„ – Die zur Durchsicht gewünschten Blätter bringe ich morgen Mittag oder schicke sie; es ist nahezu die Hälfte des Ganzen. Ich würde Ihnen vorschlagen nur das lange Kapitel „Marquardt“ zu lesen, da haben Sie alle Züge des Buches vereinigt: Schloß-, Park- und Landschaftsbeschreibung, Historisches Anekdotisches, Familienkram und Spukgeschichte. Mehr kann man am Ende nicht verlangen.“ Diesen Lesevorschlag für seinen III. Band der „Wanderungen“ übermittelte Theodor Fontane am 9. Mai 1872 an seinen Verleger Wilhelm Ludwig Hertz.In einigen Briefen unserer „Weihnachtspost“ klang das Fontane-Jubiläum im kommenden Jahr an. Grund für uns, wieder weiter auf den „Spuren Fontanes“ zu wandeln, so u. a. auch an Personen zu erinnern, die einen regen Gedankenaustausch mit ihm führten.

Die eingangs geschriebenen Worte Fontanes an den Berliner Wilhelm Hertz, geben in wenigen Worten den Aufbau der berühmten „Wanderungen“ wieder. Vielleicht ist diese Mischung aus allem das Erfolgsrezept seiner Wanderungen, die heute noch so viele Anhänger findet. Wilhelm Hertz scheint der Vorschlag gefallen zu haben, nur wenige Wochen später war bei Fontane der „Bedürftigkeitsmoment“ gekommen, um Wilhelm Hertz am 1. Juni 1872 um einen Vorschuss von 100 Talern („1500 Exemplare bei 600 rtl. Honorar“ – so das Arrangement vom 8. Mai 1872) zu bitten. Am 3. Juni 1872 bedankt sich Fontane bei Hertz.

Die Briefe Theodor Fontanes an Wilhelm Hertz sind veröffentlicht und widerspiegeln den teils freundschaftlichen Kontakt, der den märkischen Dichter mit dem Verleger verband. Der Leser bekommt zudem einen Einblick in den Berliner Literaturbetrieb des 19. Jahrhunderts. 1847 hatte Wilhelm Hertz den Verlag Bessersche Buchhandlung übernommen. Unter den Autoren von mehr als 1000 Verlagswerken zählten neben Theodor Fontane auch Gottfried Keller, Paul Heyse, Wilhelm von Kügelgen und Hermann Grimm. Nach dem Tod von Wilhelm Hertz verkauften die Erben den Verlag an die J. G. Cottasche Buchhandlung in Stuttgart.

In ihrem Weihnachtspost machte Dr. Gabriele Radecke auf den Alten St.-Matthäus-Kirchhof aufmerksam. Sie erwähnte den Beitrag von Tilman Krause in der „Welt“, der Spuren Fontanes in Berlin aufsuchte. In seinem Roman „Die Poggenpuhls“ hatte Fontane die Witwe Poggenpuhl, die in der Großgörschenstraße wohnte, auf den Friedhof schauen lassen. Fontane schreibt u.a. in seinem 1896 veröffentlichten Roman „Die Poggenpuhls“ über seine Protagonisten in der Großgörschenstraße: „Die Poggenpuhls – eine Frau Majorin von Poggenpuhl mit ihren drei Töchtern Therese, Sophie und Manon – wohnten seit ihrer Übersiedlung von Pommersch-Stargard nach Berlin in einem gerade um jene Zeit fertig gewordenen, also noch ziemlich mauerfeuchten Neubau der Großgörschenstraße, einem Eckhaus, das einem braven und behäbigen Manne, dem ehemaligen Maurerpolier, jetzigen Rentier August Nottebohm gehörte. Diese Großgörschenstraßen-Wohnung war seitens der der Poggenpuhlschen Familie nicht zum wenigsten um des kriegsgeschichtlichen Namens der Straße, zugleich aber ach um der sogenannten >>wundervollen Aussicht<< willen gewählt worden, die von den Vorderfenstern aus auf die Grabdenkmäler und Erbbegräbnisse des Matthäikirchhofs, von den Hinterfenstern aus auf einige zur Kulmstraße gehörige Rückfronten ging, an deren einer man, in abwechselnd roten und blauen Riesenbuchstaben, die Worte >>Schulzes Bonbonfabrik<< lesen konnte“.Heute ist der Blick kaum nachzuvollziehen, hohe Bäume versperren die Sicht.

Auch in seinem Klassiker „Effi Briest“ wird die Großgörschenstraße erwähnt.er 1. Weihnachtsfeiertag führte uns nach Schöneberg auf den Alten St.-Matthäus-Kirchhof. Freunde hatten uns berichtet, dass das Grab des Verlegers seit 1984 als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet ist. Und nun „treffen“ wir Fontanes Verleger auf dem Friedhof. Wer war dieser Mann eigentlich ? Der am 26. Juni 1822 in Hamburg geborene Wilhelm Ludwig Hertz, Sohn von Adalbert von Chamisso und Marianne Hertz, verstarb am 5. Juni 1901 in Berlin. Die letzte Ruhe fand er auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg.

Bethel Henry Strousberg (1823–1884) Unternehmer, Mäzen, „Eisenbahnkönig“

Bethel Henry Strousberg (1823–1884) Unternehmer, Mäzen, „Eisenbahnkönig“

Durch die Hochzeit seiner Tochter Emma Hertz im Jahr 1879 war er der Schwiegervater des Berliner Verlegers Fritz Springer. Auch diese Familie hatte mit Fontane zu tun. Springers Grabstätte befindet sich auch auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof.

Aus dem Internet hatten wir bereits erfahren, dass der Friedhof seit der ersten Beisetzung am 25. März 1856 zunehmend über die Gemeinde hinaus an Beliebtheit gewann. In der Umgebung entstanden Villen mit Gärten für höhere Beamte, bedeutende Unternehmer, bildende Künstler und bekannte Wissenschaftler. Seit dem späten 19. Jahrhundert war das Wohngebiet als „Geheimratsviertel“ bekannt.

In den Jahren 1907/1908 entstand die von Gustav Werner entworfene Kapelle als Zentralbau mit Kuppel

In den Jahren 1907/1908 entstand die von Gustav Werner entworfene Kapelle als Zentralbau mit Kuppel

Tilman Krause schreibt in der „Welt“ vom 22.12. auch: „Auf dem Friedhof liegt auch ein Mitglied aus jener altpreußischen Familie begraben, die Theodor Fontane zum eingangs zitierten (und sonst nicht belegten) Namen Vitzewitz inspiriert haben dürfte. Es trägt den poetischen Namen Cölestin von Zitzewitz. Denn bei Fontane ist es eben manchmal nur ein Buchstabe, der die Wirklichkeit von der Literatur trennt.“

Übrigens gibt es noch eine weitere Geschichte zu dem Friedhof und Theodor Fontane. Darüber informieren Robert Rauh und Gabriele Radecke auf dem Blog  Fontanes-Wanderungen.de. Heinrich Drake, der berühmte Bildhauer hat auch auf dem alten St. Matthäus-Friedhof sein Grab. Darüber später mehr.

 

Und wen wir noch alles so trafen auf diesem schönen Berliner Friedhof und was der Friedhof mit dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof, gemeinsam hat, erfahrt ihr demnächst hier.

Einige Tipps Alter St.-Matthäus-Kirchhof Berlin

Der Alte St.-Matthäus-Kirchhof Berlin ist ein historischer Friedhof in Berlin mit vielen kulturhistorisch bedeutenden Grabmälern, die heute unter Denkmalschutz stehen. Der Kirchhof liegt zwischen der Großgörschen- und der Monumentenstraße im Ortsteil Schöneberg auf der sogenannten Roten Insel.

Adresse: Großgörschenstraße 12-14, 10829 Berlin

Infos zum Friedhof bei gutem Kaffee oder Tee gibt es im Cafe finovo.

Der Förderverein E.F.E.U. engagiert sich für den Friedhof.

Die gute Seele des Kirchhofs Bernd Boßmann vor seinem Friedhofscafé "Finovo"

Die gute Seele des Kirchhofs Bernd Boßmann vor seinem Friedhofscafé „Finovo“

Hier geht es zur Friedhofsverwaltung und einen Lageplan.

2019 ist Fontanejahr

Als ein Baustein der zentralen Landeskampagne „Fontane.200“ reiht sich Kulturland Brandenburg neben der Leitausstellung „Fontane.200/Autor“ im Museum Neuruppin, der Ausstellung„Fontane.200/Brandenburg“ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam,dem Schülerbegleitprogramm und dem Jugendprojekt „Word&Play“ ein.
Weiterhin beteiligen sich die Universität Potsdam, das in Potsdam ansässige  Theodor-Fontane-Archiv

sowie die Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Seminar für Deutsche Philologie bei der Georg-August-Universität Göttingen 

mit einem wissenschaftlichen sowie die Fontanestadt Neuruppin in Kooperation mit zahlreichen Partnern mit einem vielfältigen kulturellen Programm. Das Fontanejahr wird  am 30. März 2019 in Neuruppin eröffnet. Hier geht es zur Fontaneausstellung des HBPG am Potsdamer Neuen Markt.

Robert Rauh schreibt über seine neuen Wanderungen auf den Spuren zu Theodor Fontane auf der Seite  http://fontanes-wanderungen.de/

Dr Band: Theodor Fontane: Briefe an Wilhelm und Hans Hertz 1859 – 1898 , Ernst Klett Verlag Stuttgart, ist nur antiquarisch oder im Internet erhältlich.

Hier einzelne Fontanetipps auf einfachraus.eu

+ Bei Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

Robert Rauh und Erik Lorenz: Buch zu den fünf Schlössern

+ Spurensuche in Wustrau

+ Wiedergeburt des Fährhauses in Uetz /OT von Potsdam

+ Bei Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

+ Zum Grab von Theodor Fontane in Berlin

Spurensuche in Neuruppin

Fontane und der Ziegelringofen von Glindow

Der Bornstedter Friedhof

+ Wer war Effi Briest