„Kommt in den Salento, um Heilige zu werden! Nehmt teil an den gedeckten Tischen von San Giuseppe in Giurdignano, im Garten der größten Megalithen Europas.“ Ein sehr anspruchsvolles Programm erwartet uns auch diesmal in Apulien.

Monika Gravante ist die sympathische Bürgermeisterin von Giurdignano

Monica Gravante ist die sympathische Bürgermeisterin von Giurdignano

Eingeladen hat die kleine Gemeinde Giurdignano, die alljährlich am 19. März, den Tag des San Giuseppe (Tag des Heiligen Josef) feiert. Über den Ursprung der Tradition der gedeckten Tische gibt es viele Legenden. Wahrscheinlich ist wohl, dass man den Heiligen Josef als Beschützer der Armen und Kranken mit einer warmen Mittagsmahlzeit dankt.

Im Kreis der fleißigen Helfer von Giurdignano

Im Kreis der fleißigen Helfer von Giurdignano

Gabriella erklärt den Gästen ihren gedeckten Tisch.

Gabriella erklärt den Gästen ihren gedeckten Tisch.

 

Ein langer Tisch ist immer mit einer weißen Tischdecke gedeckt, mit prächtigem bunten Blumenschmuck (meist gelb und weiß, die typischen Farben des Frühlings) und brennenden Kerzen. Im Mittelpunkt steht der Heilige Josef als Figur oder Gemälde. Große runde Brote mit einem Gewicht von ca. fünf Kilo, die in der Mitte mit einer Fenchelknolle und Orange belegt sind, liegen auf dem Tisch. Ihre Anzahl richtet sich nach der Zahl der Eingeladenen. Traditionelle Gerichte folgen: Nudeln, Honig, gekochtes Gemüse, gebratener Fisch oder Stockfischeintopf, Lampascioni, Kichererbsen, Flaschen mit Olivenöl und apulischer Wein. Einige der aufgetischten Lebensmittel haben eine symbolische Bedeutung. Pasta und Kichererbsen stehen aufgrund ihrer weißen und gelben Farbe für die Frühlingsblume Narzisse, der Stockfisch z. B. war einst Teil eines Essens bei großen Festlichkeiten.

Der Heilige Josef beginnt das knapp einstündige Mittagessen, in dem er einen mit weißem Papier umwickelten Stock, an dessen Spitze ein Blumenstrauß gewickelt ist, auf den Boden schlägt. Auch das Beenden der einzelnen Gänge der Mahlzeit wird mit einem Stockschlag durch ihn angezeigt. Alle Anwesenden rezitieren den Rosenkranz und jeder Essensgang wird mit einem Gebet des Heiligen Josef beendet. Die „gedeckte Tafel“ wird beendet, in dem die gastgebende Familie jedem der Eingeladenen (Heiligen) das große runde Brot übergibt.

Am 19. März 2019 öffneten 54 Familien der Gemeinde Giurdignano ihre Türen zu den gedeckten Tafeln. Wer am 19. März nicht zu den geladenen Gäste gehörte, hatte am Vorabend die Möglichkeit, einige gedeckte Tafeln zu besichtigen. In einem Flyer sind alle Familien aufgeführt, ein Stadtplan erleichtert den Weg.

54 Häuser laden in Giurdignano am 18. und 19. März ein

54 Häuser laden in Giurdignano am 18. und 19. März ein

Familie Mauro gehört zu den Organisatoren der gedeckten Tischee

Familie Mauro gehört zu den Organisatoren der gedeckten Tische

Die italienischen Journalisteninnen Carmen Mancarella und Maria De Giovanni

Die italienischen Journalisteninnen Carmen Mancarella und Maria De Giovanni

Alle Gäste werden herzlich begrüßt. Gern geben die Familien Auskunft über die Speisen. Am Vormittag des 19. März erhalten alle Besucher eine kleine Gabe, sei es ein gebackenes Brötchen oder kleines Gebäck mit Honig überzogen. Schüler haben am 19. März schulfrei. Wir treffen viele Schulklassen mit ihren Lehrern, die von Haus zu Haus gehen.

Öffentliche Tafel

Am Vorabend scheint die gesamte Gemeinde zur großen öffentlichen Tafel, die auf dem Marktplatz aufgebaut ist, unterwegs zu sein. Seit Jahrzehnten bringt das gemeinnützige Fest die Dorfgemeinschaft zusammen. Ein Verein organisiert die Vorbereitungen. Etwa ein bis zwei Wochen vor dem 18./19. März wird gemeinsam gebacken, immer mit guter Laune und Frohsinn. Wir durften zuschauen und auch kosten.

Vorbereitung zum Gedeckten Tisch auf dem Marktplatz

Vorbereitung zum Gedeckten Tisch auf dem Marktplatz

Festlich illuminiert ist der Marktplatz

Festlich illuminiert ist der Marktplatz

In diesem Jahr sind unter den zur gedeckten Tafel geladenen 13 Personen neben Einheimischen auch erstmalig vier italienische und deutsche Journalisten zu finden. Am Ende des Mahls halten alle die fast radgroßen runden und gesegneten Brote in die Runde. Auch auf den 54 gedeckten Tafeln in den Häusern  stehen die runden Weißbrote im Mittelpunkt der Tafel. Viele von ihnen tragen Verzierungen wie z. B. Olivenzweige.

Besuch beim Brotbäcker

Wer backt diese runden Weißbrote in Giurdignano? Salvatore Protopapa ist Bäcker in 3. Generation. Bei dem jungen Mann geben die meisten Familien die Brote zum Fest des Heiligen Josef in Auftrag.

 

Alles ist handgemacht und wird im 75-jährigen Holzofen gebacken. Frisella – ein in drei Stufen über insgesamt drei Tage hart gebackenes Brot ist eine weitere Spezialität aus der Bäckerei.

 

Eine weitere süße Köstlichkeit, die es nur am 19. März gibt, ist der Zeppola – ein Brandteig mit einer Puddingcreme gefüllt und obenauf eine kleine Zipfelmütze aus Schokoladencreme –  lecker, lecker …

Am Vorabend gibt es in Anwesenheit der Bürgermeisterin Monika Gravante für die Einwohner und Gäste der Gemeinde Giurdignano einen kulturgeschichtlichen Abriss ihres Ortes. Junge Menschen berichten anhand eines Powerpointvortrages über die Kultur ihres Heimatortes. Besonderen Beifall erhält die 18-jährige Schülerin Alessia Toma (alessiatoma2001@gmail.com) für ihren temperamentvollen Tanz mit dem Tamburin besonderen Applaus.

Ist man im Salento, dann kommt man an Pizzica, der furiosen Musik des Salento, nicht vorbei. „Santo Paolo, mein Heiliger der Taranteln, stichst die Mädchen und machst sie zu Heiligen …“ Der heilige Paulus schützt vor den Bissen von Spinnen, Skorpionen und Schlangen. Er war der Patron der kleinen süditalienischen Gemeinde Galatina der Provinz Lecce.

Früher pilgerten von der Tarantel gestochene Frauen (tarantate) zum Fest des Heiligen Paulus und baten ihn um Heilung. Die Pizzicca Taranta – ein heidnisches Ritual, das Frauen mittels Musik und Tanz vom Gift der Spinne heilte. Erst unlängst las ich das Buch von Kirsten Wulf „Tanz der Tarantel“ (Kiwi) Tarantella in Apulien. Für mich war es ein sehr emotionales Fest. Noch nie habe ich mit so vielen lieben und freundlichen Menschen den Tag des Josef – so heißt auch unser Sohn – gefeiert.

Hier noch einige Eindrücke. In Kürze gibt es weitere Texte und Fotos zu den Stationen der Reise, die wiederum sehr engagiert von der Journalistin Carmen Mancarelle organisiert wurde. Vielen Dank allen Beteiligten.

Höhepunkt war am Abend die Prozession durch Giurdignano

Am Tag danach

Weitere Informationen

Le Tavole di San Giuseppe
Associazione Pro-Loco “Sant’ Arcangelo de Casulis”
Giurdignano
Mail: prolocogiurdignano@libero.it

http://www.comune.giurdignano.le.it/turismo/feste-patronali

https://www.opencitiesonline.com/it/

Osteria degli Amici
Piazza Municipio
73020 Giurdignano
Tel. 0836 813001

Bewirtet wurden wir in der Osteria degli Amici mit großer Freundlichkeit und leckerem Essen. Die Küche ist lokal orientiert, ehrlich, frisch und erfreulicherweise auch sehr schnell! Der Service von Alessia, Maristella und dem sehr netten Eigentümer-Ehepaar ist sehr aufmerksam und schnell.

Und nun zum Essen: Es gibt eine typische apulische Karte mit Fisch- und Fleischgerichten, aber auch vegetarischen Speisen fehlen nicht. Beliebte Speisen sind z.B. die frischen fritto misto del giorni mit frittierten Calamari und Gamberi. Natürlich auch die Oriechetti mit Tomaten und – eines unser Lieblingsgerichte – die tagliata di manzo con rucola e grano. Dazu einen guten Wein …

Carmen und Gabriella mit dem freundlichen Gastwirtspaar

Carmen und Gabriella mit dem freundlichen Gastwirtspaar

Bar Sport
Piazza Municipio
73020 Giurdignano
Tel. 0836 813073

Fußballfans treffen sich hier bei einem wunderbaren Espresso, lesen die Fußballzeitung, kommen ins Gespräch … und natürlich darf auch das Kartenspiel nicht fehlen. Am Tag des Heiligen Josef gab es hier die „süßen Zeppola“.

Am nächsten Tag (20.3.) war die Kühlvitrine leer. Pech für mich, nun gibt es „Zeppola“ erst wieder im nächsten Jahr am 19.3. Ein Grund mehr, noch einmal nach Giurdignano zu kommen. – Natürlich auch wegen der überaus freundlichen Bedienung.

Bäckerei
Salvatore Protopapa
Via M. del Rosario 59, 73020 Giurdignano
www.panificioprotopapa.it

Wer will fleißige “Handwerker” sehen, der muss in die Bäckerei von Salvatore geh’n. Hier werden die großen und kleinen Brote zum Tag des Heiligen Josef gebacken. Und wenn der Tag vorbei ist, dann kommen andere salentinische Backspezialitäten in den alten mit Olivenholz beheizten Holzbackofen: Friselle e friselline.


Mehr über kulinarische Spezialitäten aus dem Salentino gibt es hier von Foodbloggerin Dr. Eva Schaefers.

Il Megalite
Agriturismo
Strada Prov. 277, Giurdignano/Otranto
Tel. 0836 813231
www.agriturismoilmegalite.it
E-Mail: agriturismoilmegalite.it

Ferien auf dem Bauernhof, nur wenige Schritte vom Gemeindezentrum Giurdignano entfernt. Nicht nur für Kinder ein Paradies mitten im „kleinen privaten Megalite-Park“: Katzen, Hühner, Schafe, Gemüsegarten, Olivenhain. Typische salentinische Küche, reichhaltiges Frühstück mit lokalen frischen Produkten: Käse, Joghurt, Eier, Tomatensalat und für Naschkatzen: leckeren Kuchen.

Wie kommt man ins Salento

Mit dem Flugzeug  (Allitalia, Ryanair oder easyJet) von verschiedenen deutschen Flughäfen bis Bari oder Brindisi (im Sommer).

Von Berlin BER bis Bari und dann weiter mit Zug (bis Otranto – Magli) oder mit Leiwagen bis nach Giurdignano. Auf dem Flughafen Bari sind alle größeren Verleihfirmen präsent.

Wir wurden von der RegionPuglia und den genannten Gemeinden  Giurdignano, Otranto, Gallipoli, im Rahmen eines EU-Programmes zu der Informationsreise nach Apulien eingeladen. Herzlichen Dank an die unermüdliche Puglia-Botschafterin Carmen Mancarella. Unsere Meinung bleibt die eigene.

Hier einige Anregungen für einen Besuch im sonnigen Salento, dort unten im Absatz des italienischen Stiefels.