Der Harz ist im norddeutschen Raum bekannt als Ski-, Rodel- und Wandergebiet. Motorradfahrer schätzen ihn ebenfalls als kurvenreiches Eldorado – und sonst so? Dieses geologische Urgestein hat weit mehr zu bieten! Viel Neues, Unerwartetes und Faszinierendes gibt es zu entdecken. Der Harz liegt wie eine Art „Lummerland“ als Mittelgebirgsinsel in der norddeutschen Ebende. Er hat eine in jeder Beziehung gut zu „erfahrene“ Größe mit seiner geografisch ovalen Abgeschlossenheit und ist auf ganz eigene Weise eine Art Überraschungsei!
Was man im Harz unbedingt sehen sollte
Die innerdeutsche Nahtstelle ist kein wirtschaftlich starker Raum – das touristische Potenzial ist jedoch nach wie vor hoch, auch wenn der Harz bei vielen als etwas „angestaubt“ gilt. Seit einiger Zeit ändert sich was, das Tourismusschwungrad ist frisch geölt! Man ist dabei, ein jüngeres Image „Typisch Harz“ zu entwickeln, und es liegt Morgenluft über den bewaldeten Höhen …
Entlang der Wanderwege befinden sich jede Menge Naturschönheiten in wenig besiedelten Höhenlagen, man begegnet kulturhistorischen Schätzen und kann sowohl in der Höhe als auch im Flachland des Harzvorlandes herrliche Rad- und Mountainbike-Touren unternehmen – alles gewürzt mit Bergbaugeschichte über und unter Tage. Bikeparks, Fun-Sportarten und andere Attraktionen sorgen außerdem für ausreichend Adrenalin.
Städte wie Quedlinburg oder Goslar sind ohnehin schon Magnete für Stadtbesuche und bieten Fachwerk-Altstädte, die ihresgleichen suchen. In den Nebengassen und „Hinterzimmern“ warten jedoch noch diverse Kleinode auf ihre Entdeckung. Auch für Harzkenner und Anwohner bietet der ein oder andere Ort mit Sicherheit noch die Möglichkeit, einen weißen Fleck auf der persönlichen Harzkarte mit Erlebnissen zu füllen, und vor allem die Geschichten dahinter lüften so manches Harzer Geheimnis.
Die Petruskapelle in Alexisbad
Das Gebäude wurde 1812 bis 1815 vom Baumeister Karl Friedrich Schinkel entworfen, hat eine zentrale Rotunde und vier quadratische Anbauten auf einem Kreuzgrundriss. Auf der Kuppel blinkt eine Kugel mit Kreuz, was ein wenig „zaristisch“ daherkommt. Ansonsten ist das Gebäude aus Holz und im klassizistischen Stil erbaut. Da Alexisbad bis dahin ungewöhnlicherweise noch nicht über eine eigene Kirche verfügte, verwandelte sich das Teehäuschen unter Herzogin Friederike von Anhalt-Bernburg, zunächst alle zwei Wochen, später dann ganz, in ein Gotteshaus. So wurde nicht mehr Tee, sondern Gottesdienst in der neuen Kapelle zelebriert.
Informationen
Alexisbad liegt mitten im Harz unweit der Harzhochstraße B 242, von dort über die B 185 nach Alexisbad.
Tipp: Bei Schnee am Berg lockt hinter der Kapelle eine 1100 Meter lange Naturrodellbahn. Sie führt von der Hochfläche Harzgerode bis runter zur Alexisbader Promenade. Im Sommer dient sie als Wanderweg.
Die Straße der Lieder
Das Josephskreuz muss man gesehen haben! Es ist nicht nur eines der schönsten und fotogensten Bauwerke im ganzen Harz, sondern im Unterbau mit seinen Rundbögen auch dem Eiffelturm nachempfunden. Man verliebt sich sowohl in die gesamte grünlich-blaue Stahlkonstruktion als auch in die vielen Details – einfach phantastisch! 200 Stufen einer Wendeltreppe führen hinauf zur Aussichtsplattform, die spektakuläre Blicke über den Unterharz, zum Brocken und in Richtung Magdeburg ermöglicht.
- Informationen
- Josephskreuz
06536 Südharz / OT Auerberg
Die Kastanienallee – Eine jährlich blühende Kulturachse
In Ballenstedt konnte sich im Laufe der Zeit eine Prachtstraße über viele Veränderungen hinwegretten. Die etwa ein Kilometer lange Kastanienallee reicht vom Anhaltiner bis zum Schlossplatz. Dort oben am Schloss kann man sich, wenn man die Augen zusammenkneift, das feudale kleinstädtische Treiben auf der repräsentativen Allee noch vorstellen: Kutschen mit Hufgetrappel, flanierende Damen, Herren in Gehrock und mit Zylinder.
Anfänglich, 1712, war die Allee als Lindenallee konzipiert, erst 1803 wurde sie zu einer Kastanienallee umgewandelt. Oberhalb des Schlossplatzes, auf den Stufen des Schlosstheaters, hat man einen wunderbaren Blick ins Harzervorland, gespickt mit Windrädern, die den Betrachter wieder in die Neuzeit zurückholen. Das Theaterkleinod ist eine der ältesten Bühnen Deutschlands, schon Franz Liszt leitete hier musikalische Aufführungen.
Hinter dem Schlosstheater liegt das Schloss der Askanier, Wiege Anhalts, Grabstätte Albrechts des Bären – von hier wurde der letzte Herzog von Anhalt-Dessau 1945 von den den Russen ins für ihn tödliche Internierungslager verschleppt. Der Grund: Adelstitel und Grundbesitz …
Informationen
Allee, 06493 Ballenstedt
Anfahrt B 6, Ausfahrt Ballenstedt, über B 185 bis zum Anhaltiner Platz
Der Schlosspark mit seiner Wasserachse, den Drachenbrunnen und Gestaltungskonzeptes von Peter J. Lenné ist unbedingt sehenswert.
Die Konradsburg
Die Burg wurde ab 1130 in ein Benediktinerkloster umgewandelt. Es begann damit eine Blütezeit als geistiges und wirtschafliches Zentrum am nordöstlichen Harzrand, die lange anhielt. Eine stattliche romanische Basilika entstand aum 1200. Doch die Zeiten änderten sich – das Kloster verlor an Bedeutung. Es wandelte ich abermals in ein Karäuserkloster, doch im Bauernkrieg wurde alles niedergebrannt. Die Mönche verließen den Burgberg 1525 endgültig. Landwirtschaftliche Umnutzung war die Folge – bis in die 1970er Jahre hinein. Es wurde mgebaut, dazugebaut, und leider wurden vor allem große Teile der Klosteranlage unwiderruflich zerstört. Die Krypta wurde zum Schweinestall, der Kräutergarten zum Gemüsegarten, und der Verfall der Gebäude nahm rapide seinen Lauf. Erst ab 1982 wendete sich das Blatt für die Konradsburg, als ein Förderverein mit vielen ehrenamtlichen Helfern zu ihrer Rettung ins Leben gerufen wurde. Und heute: Das Chorgebäude und die Krypta sind die letzten Reste der einstigen Klosterkirche, konnten aber gerettet werden. Die Frontansicht mit der hübschen Glocke hat heute einen mexikanischen Touch. Der Kräutergarten im ehemaligen Kreuzgang ergrünte wieder, und das kleine Fachwerkhäuschen in der Mitte birgt den uralten Brunnen, einst betrieben durch ein Eseltretrad.
Sehenswert ist Burg Falkenstein. Hier gibt es mehr dazu.
- Informationen
- 06463 Falkenstein / OT Ermsleben
Homepage: www.konradsburg.com
Anfahrt: B 6 bis Aschersleben, dann B 185 nach Falkenstein
Die Burgruine Arnstein
Die Burgreste anzuschauen lohnt. Ein Turm und ein hochaufragender, ehemals mehrgeschossiger Saalbau blieben als Außenmauern erhalten. Der Blick vom lediglich 210 Meter hohen Burgberg in die Ebene ist weit. Nur eines stört bei der Betrachtung der Landschaft: die unzähligen Windkrafträder Richtung Nordosten – ein neuzeitliches „Wind-Heer“. Der unterhalb liegende Flecken Harkerose wurde 936 das erste Mal in einer Urkunde König Ottos I. als „Harriskesrothe“ erwähnt. Der erste Burgbesitzer war Graf von Arnstein um 800 – genauer ist es nicht belegt. Seine Familienlinie starb aber aus, und so wechselte die Burg mehrfach den Besitzer: die Falkensteiner, die Regensteiner, die Mansfelder Grafen.
Informationen
Burgberg, 06543 Arnstein / OT Harkerode
Anfahrt: B 6 bis Aschersleben, dann B 180 bis kurz hinter Quenstedt, über Sylda nach Harkerode, die Burg ist von allen Seiten gut sichtbar.
„Zu den Rothen Forellen“
„Zu den Rothen Forellen“ hieß die Nobelunterkunft nicht immer. Vor mehr als 400 Jahren wurde der „Campe’sche Hof“ als gesellschaftlicher Treffpunkt, als Junkerhof, in der damals aufblühenden Hüttenindurstrie-Stadt Ilsenburg gebaut.
Die Geschichte bescherte einen wechselhaften Werdegang mit diversen Namensänderungen. Mal war die Wirtschaft privat, mal von Adeligen geführt, oft gut besucht, jedoch zwischendurch auch zur einfachsten Dorfenschenke degradiert.
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde sie erweitert und neu gebaut und seit 1804 als gräflicher Gasthof „Rote Forelle“ geführt. Die Annehmlichkeiten für die Gäste wurden luxuriöser, der Ruf verfeinert. Kriege, Besatzung, Arbeiter und Bauernstaat überstand das Gebäude mehr schlecht als recht. Dann kam der „Cut“. Seit 1995 hat sich das Landhaus „Zu den Roten Forellen“ selbst neu erfunden und erstrahlt im Fünf-Sterne-Glanz. Das Anwesen hat viel mitgemacht – nur nicht die Lautverschiebung von „Rothe“ zu „Rote“ Tradition eben.
- Informationen
- Marktplatz 2, 38871 Ilsenburg
Homepage: www.rotheforelle.de
Novalis-Schloss Oberwiederstedt
Das Schloss Oberwiederstedt ist der Geburtsort von Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, besser bekannt unter seinem Pseudonym „Novalis“ (abgeleitet von einem alten Familien-Beinamen). Ein Mann mit ausgesprochen vielseitiger Bildung und ein leidenschaftlicher Poet. Er war Jurist, studierte dann an der Bergakademie in Freiberg und erweiterte sein Wissen in den Bereichen Bergwerkskunde, Mathematik, Chemie. Früh interessierte sich Novalis für Rhetorik, Literatur, Philosophie und Kunst, widmete sich der Lyrik und verknüpfte all sein Wissen mit Poesie.
Wie er war, was er wollte und konnte, arbeitet heute die Internationale Novalis-Gesellschaft e.V. im Schlossmuseum anhand wechselnder Ausstellungen heraus. Getragen wird es von der Novalis-Stiftung und von Land und Gemeinde. Sehr rühmlich im Land der Dichter und Denker – vor allem wenn man bedenkt, dass das Schloss 1987 eigentlich vor dem Totalabriss stand. Zum Glück gab es beherzte Bürger mit Gegen-Initiative. Initiator damals und bis heute ein Novalis-Fan ist der Wiederstedter Gerald Wahrlich.
- Informationen
- Schäfergasse 6, 06333 Arnstein / OT Wiederstedt
Tel. 03476/85272
Anfahrt: B 6 bis Aschersleben, dann B 180 Richtung Mansfeld, dann über Quenstedt und Arnstedt nach Wiederstedt. - Internet: Novalis-Gesellschaft
Infos zum Buch:
Kirsten Elsner Schichor, 111 Orte im Harz, die man gesehen haben muss, Emons-Verlag GmbH, 2017
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