Diese Brücke ist der Hammer ! Wer über die Kettenbrücke über den Fluss Malapane in Ozimek (Wojewodschaft Opole) geht (Fahren ist nicht erlaubt), der spürt zwei Jahrhunderte Technikgeschichte. Für den Bau dieser 31,5 langen und 6,6 Meter breiten Kettenbrücke wurden rund 57 Tonnen Eisenguss und über 14 Tonnen Stahl verwendet. Techniktrumpf aus Uropas Tagen, so könnte man das Technische Denkmal nennen, zudem sie überreghionale Bedeutung hat. Von 2009 bis 2010 wurde die „Urmutter“ vieler Hängebrücken (eine davon befindet sich in verkleinerter Form im Berliner Schlosspark Charlottenburg) denkmalgerecht auseinander genommen und wieder zusammengefügt. 2027 wird die Kettenbrücke von Malapane 200 Jahre alt.
Die Eisenbrücke befindet sich in der Obhut der Gemeinde Ozimek, das benachbarte ebenfalls sehenswerte Metallurgiemuseum, informiert über die Geschichte des ältesten kontinuierlich betriebenen Stahlwerkes in Polen. Geleitet wird der Verein von Józef Tomasz Juros, ein Arzt, dessen Hobby die Beschäftigung mit der Historie seiner Heimat ist. Im Mittelpunkt steht eben die Kettenbrücke und die 1754 gegründete Eisenhütte und Gießerei in Malapane, dem heutigen Ozimek. Die Geschichte wird punktgenau im Museum erläutert.Entworfen wurde die gussweiserne Brücke durch Karl Schottelius.
In der königlich-preußischen Hütte Malapane wurden um 1850 aber nicht nur Teile für Hängebrücken gegossen. Auch als Manufaktur für Dampfmaschinen machte sich der Ort einen großen Namen in der Wirtschaftsgeschichte. Hier wurde unter Leitung des Konstrukteurs Holtzhausen die wohl erste Dampfmaschine Wattscher Bauart im oberschlesischen Industrierevier konstruiert und hergestellt. Davon hatte ich schon einmal beim Besuch im unter UNESCO-Schutz stehenden Besucherbergwerk Tarnowitz gehört.
Älteste Hängebrücke auf europäischem Festland
Zuvor nahm im Mansfelder Kupferbergbau in Burgörner bei Hettstedt (heute Sachsen-Anhalt) bereits eine „Feuermaschine“ ihren Betrieb auf. Es war die Zeit großer Erfindungen. Und die liebevoll restaurierte Hängebrücke von Ozimek erinnert an diese Zeit der beginnenden Industriealisierung. Das Meisterwerk der Ingenieurbaukunst gilt weithin anerkannt als älteste Hängebrücke auf dem europäischen Festland.

Marek Munai kümmert sich als stellvertrtender Vorstzender des Vereins „Tal der Malapane“ um die einzigartige Sehenswürdigkeit in Ozimek.
Im vom Verein betriebenen liebevoll gestalteten Hüttenmuseum sind viele Details zum Werdegang des Bauwerks in den Zeitläuften zu erfahren. So war bis um 1990 das Baueerk nur den Hüttenarbeitern, die auf ihrem Weg in den dahinter liegenden metallverarbeitenden Großbetrieb über die Brücke gingen, vorbehalten. Einst arbeiteten 7000 Beschäftigte am Industriestandort, heute noch rund 400. Für einen symbolischen Euro erhielt der Verein ein früheres zur Hütte gehörendes Sozialgebäude und präsentiert auf zwei Etagen anschaulich die Hüttengeschichte, zeigt Produkte und widmet sich einst hier tätigen bedeutenden Erfindern und berühmten Besuchern.
Alexander von Humboldt war hier
So bestaunte auch Alexander von Humboldt (1769–1859) die Kettenbrücke, wie eine Gedenktafel erinnert.
Der Universalgelehrte weilte am 17. und 18. Dezember 1792 in Malapane, dem heutigen Ozimek. Die Humboldtbrüder hattem immer wieder enge Berührungspunkte zum Bergbau und zur Metallurgie. Bruder Wilhelm von Humboldt, der mit seiner Verlobten Caroline von Dacheröden eine Zeitlang auf Schloss Burgörner (heute Hettstedt), wohnte besuchte mehrmals die „Hettstedter Feuermaschine“. Experten meinen sogar, dass einige Teile davon in Malapane gefertigt worden sind. Ganz in der Nähe, bei Groß Strelitz, befand sich zudem ebenfalls eine Produktionsstätte (ein sogenannter Frischhammer). Es war also ein innovativer Technologietransfer, die Zeit des Merkantiliosmus, von deren Erfinderreichtum wir heute noch so manchen Impuils gebrauchen könnten..
Viele Details erfährt man in einer entsprechenden Publikation, die Mitglieder des Vereins in den letzten Jahren erforscht haben. 2017 fand eine überregional beachtete Konferenz von Montanhistorikern in Ozimek statt, danach war begann der Bekanntheitsgrad des technischen Leuchttums in der Wojewodschaft Oppelner Land ständig zu wachsen.
Und auf ein weiteres Highlight wurden wir während unserer kurzen Stippvisite in Ozimek von den Vereinsmitgliedern aufmerksam gemacht. Die Kirche im Ort trägt die Handschrift von Preußens Stararchitekten Karl Friedrich Schinkel. Der Königlich Geheime Oberbaurat zeichnete den Plan für die 1821 eingeweihte Kirche.
Und im Eisenhüttenmuseum erinnern einige gusseiserne „Schinkelteller“ und Statuetten und andere Plastiken an den Künstler Schinkels.
Es wird vermutet, dass auch Preußenkönig Friedrich II. selbst die Eisenhütte in Malapane besucht hat. Den Nachweis könnten weitere Forschungen in Archiven erbringen. Die Bergbauakten liegen, so sie noch erhalten sind, im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem. Denn die Gegend um Malapane war damals reich an Raseneisenstein und der Alte Fritz brauchte die Metallurgie für seine Rüstungsindustrie. Auf seinen Erlass wurden schon im Eisenhüttenwerk Malapane im Jahr 1753 zwei Hochöfen erbaut, die Gießerei folgte dann 1754 , sie gilt als erste staatliche preußische Eisenhütte im damaligen Oberschlesien.

Marcin Widera kennt sich bestens aus mit der Geschichte mit Ozimeks Industriegeschichte.
Zentrum für Dampfmaschinenbau
Im Hüttenmusuem wird auch an die Zeit erinnert, als in Malapane Dampfmaschinen für die Bergwerke und Eisenwalzwerke im schlesischen Industrierevier gebaut wurden. einer der Dampfmaschinenpioniere war August Friedrich Holtzhausen. Wikipedia weiß dazu: „1794 begann Holtzhausen in Oberschlesien mit den einfachsten Hilfsmitteln und ungeschulten Arbeitern selbst den Bau von Dampfmaschinen. Bis 1825 baute er mehr als 50 von ihnen in Größen von vier bis 80 Pferdestärken. Insgesamt hatten sie eine Pferdestärke von 770. Die Teile für die Dampfmaschinen wurden zunächst in der Hütte in Malapane gefertigt und später in Gleiwitz. “
Verständlich, dassdie einwohner der region mächtig stolz auf ihre Brücke sind. Die Kettenbrücke findet sich auch auf dem Wappen der Stadt und Gemeinde Ozimek. An den Brückenpfeilern finden sich Schriftzüge des Stadtnamens „Malapane“ und die Jahreszahl 1827.
Wer Näheres über die Geschichte der berühmten Kettenbrücke von Malapane erfahren will, dem empfehle ich das von Josef Thomas Juros, dem Vorsitzenden des Vereins der Kettenbrücke in Malapane (Ozimek) verfassten Band über die Geschichte der Gießerei und der ältesten bis heute erhaltenen ersten Kettenbrücke. Das Buch ist über die Website des Vereins zu beziehen, Kosten: 19,00 € plus Versand.
Die Adresse des Vereins
Verein Mała Panew Valley
Str. Brzeziny 16 a, 46-040 Ozimek
E-Mail: biuro@sdmp.eu
Die Recherche in Städte, zu Schlössern, regionaler schlesischer Küche sowie zu Technikdenkmalen im Oppelner Land wurde unterstützt vom Polnischen FVA Berlin polandtravel sowie visitopolski. Vielen Dank.
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Hallo
Ich bin letztens mit einem Freud über diese ehrwürdige Brücke gegangen. Es ist eine sehr schöne Brücke. Die Reise nach Oberschlesien hat sich auf jeden Fall gelohnt, es ist ein sehr schönes Land, jederzeit wieder.