Ein lesenswertes im Münchner Elisabeth Sandmann Verlag erschienenes Buch von Luise Berg-Ehlers „Theodors Fontane Traumorte. Eine besondere Zeitreise von England über Dänemark und Frankreich nach Italien“.

Luise Berg-Ehlers hat intensiv recherchiert und versteht ihr Wissen kenntnisreich und unterhaltsam zu vermitteln. Die Wanderungen Fontanes durch Europa sind viele Jahre beruflich motiviert. Als Journalist, Kriegsberichterstatter und Reiseschriftsteller verdingte er sich im Ausland. Ferienreisen – allein oder mit seiner Ehefrau Emilie – kann er erst in höherem Alter unternehmen.

Traumorte oder Albtraumorte?

„Wer heute Fontane auf seinen europäischen Wanderungen begleiten will, kann das auf verschiedene Weise tun.“ Luise Berg-Ehlers meint, er muss sich nur entscheiden, ob er lieber Geld oder Grusel investieren will, ob er lieber „Traumorte“ oder „Albtraumorte“ aufsuchen möchte.‘ Traumorte könnten einige der ehemaligen Quartiere Fontanes sein, die sich heute zu Nobelherbergen herausgeputzt haben. Quartiere in französischen Gefängnissen zählen wohl eher zu den Albtraumorten. Fontane außerhalb Preußens? Großbritanien, Dänemark, Königsgrätz, Karlsbad, Wien, Frankreich, Schweiz und Italien – von der Mark Brandenburg nach Europa und wieder zurück.

Fontane-Denkmal auf dem Fontaneplatz in Neuruppin Das Theodor-Fontane-Denkmal in Neuruppin entwarf der Bildhauer Max Wiese. Als Modell diente Fontanes Sohn Friedrich.

Fontane-Denkmal auf dem Fontaneplatz in Neuruppin

England inspirierte Fontane zu den „Wanderungen ….“

Großbritanien dürfte von allen europäischen Ländern, die Fontane bereiste, die stärksten Spuren in seinem Werk hinterlassen haben. Vor allem die britische Insel hat mit Themen, Personen und Motiven in Fontanes Romanen Akzente gesetzt. Der „englischste“ Roman Fontanes ist zugleich sein letzter: „Der Stechlin“. Für Luise Berg-Ehlers ist Fontane in dem Roman zweifach vertreten: „Der anglophile Graf Barby ist der europäischen Welt zugewandt, während Dubslav von Stechlin die märkische Region repräsentiert. … Betrachtet man die lebenslange Liebe Fontanes zu England, so schließt sich am Ende seines Lebens und Schaffens der Kreis, und die europäische Dimension seiner Arbeit wird deutlich.“

Die Towerbridge in London

Inspirierte auch Fontane: Towerbridge in London, Foto: Weirauch

Fontane und das heutige Europa

An der Themse wuchs Fontane zu einem weltläufigen Autor aus, später wird „dieses Auswachsen“ seine märkischen Wurzeln dominieren. Es macht Spaß, den Gedanken von Luise Berg-Ehlers zu folgen. Gerade in der heutigen Zeit, wo Europa zusammen wächst, könnten die „Auslandserfahrungen“ Fontanes und der Umgang mit ihnen durchaus Ausgangspunkt mancher Diskussion sein.

Pauschalreisen liebte Fontane nicht

Vorgeplanten Tourismus, bei dem der Reisende sich wie ein Gepäckstück dem Unternehmer überlässt, mochte Fontane nicht. Seiner Meinung nach bringe sich der Mensch damit „um den vielleicht höchsten Reiz des Reisens, um den Reiz, das Besondere, das Verborgene, das Unalltägliche gesehen zu haben, eine kleine Schönheit, die wir für uns selber haben, ist uns lieber, wie die große und allgemeine“. Individual- statt Pauschaltourismus, das das Reisen auf Fontanes Spuren auch für uns so interessant macht. An Orte zu fahren, die Fontane in seinen Tagebüchern und Briefen beschrieben hat, auf seinen Spuren – innerhalb der Mark und außerhalb zu wandeln – wird nie langweilig.

Auch Fontane kurte in Karlsbad, Foto: Weirauch

Moderne Verkehrsmittel und Medien machen es heute einfacher, auf Reisen zu gehen. Und dennoch wünschten wir manchmal, uns mehr Muße und Zeit für einen Ort zu nehmen. Künftig werden uns „Theodor Fontanes Traumorte“ begleiten, wenn wir in Europa auf Fontanes Spuren wandeln. Berg-Ehlers erleichtert uns die Spurensuche, dank ihrer Recherchen vor Ort, werden wir schneller an die Orte kommen, die auch uns interessieren. Und dabei werden wir uns darauf freuen, Fontanes Erleben der europäischen Welt in seinem Gebundensein an die märkische Region bzw. an Berlin zu erleben.Beispielsweise Schottland…

Was Berlins Großer Stern mit Schottland gemein hat

Berg-Ehlers gibt einige Beispiele seiner kuriosen Vergleiche von seiner Schottlandreise (1858) vor: „So erinnert die Struktur von Cuooden an den „Großen Stern“ in Berlin, der kleine Ort Bridge of Allan an ein dörfliches Charlottenburg und der River Forth an die Havel.“ Im Vorwort zur 1. Auflage „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ schreibt Fontane, wie Schottland und Loch Leven Castle ihn in der Fantasie nach Schloss Rheinsberg und in die Mark versetzten. „Dieses Erweckungserlebnis“ – so Berg-Ehlers – führte dazu, dass Fontane ein knappes Jahr später durch die Mark zu wandern begann und lange damit nicht aufhörte.

Die Fontanekennerin Luise Berg-Ehlers stellt uns Fontane als Städtereisenden, Gourmet und Abenteurer in Großbritanien, Dänemark, Königsgrätz, Karlsbad, Wien, Frankreich, Schweiz und Italien vor. Der reich bebilderte literarisch-historische Reiseführer beschreibt die von der Autorin aufgesuchten Orte sehr lebendig, kenntnisreich und spannend. „Fontanes europäische Weltläufigkeit“ stellte in seiner Zeit eine Ausnahme dar.

Fontane – ein neugieriger Europäer?

Berg-Ehlers setzt Fontanes vermeintliche oder echte Traumorte in Beziehung zu seinem Werk. Sie stellt uns Fontane als einen Schriftsteller vor, der neugierig auf Europa war, Verständnis für die Kultur und Politik der bereisten Länder hatte. Diese Neugier und Toleranz, dieses „über den eigenen Tellerrand Schauen“ wünschte man sich heute für so manchen Märker.

Ein Quellen- und Literaturverzeichnis lädt ein, sich vertiefend mit Fontanes Werk zu beschäftigen. Mich motiviert es, auch außerhalb Brandenburgs auf „Spurensuche“ zu gehen. Denn Theodor Fontanes Blick auf Europa kann uns heute noch viele Inspirationen geben. Ein wunderbar gestaltetes Buch mit überraschenden Einsichten zu Fontanes Reisen in Europa.

Über die Autorin:

Luise Berg-Ehlers, geboren in Lüneburg, hat in Hamburg und Bochum Germanistik, Theologie und anderes studiert, über Theodor Fontane promoviert, ist Gründungsmitglied der Theodor-Fontane-Gesellschaft Potsdam und war mehrere Jahre 2. Vorsitzende. Sie war zudem 40 Jahre im Schuldienst tätig. Zahlreiche Aufsätze zu fachdidaktischen Themen; Buchveröffentlichungen vor allem zu deutscher und englischer Literatur – darunter »Mit Miss Marple aufs Land« und »Berühmte Kinderbuchautorinnen«.

Info zum Buch:

Luise Berg-Ehlers, Theodor Fontanes Traumorte. Eine besondere Zeitreise von England über Dänemark und Frankreich nach Italien. Elisabeth Sandmann Verlag GmbH, München, 1. Auflage 2019., 24,95 Euro,

Hier geht es zum Elisabeth Sandmann Verlag  www.esverlag.de