Es ist wie ein kleines Abenteuer, abends auf unserer Rhône-Flussreise irgendwo einschlafen und am nächsten Morgen woanders aufwachen. Diesmal sind wir mit der A-Rosa Luna nachts gegen 3.30 Uhr in Arles in Südfrankreich angekommen. Als wir aus unserem Fenster schauen, gucken wir auf Schaustellerwagen, die den Markt vor der Stadtmauer am Quai Lamartine umrahmen. Diese Aussicht ist nicht so prickelnd, deshalb begebe ich mich nach einem ausgiebigen Frühstück „auf Wanderschaft“, um Arles, die „quirlige Kleinstadt am Rand der Camargue“, auf eigene Faust zu erkunden.

Arles – Kleines Rom Galliens

Das A-Rosa Journal beschreibt Arles als eine der sehenswertesten Städte der Provence. Als „kleines Rom Galliens“ besitzt es zahlreiche Überreste aus der Zeit der Römer. Nicht umsonst wurden die römischen und romanischen Bauwerke 1981 in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Arles kunsthistorische Stadt besitzt mehr als hundert staatlich denkmalgeschützte Gebäude. Weltberühmt ist die Arena von Arles, das größte und am besten erhaltene Amphitheater der ehemaligen Provinz Gallien. Dahin zieht es mich zuerst, vom Schiff aus über den Place Lamartine laufe ich durch das nördliche Stadttor (Porte de la cavalerie) der Befestigungsanlage über die Rue de la Cavalerie in die Rue Voltaire und gelange direkt zum Amphitheater (Die Arena).

Das Amphitheater von Arles

Das am Ende des 1. Jahrhunderts gebaute Amphitheater, das 136 x 107 Meter misst, konnte ungefähr 21.000 Zuschauer auf den ansteigenden Sitzreihen im Mittelalter Platz bieten, die Spielen und Gladiatorenkämpfen beiwohnten. Heute ist die Arena ein wichtiger Veranstaltungsort für die ab Ostern stattfindenden Stierkämpfe. 12.500 Zuschauer finden heute auf den Rängen Platz. Noch sind während meines Besuches nur wenige Besucher in der Arena, die gerade erst geöffnet hatte.

Aufgang zum Amphitheater

Aufgang zum Amphitheater

So steige ich in die oberen Ränge, habe schöne Sichten auf Arles. Nehme Platz auf den Steinsitzen, fühle mich verlassen in dem riesigen Rondell. Dass hier Stierkämpfe stattfanden und noch immer stattfinden, daran mochte ich in diesen stillen und friedlichen Momenten nicht denken. Eher daran, wie Vincent van Gogh hier einen Standort für eine Zeichnung mit einem Motiv des Amphitheaters suchte.

Arles – Inspirationsquelle für Vincent van Gogh
Wegweiser: Rundweg Arles-Vincent van Gogh

Wegweiser: Rundweg Arles-Vincent van Gogh

Vincent van Gogh, der im Frühjahr 1888 für 15 Monate nach Arles kam, fand im Amphitheater ein Motiv für sein Gemälde „Arena“, das im Oktober 1888 entstand. Die Zeit in Arles war für van Gogh die produktivste Periode seines Schaffens: die über 300 Zeichnungen und Gemälde bilden eines der großartigsten Kapitel der Kunstgeschichte. Wer weiter auf dem Rundweg „Arles und Vincent van Gogh“ gehen will, muss diesem Zeichen folgen: Er führt zu zehn Standorten, die eng mit dem Schaffen von van Gogh verbunden sind. Die im April 2014 eingeweihte Vincent van Gogh Stiftung Arles ehrt das Werk von van Gogh. Sie erforscht die Resonanz seiner Werke in der gegenwärtigen Kunst. Im Wechsel der Sonderausstellungen treffen original Gemälde und Zeichnungen des holländischen Meisters auf zeitgenössische Kreationen.

Das Antike Theater von Arles

Blick auf die Bühne des Antiken Theaters

Blick auf die Bühne des Antiken Theaters

Mich zieht es vom Amphitheater linkerhand weiter zum Antiken Theater, das ich nach wenigen Schritten erreiche. Schon ein Jahrhundert vor seinem berühmten Nachbarn, dem Amphitheater, wurde das römische Theater im Herzen der antiken Stadt errichtet. Seine jahrhundertlange anhaltende Plünderung, um Baustellen mit Baumaterial zu versorgen, führte schließlich zum völligen Vergessen seiner antiken Verwendung. Diese wurde erst am Ende des 17. Jahrhunderts wiederentdeckt. Bereits zur Römerzeit fanden – wie auch heute noch – Vorstellungen statt. (Für den Besuch der Arena und des Antiken Theater kaufte ich mir eine Kombi-Karte für 9 Euro).

Place de la République

Hotel de Ville

Hotel de Ville

Vom Antiken Theater laufe ich über die Rue de la Calade zum Place de la République. Dieser zunächst auf die Vorplätze der Kirchen St. Trophime und St. Anne begrenzte Platz wurde im 15. und im 18. Jahrhundert vergrößert. Mit seinen wertvollen Gebäuden aus Naturstein bietet er ein wunderschönes Gesamtbild. Das Rathaus (Hôtel de Ville) zieht jetzt um die Mittagszeit viele Touristen an. Es ist berühmt für das kühne Flachgewölbe über seiner bemerkenswerten Vorhalle. Es besteht aus zwei rechtwinkligen Tonnengewölben ungleicher Länge und aus Korbbogen, die dieses Meisterwerk des Klassizismus auszeichnen.

Kirche Saint Trophime von Arles

Portal der Kirche Saint Trophime

Portal der Kirche Saint Trophime

Das Portal der aus dem 12. Jahrhundert stammenden romanischen Kathedrale ist Anziehungspunkt für viele Gäste Arles. sie bewegen sich sich auf dem „Arles-Mittelalter-Rundweg“. Die wertvollen Bildhauerarbeiten des Portals, die das „Jüngste Gericht“ thematisieren, sind ein Blickfang. Dieses wunderbar erhaltene Portal blieb in den Glaubenskriegen von Zerstörungen verschont. Teilweise zentimeterdicke schwarze Verschmutzungsschichten, die in den Jahrhunderten auf dem Portal ablagerten, sind in den letzten Jahren während zahlreicher Restaurierungsarbeiten entfernt worden. „Die Wiedergeburt dieses monumentalen Bauwerks brachte eine erstaunliche Vielfarbigkeit der Materialien und außergewöhnlich wertvolle Bildhauerarbeiten zu Tage.“

Obelisk auf dem Place de la République

Obelisk auf dem Place de la République

Vorbei am aus der Türkei stammenden Obelisk aus Granit, der einst die Hauptmauer des römischen Zirkus schmückte, und im 17. Jahrhundert hierher versetzt wurde, verlasse ich den Place de la République. Vorbei am Erzbischöflichen Palais (Archevêché) gehe ich in die Rue J.Jaurès, um in das Office de Tourisme d’Arles zu gelangen. Hier erhalte ich einen Stadtplan und werde auf die fünf Rundwege, um Arles zu entdecken, aufmerksam gemacht: Arles-Antike; Arles-Mittelalter; Arles Renaissance und Klassizismus; Arles-und Vincent van Gogh; Arles-Rundweg des Weltkulturerbes. Für die Stadtbesichtigung auf eigene Faust empfiehlt man mir den Stadtführer „Arles, le Guide“. Eigentlich müsste ich jetzt noch einmal einen Neustart für einen Rundgang beginnen. Der Satz eines guten Freundes fällt mir ein: „Man sieht nur, was man weiß.“ Aber ich muss langsam zurück zum Schiff.

Doch Zeit für einen Espresso muss zunächst noch sein. Dazu noch einen Blick in den Stadtplan. Ich schaue, was ich mir auf den Rückweg zur A-Rosa Luna noch anschauen kann und entscheide mich, noch eine van-Gogh-Station aufzusuchen.

Garten der Heilanstalt (Espace van Gogh)

Garten der ehemaligen Heilanstalt

Garten der ehemaligen Heilanstalt

Über die Rue Pst Wilson gelange ich in den wunderschönen Garten der Heilanstalt (Espace van Gogh). Im ehemaligen Krankenhaus St. Esprit, im 16. Jahrhundert gegründet, wurde van Gogh im April 1889 behandelt. Heute beherbergt die Anlage ein Kulturzentrum. Der Garten ist voller Touristen, einen ruhigen Beobachtungsplatz finde ich hier nicht. Ich nehme die Farben der Blumen auf, freue mich über das Interesse so vieler Menschen für diesen Ort in Erinnerung an van Gogh. Sein Name ist für immer mit der Stadt Arles verbunden.

Langsam trödele ich über den Place du Forum zurück zum Quai Lamartine. Etwas fußlahm bin ich schon, habe es aber nicht bereut, allein auf Spurensuche gegangen zu sein. Das vielfältige und zum Teil kaum bekannte Kulturerbe von Arles ist eine faszinierende Entdeckung wert. Eine Stadt, die den Charme der Vergangenheit bewahrt hat und die sich der Zukunft öffnet. Eine Stadt der Kultur und Traditionen, die ich gern auch im Sommer einmal erleben würde: zum alljährlichen Fotografentreffen „Les Rencontres de la Photographie“ oder zum Weltmusikfestival „Les Suds à Arles“.

Office de Tourisme d’Arles
9 Boulevard des Lices, 13200 Arles
geöffnet: montags – sonntags: 9 – 18.45 Uhr
Auskünfte: Tel. 33(0)4 90 18 41 20
www.arlestourisme.com

Die Recherche entlang der Rhône wurde unterstützt von der A-ROSA Flussschiff GmbH. Unsere Meinung über das Leben an Bord sowie zu den einzelnen Stationen des Ausflugsprogrammes wurde dadurch nicht beeinflusst. Hier geht es zur Seite der A-Rosa Flussschiff GmbH Rostock

Hier geht es zu einigen weiteren Stationen Reise mit der A-Rosa Luna:

Lyon und die Seide

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Unterwegs mit dem Küchenchef der A-Rosa Luna in Avignon

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Mit A-Rosa Luna: Only Lyon

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eine Fahrt mit dem Jeep in die vielgestaltige Camargue