Dass ausgerechnet ein ostdeutscher SPD-Ministerpräsident indirekt den CDU-Bundeskanzler Helmu10 Kohl mit dessen Worten von den „blühenden Landschaften“ vom 1. Juli 1990 indirekt zitieren würde, hätte man im brandenburgischen Wildau wohl kaum erwarten dürfen. Und doch ist es so! „Anfang der Neunziger Jahre“, so der Landeschef von Brandenburg, hätte er die entsprechende „Erfolgsgeschichte“ seines Landes nicht zu hoffen gewagt.
So jedenfalls äußerte sich Dr. Dietmar Woidke auf einer Tagung, zu der der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrt-Industrie (BDLI) unter dem Motto „Auf dem Weg in die Zukunft des klimaneutralen Fliegens“ eingeladen hatte. Es ging dabei vor allem um das sauberere und leisere Fliegen in der Zukunft – also um umweltverträgliche Flugzeug-Antriebssysteme.
Berlin-Region erforscht das leisere und sauberere Fliegen
Auf genau diesem Gebiet spielt die Region Berlin-Brandenburg eine entscheidende, oft unbekannte Rolle. Hier sind schließlich mehr als 130 Unternehmen und 30 wissenschaftliche Einrichtungen der Luft- und Raumfahrt tätig, von hochspezialisierten Klein- und Mittelbetrieben bis hin zu weltberühmten Konzernen dieser Branche. Sie bieten 7 500 industrielle Arbeitsplätze an, und da finden rund 25 000 Menschen Arbeit. Sie erwirtschaften jährlich einen Umsatz von über 1,5 Milliarden Euro. Die Hauptstadtregion ist damit nach München und Hamburg drittgrößter Standort der deutschen Luft- und Raumfahrt.
Das verdient besonders auch unter politischem Aspekt Erwähnung. Denn durch die jahrzehntelange Teilung Deutschlands siedelte sich diese Industrie erst nach 1990 in Berlin und Umgebung in nennenswertem Umfang an. Dabei stand hier einst die Wiege des deutschen Flugwesens:
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die beginnende Luftfahrt „Aviatik“ genannt wurde, war Frankreich auf diesem Gebiet tonangebend. Das wollten Prinz Heinrich von Preußen, der Kapitän zur See Eduard von Pustau vom Berliner Verein für Luftschifffahrt sowie Major Georg von Tschudi vom Luftschifferverband mit Hilfe des Industriellen Arthur Müller ändern.
Ihr gemeinsames Werk wurde der Motorflugplatz Johannisthal, eröffnet am 26. September 1906. Dieser Platz im Süden Berlins, heute der wissenschaftlich orientierte Stadtteil Adlershof, entwickelte sich sehr schnell zum Zentrum der europäischen Fliegerei, denn hier siedelten sich auch bald die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt, Betriebe der luftfahrttechnischen Industrie, Werkstätten und Flugschulen an. Dieses Gelände erreichte schon 1914 eine Größe von 400 ha (100 ha =1×1 km). Von hier aus startete am 13. September 1911 Deutschlands erste Pilotin, die Dresdner Bildhauerin Mellie Beese, mit einem Flugzeug – kurz davor erst hatte sie, nur 25 Jahre alt, die Fluglizenz Nr. 125 erhalten. 1919 schließlich gab es in Johannisthal-Adlershof den ersten deutschen Passagierflug. Er ging nach Weimar, wohin der Reichstag der Unruhen in Berlin wegen ausgewichen war.
In dieser Region nur wenige Kilometer südlich der Stadtgrenze Berlins haben sich zwei Unternehmen der Luft- und Raumfahrt angesiedelt, die Weltgeltung haben:
0 Rolls-Royce (britisch). Im kleinen Dahlewitz ( 2 200 Einwohner) entwickeln und fertigen knapp 3 000 hochspezialisierte Beschäftigte Großtriebwerke für Passagiermaschinen, darunter das effizienteste der Welt, mit dem auch der neueste Langstrecken-Airbus – die A 350 XWB – bestückt wird. Dieses Trent XWB ist das sich schnellst verkaufende Triebwerk für Großmaschinen der Welt. Kürzlich erst wurde in Dahlewitz ein Zentrum für künstliche Intelligenz eingerichtet. Hier wird auch vorrangig an klimafreundlichen Flugzeugantrieben – Elektrik und Hybrid – geforscht. Man darf davon ausgehen, dass nach einem Brexit (Englands EU-Austritt) Rolls- Royce seine Tätigkeiten in Dahlewitz noch ausweiten wird.
0 MTU. In Ludwigslust (20 000 Einwohner) ist die MTU Maintenance angesiedelt. Hier arbeiten rund 850 der weltweit insgesamt rund 10 000 Beschäftigten des deutschen Triebwerksherstellers. Zum innovativen Antrieb der Geared Turbofan Familie von Pratt & Whitney (GTF) steuert MTU die ersten vier Stufen des Hochdruckverdichters bei. Der Getriebefan kommt bei vielen Flugzeugtypen zum Einsatz, darunter den Airbussen A 220 und A 320 neo. Die GTF-Triebwerke reduzieren den Kraftstoffverbrauch um 16 und den Lärmteppich um 75 Prozent.
Allein die Investitionen und Bemühungen dieser beiden Großkonzerne um Klimafreundlichkeit ihrer Antriebssysteme bezeugen, dass eine Verteufelung des Luftverkehrs absolut ungerechtfertigt ist. Weitere entsprechende Tatsachen: Jede neue Flugzeuggeneration verbrennt rund 25 Prozent weniger Kerosin, was wiederum den CO2-Ausstoß drastisch verringert. Die deutschen Fluggesellschaften betreiben derzeit bereits 210 der verbrauchsärmeren Maschinen.
Berlin-Region erforscht das leisere und sauberere Fliegen
Langfristiges Ziel der Branche ist die Nullemission – die allerdings noch Zukunftsmusik ist. Intensiv wird daran gearbeitet. Eben auch in der Region Berlin-Brandenburg, die sich ihrer Luftfahrtkompetenz wegen auch weltweit einen Namen gemacht hat. Das bezeugte auch die Tagung des deutschen Bundesverbandes in Wildau – vor den Toren der Hauptstadt. Dieses Städtchen (10 000 Einwohner) ist seit etwa 1900 ein Maschinenbauschwerpunkt und dank einer florierenden Technischen Hochschule auch Standort vieler Luft- und Raumfahrt-orientierten Unternehmungen.
Hier geht es zu BMW Rolls Royce in Dahlewitz.
Rolls-Royce will gemeinsam mit dem Land Brandenburg, der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus und weiteren Industriepartnern die Erforschung grüner Brennstoffe in der Lausitz unterstützen. Dies wurde von den Beteiligten in einer Absichtserklärung vereinbart, die von Andreas Schell, CEO von Rolls-Royce Power Systems, im Namen von Rolls-Royce unterzeichnet wurde. Die Absichtserklärung wurde am 16. August von Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke in Cottbus überreicht.
Es ist geplant, an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg ein Power-to-X-Kompetenzzentrum einzurichten und eine Demonstrationsanlage zur Herstellung von synthetischen Brennstoffen und chemischen Substanzen mit Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen zu errichten. Als ehemalige Kohle- und Chemieregion verfügt die Lausitz über ein umfangreiches Know-how, mit dem ein Power-to-X-Kompetenzzentrum aufgebaut werden kann.
„Synthetische Kraftstoffe sind ein entscheidender Faktor für die Energiewende und die Nutzung erneuerbarer Energien. Sie sind ein wesentliches Element der dringend benötigten Branchenkopplung – die enge Verzahnung der einzelnen Teile des Energiesystems, wie zum Beispiel Strom und Mobilität, sowie Heizung und Kühlung. Mit anderen Worten, wir werden das gesamte System für Antriebs- und Energiezwecke einschließlich des Kraftstoffs elektrifizieren, indem wir es klimaneutral mit erneuerbaren Energien produzieren “, sagte Schell.
Dr. Petar Pelemis, Leiter Strategie und Produktmanagement bei Rolls-Royce Power Systems, betonte: „Power-to-X-Kraftstoffe ersetzen nicht nur fossile Kraftstoffe, sondern können auch problemlos gelagert und transportiert werden. Mit solchen Kraftstoffen werden wir in der Lage sein, Antriebe und Energieerzeugung auf CO2-neutraler Basis bereitzustellen, wie wir in unserem Green- und High-Tech-Programm unter der Überschrift „Dekarbonisierung“ beschrieben haben. Einerseits ist Rolls-Royce an der Verwendung von Synthetik interessiert Kraftstoffe in gas- und Dieselmotoren sowie in Flugzeug Motoren will das Unternehmen aber auch seine Erfahrung und Kompetenz in das Projekt als Anbieter von kompletten Stromerzeugungslösungen einbringen.
Der Betrieb einer zukünftigen Power-to-X-Demonstrationsanlage ist eine Möglichkeit, Informationen über die Verwendung synthetischer Brennstoffe für die Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie über die Erzeugung von Wärme und Strom und den CO2-Fußabdruck eines solchen Kraftwerks zu erhalten Prozess sieht aus wie.
Weitere Unterzeichner der Absichtserklärung sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Chemieunternehmen BASF, die Lufthansa Group und der Elektrolyse-Spezialist Sunfire.
Brandenburg und Rolls-Royce verbindet eine langjährige Partnerschaft. Im Juli dieses Jahres präsentierte Rolls-Royce Deutschland Einzelheiten seiner Zusammenarbeit mit der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg zur Erforschung und Entwicklung von Hybrid-Strom- und Antriebssystemen für die Luftfahrtbranche.
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