensatz zum ICE kann man die Scheiben herunterschieben) einen Foto-Blick auf die umgebenden Berge erheischen.
Bei Wikipedia steht: „Eigentümer der in um 2000 stark erneuerten und ausgebauten Bahn sind die Südtiroler Transportstrukturen, den Betrieb führt die SAD Nahverkehr durch. Die Rittner Bahn ist Teil des Verkehrsverbunds Südtirol.“ Wir können also den Initiatoren des Baues der Rittnerbahn im Jahr 1905 noch heute dankbar sein. Die Rittner Bahn galt im frühen 20. Jahrhundert als eine Errungenschaft, die den modernen Fremdenverkehr auf dem Ritten erst möglich machte. Heute sollen es täglich so um die 4000 täglich sein, die die Rittnerbahn benutzen.
Auf dem Streckenabschnitt Oberbozen–Klobenstein verkehren täglich 25 Zugpaare, an Werktagen sogar noch mehr. Zu Mittag und am Abend werden täglich jeweils zwei Zugpaare von Klobenstein kommend über Oberbozen hinaus bis Maria Himmelfahrt verlängert. Es soll auch noch historische Waggons der Rittner Bahn geben. Diese haben wir leider nicht in Aktion erleben können. Ein Grund, um wieder einmal in die so wunderschöne Gegend auf den Ritten zu kommen.
Das Wichtigste zur Rittner Bahn
Die Rittner Bahn ist ganzjährig in Betrieb, täglich wird ein Halbstundentakt von 9.40 bis 18.40 ab Oberbozen und von 10.10 bis 19.10 ab Klobenstein gefahren. Morgens und abends ein Stundentakt. Fahrzeit: 18 Minuten. Übrigens kann man auch von Klobenstein oder Bozen nach Pemmern fahren. Von dort geht es mit den Rittner-Horn-Seilbahnen weiter hinauf auf die Schwarzseespitze, von wo aus man in nur einer Stunde zu Fuß das Rittner Horn erreichen kann. Ein Tipp: Unsere Mountainbikes wurden transportiert. Darüber dann hier später mehr auf einfachraus.eu
Weitere Infos zur Rittnerbahn über den Tourismusverband Ritten:
Adresse Dorfstraße 5 | I-39054 Klobenstein/Ritten (BZ) | ☎ +39 0471 356100 ☎ +39 0471 345 245 | Mail: info@ritten.om
Mit der Seilbahn hinab nach Bozen
Es ist eine 4.560 m Meter lange Dreiseil-Umlaufbahn (3-S-Bahn). Die Großkabinen-Umlaufbahn transportiert in acht Kabinen je 30 Personen in 12 Minuten hinauf, und dies im 4-Minuten-Takt.
Typisch südtirolerisch ist die Stadt an Eisack und Talfer nicht. Drei Viertel ihrer 107 000 Bewohner sind italienischstämmig und die Altstadtgassen haben mediterranes Flair. Italienisches Lebensgefühl prägt Bozens Altstadt. Hübsche Bürgerhäuser, Laubengänge und Gasthöfe sind hier versammelt. Immer wieder faszinierend ist der Blick auf die Dolomiten. Das andere Gesicht von Südtirols Landeshauptstadt zeigt sich westlich der Talfer mit Monumentalbauten aus der Mussolini-Zeit wie Justizpalast und Casa Littoria am Gerichtsplatz. Bozen ist Messestandort, Universitätsstadt und Sitz von Landesregierung und Landtag. Wir haben den fulminanten Reiseführer von Florian Fritz und Dietrich Höllhuber (Michael Müller Verlag) im Gepäck und kommen damit ganz gut durch das Gewirr der turbulenten Innenstadt.
Was man in Bozen gesehen haben sollte ?
Waltherplatz
Der Waltherplatz mit seinen Cafés und Geschäften ist italienisch quirlig am Tag und im Sommer, doch tirolerisch abends und im Winter beim Christkindlmarkt. Benannt ist Bozens Hauptplatz nach dem Minnesänger Walther von der Vogelweide, der einer Legende nach in Südtirol, im Lajener Ried über Klausen, geboren sein soll. Bei unserer Stippvisite in Bozen genossen wir auf dem Platz direkt neben dem Denkmal von Walther von der Vogelweide in der Sonnen einen Eiskaffee. Es wird zur Zeit restauriert.
Dom Maria Himmelfahrt wird 500
2019 ist ein wichtiges Gedenkjahr für Bozen. Der Dom, eine dreischiffige gotische Hallenkirche mit einem Dach aus farbig glasierten Ziegeln und einem 65 Meter hohen Kirchturm mit Turmhelm aus Sandstein, ist ein wichtiges Wahrzeichen der Stadt und beliebtes Postkartenmotiv . Er wird 500 Jahre alt. Anfang des 16. Jahrhunderts errichtete der schwäbische Baumeister Hans Lutz von Schussenried den 65 Meter hohen Turm mit kunstvoller Spitze. Die Domschatzkammer in der Alten Propstei zeigt kostbare liturgische Gewänder und Goldschmiedearbeiten, Kelche und Monstranzen vor allem von Augsburger Meistern. Dazu widmet sie sich der Baugeschichte des Doms sowie der Tradition der Reliquienverehrung und der Prozessionen.
Laubengasse
Die Laubengasse mit ihren Arkadengängen ist seit dem Mittelalter die Haupteinkaufsstraße Bozens. Hinter den bunt bemalten Fassaden gibt es Mode-, Sport- und Schuhläden, Juwelier-, Buchhandlung- und Hutgeschäft.
Obstmarkt
Die Laubengasse führt zum Obstmarkt, dem buntesten Platz der Stadt. Täglich werden hier frisches Obst, Gemüse, Käse und andere regionale Spezialitäten angeboten. Blumen in allen Farben und Arten sind prächtige Farbtupfer auf dem Obstmarkt. In der Mitte des Platzes steht seit 1746 der Neptunbrunnen. Schon Goethe, der 1786 in Bozen weilte, erwähnte den Markt mit Wohlwollen.
Museion
Mit dem futuristischen Kubus des Museion wirft Bozen einen Blick in die Zukunft. Die gewaltigen Glasfronten des Museums für moderne und zeitgenössische Kunst wirken wie Schaufenster in die Berge und sollen Alt- und Neustadt miteinander verbinden. Nachts nutzen Videoinstallationen die beweglichen Fronten als Projektionsflächen. Eine ständige Sammlung gibt es nicht, dafür aber interessante Wechselausstellungen.
Archäologiemuseum
Seinetwegen bilden sich lange Schlangen vor den Kassen. Ötzi selbst, der Mann aus dem Eis, liegt vor Wärme und Feuchtigkeit geschützt hinter einer Panzerglasplatte. Vor über 5000 Jahren starb er an den Folgen einer Pfeilverletzung, doch sein Körper überdauerte im Ötztaler Gletschereis. Im Südtiroler Archäologiemuseum dokumentieren Modelle, Installationen und multimediale Animationen das Leben der Südtiroler von 15 000 vor Christus bis etwa 500 nach Christus.
Weitere Informationen
Verkehrsamt der Stadt Bozen
Südtiroler Straße 60, I-39100 Bozen
Tel. +39(0)471 307000, info@bolzano-bozen.it, www.bolzano-bozen.it
Bozen Magazine
www.bolzanobozenmagazine.it
Hier geht es zu unserem Besuch auf dem Ritten und hier zu den Gourmetsäften (lecker !) von Thomas Kohl.
Hinweis: Die Recherche auf dem Ritten wurde vom Tourismusverein Ritten unterstützt. Danke !
Buchtipp: Florian Fritz und Dietrich Höllhuber haben intensiv in Südtirol recherchiert und geben dem Feriengast wie auch dem Kulturinteressierten einen Reiseführer an die Hand, der durch viele Insidertipps überzeugt. 24,90 Euro
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