Die 60 Burgen und Schlösser der Burgenstraße, die sich quer durch Süddeutschland schlängelt, bieten interessante Einblicke in den Umgang der Menschen damals vor ein paar Hundert Jahren und heute mit Seuchen, Angst vor Krankheiten und Ansteckung.
Pest, Cholera oder Corona: Die Burg blieb zu
Beim Umgang mit Seuchen und Krankheiten hat sich im Lauf der Jahrhunderte nicht viel verändert: Burgenstraße bietet erhellende Einblicke.
„Bis auf weiteres wegen Corona geschlossen.“ Solche Schilder hingen bis vor kurzem an den mächtigen Toren der rund 60 Burgen und Schlösser entlang der Burgenstraße, die sich quer durch Süddeutschland von Mannheim bis Bayreuth schlängelt. Kulturinteressierte Gäste mussten aufgrund der gesundheitspolitisch angeordneten Maßnahmen seit März draußen bleiben. Damit hatte sich während des Corona-Lockdowns gegenüber der Zeit, als Pest und Cholera wüteten, nichts geändert.
Damals wie heute gab es einen unumstößlichen Grundsatz: Wer drin ist, bleibt drin. Und wer draußen ist, bleibt draußen. Die dicken Mauern der Burgen, oft umgeben von Wassergräben, schützten zusammen mit den hochgezogenen Zugbrücken vor Kontakt und Ansteckung.
Die Burgherren hatten damals die Pflicht, die Bauern und Bürger aufzunehmen und zu schützen. Dafür mussten sie ihm ja schließlich Frondienste leisten. Doch die Realität war anders. Burgherren, die sich nicht einigeln wollten und es sich leisten konnten, flohen mit Frau und Kindern auf einen dünn besiedelten Landsitz zurück und warteten dort das Ende der Seuchen ab. Als 1596 in Heidelberg der schwarze Tod wütet, floh der Kurfürst nach Amberg. Doch selbst Geld, Titel und Burgmauern schützten nicht immer vor den Seuchen. Liselotte von der Pfalz erkrankte lebensgefährlich an Pocken, 1794 starb Kurfürstin Elisabeth Auguste in Weinheim an der Ruhr, die von französischen Truppen, die Mannheim 1792 angriffen, eingeschleppt wurde.
Harte Strafen
Herrscher und Bürger hatten zurecht eine Heidenangst vor Seuchen. Kurfürsten Carl Theodor am Schwetzinger Hof erließ deshalb ein Edikt im Jahre 1770 gegen die drohende Pest, die in Polen ausgebrochen war. Um umfangreichen Schutz der Untertanen zu garantieren werden „der Pest halber verbottener Wege für alle Fremde bey schwerster Leibes und Geldstraffe“ geschlossen. Die nicht befestigen Grenzen der Pfalz wurden mit Stecken markiert, an denen eine schwarze Pestfahne angebracht wurde. Wer ungeachtet dessen in die Pfalz einreist, wird sofern er von Stand ist mit 25 Reichstaler und wer von geringer Herkunft ist mit 25 Prügeln belegt und über die Hauptstraße zurückgeführt. An der Landesgrenze wird dem Übeltäter mit Nadeln in den rechten Oberarm ein Kreuz geritzt und mit Pulver ausgebrannt. Sollte jemand nochmals in der Pfalz aufgegriffen werden droht ihm die Todesstrafe. Das mitgeführte Hab und Gut soll ungeachtet des Wertes sofort verbrannt werden.“
Hilfe in Klöstern
Beim Ausbruch von Seuchen suchten die Bürger Hilfe in Klöstern mit ihren Kräutergärten oder bei heilkundigen Frauen. Auch Henker zählten damals – erstaunlicherweise – zu den Heilkundigen. Durch Folter und Malträtur der Gefangenen wussten sie, wo sie ansetzen mussten, damit der Gefangene nicht vorzeitig starb. Sie wussten deshalb, wo die Organe lagen. Leichenöffnungen waren offiziell zwar untersagt, aber Vierteilen, Rädern etc. nicht. So erhielten die Henker im wahrsten Sinne des Wortes erhellende Einblicke.
„Gut Leut Bereich“
Die Seuchenhäuser befanden sich – aus gutem Grund – vor den Stadttoren, um Ansteckungen zu verhindern. Bei ansteckenden Krankheiten, wie der Lepra, die nicht heilbar war, wurden die Patienten isoliert. Im Mittelalter nannte man einen solchen Bezirk – „Gut Leut Bereich “ Er bestand aus einer Kapelle, „Gut Leut Kapelle“, genannt und einem Siechenhaus und Leprösenhaus. Die Kranken durften nicht zurück in die Stadt oder zu ihren Familien. Man hielt einen letzten Gottesdienst für sie, verbrannte ihre Kleider und gab ihnen Neue und zu guter Letzt wurde ihnen ein Scheufelchen Erde auf die Füße geschüttet, wie bei einer Beerdigung. Die Bevölkerung versorgte die Kranken zwar mit Nahrung, doch sie mussten ihre Gefäße am Rand der Städte hinstellen und bekamen sie befüllt. Ein solcher Bezirk befindet sich noch erhalten in Mosbach beim Friedhof. In Wimpfen war er dort, wo heute sinnigerweise die Kuranlagen sind.
Dieses Aussondern von Menschen kommt aus Venedig. Während der Pest mussten die Schiffe 40 Tage im Hafen liegen bleiben. Niemand durfte von Bord. 40, im Italienischem Quaranta = Quarantäne. Im Prinzip machen wir es in Coronazeiten nicht anders. Nur der Zeitraum der Quarantäne ist kürzer.
Hinweise auf Umgang mit der Pest
In den Burgen, Kirchen und Museen entlang der Burgenstraße finden sich zahlreiche Hinweise auf den Umgang mit Pest, Cholera und Typhus. Auf der Festung Rosenberg in Kronach hat sich während einer Typhus-Epidemie Medizinalrat Dr. Joseph Berner 1807 als Garnisons-Physikus in ausgezeichneter Weise um die Behandlung „von erkrankten baierischen, französischen, neapolitanischen und anderen Militär auf der Festung Rosenberg“ verdient. Ein vollständiger chirurgischer Besteckkasten des Kronacher Spitals ist erhalten.
In der evangelischen Kirche Neckarsteinach befinden sich die Nachbildungen von mittelalterlichen Glasscheiben, eine zeigt den Hl. Georg, wie er einen Drachen besiegt. Er ist der Patron der Spitäler und Siechenhäuser, da er vor Fieber, Pest und Lepra schützen soll. Neckarstein besaß im Mittelalter eine Stadtbefestigung, die bei dem Ausbruch von Seuchen geschlossen werden konnte. Dies konnte den Ausbruch von Krankheiten allerdings nicht verhindern. 1633 wütete die Pest in Neckarsteinach, 1635 starben daran 275 Einwohner. Die Krankheit wurde während des 30-jährigen Krieges durch Soldaten eingeschleppt.
In der Darsberger Kapelle befindet sich ein Flügelaltar von 1460. Auf diesem ist der Hl. Valentin abgebildet, dem auch die Heilung bestimmter Krankheiten zugeschrieben wird.
Das Mittelalterliche Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber thematisiert sowohl im Rahmen seiner Dauerausstellung wie auch in der zum 100-jährigen Jubiläum konzipierten Sonderausstellung Fragen der sozialen Ausgrenzung und Vorsorge vor „Pestilenzen“. Die mit Infektionskrankheiten verbundenen Sozialkonflikte sind Thema. Das Gebäude ist zudem noch das einer ehemaligen Johanniterkomturei/Klosters.
In Bamberg gibt es eine Themenführung „Von Quacksalbern und Wunderheilern“, die durch die Innenstadt führt, unter anderem zu einer der ältesten Apotheken Deutschlands.
Weitere Informationen zur Burgenstraße
In der kostenlos erhältlichen Jahresbroschüre (Telefon 07131/9735010, info@burgenstrasse.de) und auf der Website www.burgenstrasse.de finden sich Informationen über alle 60 Schlösser und Burgen entlang der 770 Kilometer langen Burgenstraße in Süddeutschland, Einkehr- und Übernachtungstipps.
Über die Burgenstraße e.V.
Die 1954 ins Leben gerufene „Burgenstraße“ zählt zu den traditionsreichsten Ferienstraßen Deutschlands. Beginnend in Mannheim führt sie 770 Kilometer nach Bayreuth, vorbei an mehr als 60 Schlössern und Burgen durch die Landschaften des Neckartals, der Fränkischen Schweiz und des Frankenwaldes. Die Touristikroute gewährt Reisenden einen historischen Einblick in das Mittelalter, den Barock und den Klassizismus. Weitere Informationen unter www.burgenstrasse.de, Telefon 07131/973501-0.
Presseinformation: ReComPR GmbH
Hinterlasse einen Kommentar