Von Jörg Berghoff
Fenix, das neue internationale Kunstmuseum zum Thema Migration, öffnete am 16. Mai 2025, an einem markanten Standort im Rotterdamer Stadthafen seine Türen. Fenix befindet sich in einem restaurierten historischen Lagerhaus, das von Ma Yansong von Mad Architects, dem international renommierten Architekturbüro mit Sitz in Peking, komplett umgestaltet wurde. Es ist das Herzstück der Neugestaltung des Hafenviertels Katendrecht, in dem früher das Rotlichtviertel von Rotterdam und die älteste Chinatown Kontinentaleuropas zu finden waren. Das 16.000 Quadratmeter große Gebäude aus dem Jahr 1923 war einst Teil des größten Lagerhauses der Welt und diente der Holland America Line, einer niederländischen Fracht- und Passagierschifffahrtsgesellschaft, als wichtiger Lager- und Umschlagplatz. Die Holland America Line ermöglichte im 19. und 20. Jahrhundert die Reise für Millionen von Migranten, die an den umliegenden Docks an- und ablegten. Fenix ist das erste Kulturprojekt in Europa, das von MAD Architects entworfen wurde. Besuchern fällt sofort das architektonische Meisterwerk ins Augen: der Tornado, eine organische, dynamische Struktur, die an aufsteigende Luft erinnert. Das Treppenhaus in Form einer Doppelhelix führt vom Erdgeschoss nach oben und hinaus auf das Dach, wo sich eine Aussichtsplattform mit Blick über die Stadt befindet. Das Publikum erwartet ein atemberaubender Blick über die Maas und das Hotel New York, den ehemaligen Hauptsitz der Holland America Line.

Eröffnung mit drei Ausstellungen
- „Alle Richtungen“ präsentiert über 150 historische und zeitgenössische Kunstwerke und Objekte aus der Fenix-Sammlung, die in den letzten fünf Jahren erworben wurden. Die ausgestellten Künstler kommen aus aller Welt. Die Ausstellung umfasst eine Reihe neuer Werke, die Fenix speziell bei Künstlern aus Europa, den USA und Asien in Auftrag gegeben hat und die deren Sichtweisen und persönliche Geschichten zum Thema Migration beleuchten. Dazwischen finden sich persönliche Erinnerungsstücke von Menschen aus Rotterdam, die individuelle Migrationsgeschichten erzählen, sowie wichtige historische Artefakte wie ein Stück der Berliner Mauer, ein Flüchtlingsboot aus Lampedusa und ein Nansen-Pass aus dem Jahr 1923, ein international anerkanntes Reisedokument, das nach dem Ersten Weltkrieg an staatenlose Flüchtlinge ausgestellt wurde.
- „The Family of Migrants“, inspiriert von Edward Steichens Family of Man, einer der berühmtesten Fotoausstellungen aller Zeiten, die 1955 erstmals im MoMA gezeigt wurde. Diese neue Ausstellung zeigt eine Auswahl der eindrucksvollsten Fotografien zum Thema Migration und vereint 194 Fotografien aus 55 Ländern, die von 136 Fotografen aufgenommen wurden. Die Werke stammen aus dem Zeitraum von 1905 bis heute und sind eine Mischung aus Dokumentarbildern, Porträts und journalistischer Fotografie aus internationalen Archiven, Museumssammlungen, Bilddatenbanken und Zeitungen.
- „Das Kofferlabyrinth“, eine monumentale interaktive Installation aus 2000 gespendeten Koffern, die eine Sammlung persönlicher Geschichten aus Ländern, Kulturen und Gemeinschaften aus aller Welt zum Leben erweckt. Die Sammlung reicht von großen Lederkoffern mit aufwendiger Ausstattung bis hin zu kleinen, ramponierten Koffern mit Aufklebern ihrer Reiseziele. Einige wurden über Generationen hinweg zusammen mit Geschichten über lebensverändernde Umzüge weitergegeben, andere wurden erst kürzlich erworben. Eine Reihe von Koffern, die ursprünglich aus Rotterdam stammen, wurden aus den USA, Kanada, Südafrika, Australien und Neuseeland gespendet und kehren nun an ihren ursprünglichen Auslaufhafen zurück. Die Besucher werden von einer interaktiven Audioführung begleitet, die ausgewählte persönliche Geschichten über die früheren Besitzer der Koffer und ihre Reisen voller Liebe, Heimweh, Hoffnung und Sehnsucht erzählt.
Migrationsgeschichten im Mittelpunkt
Der Plein im Erdgeschoss des Fenix wurde mit einer Fläche von 2275 Quadratmetern als überdachter Stadtplatz konzipiert. Er wird als Ort der Begegnung und des Austauschs dienen, der für und mit den vielen Gemeinschaften Rotterdams kuratiert wird und für alle frei zugänglich ist. Hier werden das ganze Jahr über Großveranstaltungen, Entdeckungsreisen durch verschiedene Esskulturen, Community-Treffen, Performances und Events stattfinden. In einem Kiosk können die Besucher Zeitungen aus aller Welt lesen und Getränke oder Snacks kaufen. Zu den Einzelhandels- und Gastronomieangeboten des Museums gehören das O Café and Bakery unter der Leitung des mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten türkischen Küchenchefs Maksut Aşkar und Granucci Gelato, ein Eiscafé am Kai des Museums, die preisgekröntes handwerklich hergestelltes Eis der Familie Granucci serviert, die seit 1929 Speiseeis in den Niederlanden herstellt. The Espresso Bar befindet sich im Galerieraum im ersten Stock des Museums und bietet einen Blick über die Stadt. Der Museumsshop befindet sich im Haupteingangsbereich. Anne Kremers, Direktorin des Fenix, betonte: „Migrationsgeschichten sind das Herzstück des Fenix. Wir haben sie in jedes Element eingewoben – sei es in die Magie der Architektur von Ma Yansong, in die Erinnerungen, die die ausgestellten Kunstwerke wecken, in den frei zugänglichen Plein oder ins Eiscafé der Familie Granucci. Wir möchten, dass sich alle willkommen fühlen.“ Das Fenix wird von der Stiftung Droom en Daad finanziert, die 2016 gegründet wurde und von Wim Pijbes, dem ehemaligen Direktor des Rijksmuseums, geleitet wird. Die Stiftung Droom en Daad trägt dazu bei, Rotterdam für das 21. Jahrhundert zu gestalten, indem sie neue Arten von Kunst- und Kulturinstitutionen entwickelt und kreative Talente fördert, die die Vielfalt, den Geist und die Geschichte der Stadt widerspiegeln. Mehr im Internet unter www.fenix.nl
Test und Fotos: ©Jörg Berghoff
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