Laubrascheln, Pilze suchen, Kastanien, Eicheln sammeln oder auch schon Zapfen für den Adventskranz. „Indian Summer“ liegt in der Luft. Am späten Samstagvormittag locken uns ein paar Sonnenstrahlen hinaus ins Havelland und weiter nach Ostprignitz-Ruppin. Im Frühling schauen wir meist nach den Großtrappen, im Herbst schauen wir nach den Kranichen. Der Gesang der Kraniche macht süchtig. Bunt gefärbte Laub-Alleen zeigen uns an: „Der Herbst steht auf der Leiter …“ Wieder kommt uns das Herbstlied von Peter Hacks in den Sinn, leise summen wir es vor uns hin:
„Der Herbst steht auf der Leiter und malt die Blätter an, ein lustiger Waldarbeiter, ein froher Malersmann.
Er kleckst und pinselt fleißig auf jedes Blattgewächs. und kommt ein frecher Zeisig, schwupp, kriegt der auch ´nen Klecks.
Die Tanne spricht zum Herbste: Das ist ja fürchterlich, die andern Bäume färbste, was färbste nicht mal mich?
Die Blättern fallen munter und finden sich so schön. Sie werden immer bunter. Am Ende falln sie runter.“

Herbst Brandenburg

So lyrisch wie Hacks den Kreislauf der Natur in seinem Gedicht beschreibt, so wunderbar erleben wir den Samstag im Havelland/Ostprignitz-Ruppin. Die Sonne ist zwar schnell verschwunden, es ist trübe, dennoch fühlen wir uns dank der farbenfrohen Blätter an den Bäumen, den vielen Kranichen und Gänsen auf den feuchten Wiesen und Stoppelfeldern, ja und auch der Pilze an den Straßenrändern der B5 froh und beschwingt. Die Pilze sind nicht essbar, passen aber in unser Herbstbild. Wie auch die Spinnweben am Waldrand kleine Kunstwerke für uns sind. Man muss nur genauer hinschauen. Tolle Webmuster erstaunen uns immer wieder auf’s Neue. Da ist es auch nicht so schlimm, wenn wir an diesem Samstag keine essbaren Pilze finden.

Dafür erfreuen uns die vielen Kraniche mit ihrem Gesang, ihrem Geflatter, ihrem grazilen Gestelze. Um sie nicht zu stören, beobachten wir sie von der Ferne aus. An der frischen Luft, bei leichtem Nieselregen zu stehen und zu lauschen, es ist erholsam und macht einfach Spaß. Und den Kranichen scheint der Rastplatz auch zu gefallen, denn es kommen weitere Grüppchen an. Wiesen und Stoppelfelder scheinen ihnen ausreichend Futter zu geben. Den Gänsen in einiger Entfernung wohl auch. Die aus der Ferne wie große weiße Wollknäule wirkenden Gänse sind heute schreckhafter als die Kraniche. Immer wieder erheben sie sich mit lautem Gekreische in die Luft.

Vogel Havelland GänseGänse Havelland

Vielleicht macht ihnen auch ein Fuchs zu schaffen? Sofort fällt mir das wohl bekannteste Kinder-Lied im deutsch-sprachigen Raum von Ernst Anschütz ein, das er 1824 unter dem Titel Warnung veröffentlichte: „Fuchs, du hast die Gans gestohlen, gib sie wieder her, sonst muss ich den Jäger holen mit dem Schießgewehr“ … Anschütz schlug vor, dass der Fuchs doch mit einer Maus vorlieb nehmen solle, denn einen Gänsebraten brauche er nicht. Wie es im Lied ausgegangen ist, wissen wir nicht. Während unserer Beobachtung hat sich heute jedenfalls kein Fuchs einen „Gänsebraten“ holen können. Und so sind wir nicht traurig, ziehen weiter, denn es scheint, dass uns die kleine Geschichte vom „Gänsebraten“ jagenden Fuchs hungrig gemacht hat.

„Olafs Werkstatt“ – „Die große Überraschung

Also geht es weiter. Wir suchen eine Gaststätte. Das Fontanedorf Ribbeck liegt schon weit hinter uns – eigentlich weit und breit – der einzige Ort mit einem kulinarischen Angebot. Wir kommen nach Dreetz. In dem Glauben, gleich in einer Gaststätte einen Kaffee und etwas zu essen zu bekommen, betreten wir einen vermeintlichen Gastraum. Doch sofort informiert uns eine sehr freundliche Frau, dass dieser Ort schon lange keine Gäststätte mehr hat. Von fünf Gaststätten hat keine einzige überlebt, drei Fleischereien gab es einst, und auch Bäckereien hatten hier ihr auskommen. Heute müssen sich die Menschen anderswo versorgen. Dabei ist der Ort hübsch, immer Sommer scheinen sich hier Urlauber wohlzufühlen. Reiterhof, Campingplatz, Wälder zum Wandern … Wir bekommen aber von der netten Frau Bürger einen Tipp, der sich im Nachhinein als „Bonbon“ des Tages entpuppt. „Fahren Sie in das wenige Kilometer entfernte Neustadt a.d. Dosse, zu „Olafs Werkstatt“, Sie werden nicht enttäuscht werden“.

Olafs Werkstatt? Kartoffelsalat und Bockwurst wird es schon geben, einen Kaffee auch. Wir wissen ja seit Rainald Grebe, dass man, wenn man ins Land Brandenburg fährt, Essen und Trinken vorsichtshalber mitnehmen sollte. Wir nehmen dennoch nie etwas mit, denn wir lassen uns immer auf’s Neue überraschen.

Versteckt in einer Seitenstraße fanden wir "Olafs Werkstatt"

Versteckt in einer Seitenstraße fanden wir „Olafs Werkstatt“

Und werden auch diesmal nicht enttäuscht. Denn Olafs Gaststätte heißt zurecht „Olafs Werkstatt“. Denn sie ist mehr als eine Gaststätte. Für die Region ist sie eine Genusswerkstatt und kulturelle Einrichtung zugleich, in der Kleines und Großes „gewerkelt“ wird. Das ist nicht abwertend gemeint, denn Restaurant, Theater, Bowlingbahn, Fußball-Lounge, professionelle Komplettversorgung wertvoller Sportpferde mit täglichem Weidegang und Auslauf in Paddocks sowie die Betreuung einer Ferienwohnung, das muss erstmal gemanagt werden.

Gastwirt, Eventmanager und Kunstliebhaber Olaf Krause Foto: Kärstin Weirauch

Gastwirt, Eventmanager und Kunstliebhaber Olaf Krause Foto: Kärstin Weirauch

Seit 1974 ist das Grundstück, einst Eisengießerei und Emaillefabrik, wieder in Familienbesitz. Olaf, Wirt und Kleinkunstliebhaber, bringt nicht nur Farbe in die Gaststätte, sondern auch in’s Ländliche. Den Aussagen der Gäste in der Gaststätte nach, gelingt das sehr gut. Sowohl Einheimische und Gäste aus der Umgebung fühlen sich wohl, sind guter Laune. Selbst Familien mit zwei und drei Kindern scheint das Angebot zu gefallen. Und das sei vorweg gesagt, es gibt mehr als Kartoffelsalat und Bockwurst. Vorspeisen, Hauptgerichte, Desserts – für jeden Geldbeutel ist etwas dabei. Und alles wird frisch zubereitet und von drei sehr freundlichen Serviererinnen an den Tisch gebracht. Bezahlt wird am Schluss an der Kasse bei Olaf. Wir sind sicher, dass das Trinkgeld am Ende des Tages auch die fleißigen Mitarbeiterinnen in Küche und Restaurant erreicht. Denn nicht einmal klagt Olaf über fehlende Mitarbeiter. Aber voller Interesse weist er uns auf sein „Kulturprogramm“ hin. Zwei Musikveranstaltungen für die nächsten Wochenenden sind schon ausverkauft. Deshalb ist es ratsam auf seine Homepage zu schauen und sich hier über das Programm zu informieren und Plätze zu reservieren: www.olafs-werkstatt.de

Das Schnitzel mit Zwiebeln, die Sülze, beides mit Bratkartoffeln und Salatbeilage angerichtet, schmecken, ebenso das böhmische Bier und der Kaffee. Wir fühlen uns im musealen Ambiente der Gaststätte wohl, erhalten wir doch auf diese Art und Weise einen Überblick über das seit 1862 genutzte Gebäude. Es lohnt sich auf jeden Fall vorbei zuschauen und einzukehren.

Und Vorsicht im Sanitärbereich. Nach einem oder mehreren Gläschen Alkohol könnte es schwierig sein, den Ausgang zu finden … die einen finden ihn nicht wegen des Alkohols, die anderen sehen sich an den Fotos fest. Sie verkleiden die Wände, bilden nicht nur die Künstler ab, die in Olafs Werkstatt schon aufgetreten sind, sondern auch Gäste. Der/die eine oder andere mag sich auf den Wänden suchen …

Olafs.Werkstatt.Neustadt

Wer schon alles hier zu Gast war ? Da bleibt so mancher länger auf dem stillen Örtchen sitzen.

Havelland.Neustadt OPR Olafs Werkstatt

Der Veranstaltungssaal wird vorbereitet

Das Who is who der Kleinkunstszene war schon da

Das Who is who der Kleinkunstszene war schon da

Das Who is who der Kleinkunstszene war schon da

Eine von zwei Bowlingbahnen, buchbar auch für Familienfeiern.

Es war unser erster Besuch, aber nicht unser letzter in Olafs Werkstatt. Zum Schluss gab er uns noch den Tipp, das technische Denkmal Gaswerk-Neustadt/Dosse (gegenüber dem Brandenburgischen Haupt- und Landgestüt gelegen) und die berühmte Neustädter Kreuz-Kirche zu besuchen.

Olafs Werkstatt.Neustadt/Dosse.Brandenburg

Das Technische Denkmal Gaswerk Neustadt/Dosse

Kreuzkirche Neustadt

Kreuzkirche Neustadt/Dosse stellt einen Zentralbau über kreuzförmigem Grundriss aus achteckigem Hauptraum und vier kurzen Kreuzarmen dar. Das Hauptdach ist eine geschweifte Holzkuppel mit doppelter, offener Laterne mit Schweifhaube.

Wir kommen  also sicher wieder einmal vorbei.

Olafs Werkstatt
Robert-Koch-Straße 47, 16845 Neustadt (Dosse), Tel. 033970 14423
Montag-Freitag: 11.30 bis 22.00 Uhr

Mehr im Internet: www.olafs-werkstatt.de

E-Mail: o.werkstatt@t-online.de

Auf dem Hin- oder Rückweg Weg lohnt auch ein Abstecher nach Ribbeck im Havelland, direkt an der B5..