So modern das Thema Kreuzfahrten auch erscheinen mag – es hat einen gewissen antiken Kern. Was Odysseus entsprechend der griechischen Sage während des trojanischen Krieges im 12. Jahrhundert v. Chr. erlebte – und vielfach genoss!, – kann durchaus als „Ur“-Kreuzfahrt betrachtet werden. Die Moderne dieser Art Tourismus geht auf das Jahr 1844 zurück, als die britische Peninsular & Oriental Steam Navigation Company Luxusschiffsreisen nach Gibraltar, Malta und Athen anbot.
Albert Ballin erfand die Kreuzfahrt
Das deutsche Kapitel begann mit einem wirtschaftlichen Zwang, den der Hamburger Reeder Albert Ballin spürte: Die Frachter seiner Flotte waren in den Wintermonaten wegen schlechten Wetters und oft gefährlicher hoher See auf der Gewinn abwerfenden Transatlantikroute weniger gefragt. Statt sie weiter in den sicheren Häfen liegen zu lassen, stattete er eines seiner Schiffe – die „Auguste Victoria“ – für Passagiere aus und schickte sie 1891 testweise auf eine „Bildungs- und Erholungsfahrt“ ins Mittelmeer. Diese Reise war binnen kürzester Zeit ausgebucht – das Zeitalter der Kreuzfahrten hatte begonnen.
Urlauben auf See mit vielversprechenden Zwischenstopps sind inzwischen das erfolgreichste Feriensegment überhaupt. Das belegt auch eine Statistik, die jetzt von der Messe Berlin – Ausrichter der Internationalen Tourismus Börse (ITB) – vorgestellt wurde. Danach stieg der internationale Kreuzfahrtmarkt in den letzten Jahren zweistellig und ist damit doppelt so schnell gewachsen wie der übrige internationale Reisemarkt insgesamt. Allein 2017 wurden weltweit 27 Millionen Kreuzfahrten unternommen.
Populäre Ziele
Die Liste der populärsten Zielländer führt Mexiko an, gefolgt von Kanada, Spanien, USA und Italien. Mehr als die Hälfte aller Kreuzfahrten führen in diese Staaten. Schiffsreisen nach Nordamerika – inklusive Mexiko – haben sich seit 2007 verdreifacht. Europa als Kreuzfahrtziel nimmt den zweiten Platz ein, gefolgt von Südamerika und dem Raum Asien/Pazifik. Mit großem Abstand folgt auf dem letzten Platz Afrika.
Die außergewöhnliche Attraktion dieser Art zu Reisen fasst die Messe Berlin in ihrem Bericht so zusammen: „Kreuzfahrten bieten eine ideale Kombination aus Entspannung und neuen Erfahrungen, sei es an Bord oder im Rahmen von Landgängen. Neben genussvollem Entspannen, gutem Essen und vielfältigen Unterhaltungsmöglichkeiten an Bord steht das Erkunden fremder Länder und Kulturen im Vordergrund. Auch das Erlebnis von Meer und Natur sowie die Atmosphäre internationalen Häfen spielen eine Rolle“.
230 Euro pro Nacht
Ursprünglich galten Kreuzfahrten als außergewöhnlich teuer – wenn nicht generell als überteuert. Das hat sich in den letzten Jahren gründlich geändert, wobei das immer größer gewordene Angebot die entscheidende Rolle gespielt haben dürfte. Teurer als andere Urlaubsarten bleibt die Kreuzfahrt trotzdem – im Durchschnitt sind es 230 Euro, die pro Nacht ausgegeben werden müssen.
Überraschend mag die Tatsache sein, dass Kreuzfahrten nicht mehr vorwiegend von „den Älteren“ gebucht werden. Den Veranstaltern ist es vielmehr gelungen, durch neue Programme und Angebote auch junge und mittlere Altersgruppen zu erreichen. Sie machen inzwischen 50 Prozent der „Kreuzfahrer“ aus. Mit 37 Prozent ist der Anteil der Touristen ungewöhnlich hoch, die als Buchungsstelle für Kreuzfahrten ein Reisebüro nutzen.
Wachsender Kreuzfahrtmarkt
Es gibt, so eine fachmännische Schätzung, weltweit 7 000 Passagierschiffe. Davon sind etwa 350 Hochsee- und rund 800 Flusskreuzfahrtschiffe. Erstere Kategorie erlebt seit einigen Jahren einen wahren Neubauboom. Die neuen Schiffe werden immer größer. Zwei Drittel von ihnen gelten als „Mega“schiffe, weil sie jeweils für mehr als 2 000 Passagiere Platz bieten. Größtes Kreuzfahrtschiff ist die erst im März 2018 in Dienst gestellte „Symphonie of the Seas“, auf der 6 870 Passagiere Platz finden. Dieser Riese war für 1,3 Milliarden Dollar auf der Werft SFX France in Saint-Nazaire gebaut worden. Er fährt unter der Flagge der Bahamas, Heimathafen ist Nassau. Diese „Mega“schiffe machen Landausflüge vielfach überflüssig, weil sie auch parkähnliche Grünflächen, hypermoderne und luxuriöse Einkaufszentren, Dutzende Restaurants und Bars sowie Sportstätten bis hin zu Rodelbahnen und Eislaufflächen anbieten. Das wiederum hat zur Folge, dass nicht wenige Hafenstädte – vor allem in Südamerika – über den Ausfall von Liegegebühren, mehr noch über den Verlust von Touristeneinnahmen klagen.
Für und Wider der Kreuzfahrt
Im Gegensatz zu der Hysterie, die einige deutsche Gerichte mit Fahrverboten für Dieselautos in bestimmten Straßen ausgesprochen haben – dies alles von sehr wenig Sachverstand getragen, – gibt es gegen die mit Schweröl betriebenen Dieselmotoren der Kreuzfahrtriesen kaum nennenswerte Proteste oder Einwände. Dabei liegen die Konzentrationen von Kohlenstaub, Stickoxiden und Feinstaub an Bord von Kreuzfahrtschiffen und in den von ihnen regelmäßig besuchten Häfen „weit über den Grenzwerten, die für den Straßenverkehr gelten“ – so eine in Wikipedia wiedergegebene Darstellung.
Demzufolge ergaben Messungen auf dem Luxusliner „Aida Sol“ in der Spitze 475 000 ultrafeine Partikel je Kubikmeter Umgebungsluft und damit eine Konzentration, welche die Spitzenwerte von etwa 30 000 Partikeln im deutschen Straßenverkehr um ein vielfaches übersteigen. AIDA Cruises wies diese Messungen zurück – sie entbehrten jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Der britische TV-Kanal 4 berichtete, dass es an Deck der Schiffe zu Schadstoffkonzentrationen „wie in asiatischen Großstädten“ kommt. Und das dürfte bei innerstädtischen Häfen wie etwa Hamburg und Bremen nicht anders sein.
Trotzdem: Der weltweiten Kreuzschifffahrt stehen weiterhin wahre Sternstunden bevor.
Auch Flusskreuzfahrten liegen im Trend.
Hier einige Berichte dazu:
Hier geht es mit der AROSA bella von Bratislava nach Esztergom.
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