96 Meter hoch ist der Potsdamer Telegrafenberg. Von 1832 bis 1862 arbeitet hier die vierte Station der preußischen Telegrafenlinie Berlin-Koblenz, die ihre Nachrichten per Sichtzeichen übermittelte. Auf dem 16 Hektar großen Areal versammelt sich seit 135 Jahren Wissenschaftskompetenz.
Potsdamer Geschichte der Wissenschaft
Bei einem Spaziergang auf einem beschilderten Weg kann man zudem Berühmtheiten der Architektur-, Technik- und Wissenschaftsgeschichte begegnen. Ganz entspannt. Denn obwohl im Wissenschaftspark „Albert Einstein“ mehrere hundert Wissenschaftler tätig sind, ist von Hektik keine Spur, man wähnt sich in einem weitläufigen Park.
Erdbewegungen im Blick
Erste Station ist die Forschungsstelle des Alfred-Wegner-Institutes für Polar- und Meeresforschung. Dahinter folgen die 1998 bezogenen Gebäude des Geoforschungszentrums (GFZ). Bereits 1889 zeichnete Ernst Rebeur-Paschwitz bei Pendelmessungen Erdbewegungen auf. Nicht nur bei Erdbeben sind sie gefragt.
Wetterforschung
Die charakteristischen Stilelemente – gelbe Klinker, rote Zierstreifen, graue Dächer – nehmen Baumerkmale der historischen Institutsgebäude auf. Aus der Zeit um 1890 stammen die heute zum Deutschen Wetterdienst gehörenden Gebäude des einstigen meteorologischen Observatoriums. Auffallend an der Fassade ist ein umlaufender Fries aus blauen Keramikkacheln.
Erdmagnetfelder
Eine Rarität ist auch das Paläomagnetische Labor (Paläomagnetismus = das erdmagnetische Feld in verschiedenen geologischen Zeitabschnitten) des GFZ, in dem sich früher das magnetische Variationshaus, ein Spezialgebäude zur Messung der Variation des Erdmagnetfeldes, befand. Bei seinem Bau musste auf eisenhaltige Baustoffe wie Nägel, Ziegelsteine und Zement verzichtet werden. Auf dem höchsten Punkt des Berges steht seit 1879 das Hauptgebäude des Astrophysikalischen Oberservatoriums. Im Keller unter der Ostkuppel fand 1881 der berühmte Interferometer-Versuch von Albert Michelson statt, der den Anstoß zu Albert Einsteins spezieller Relativitätstheorie gab. Heute beheimatet der Komplex das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Gegenüber entdecken wir einige Wohnhäuser der Astronomen.
Geburtsstunde des Forschungsstandortes
Mit der Gründung des ersten speziellen astrophysikalischen Oberservatoriums der Welt im Jahre 1874 schlug die Geburtsstunde des Forschungsstandortes Telegrafenberg. Weitere Höhepunkte in der Forschungstradition sind die Absolutbestimmung der Erdschwere und die Annahme als internationaler Bezugswert im Jahre 1909 sowie die Inbetriebnahme der ersten beiden Quarzuhren für den offiziellen Zeitdienst 1933.
Tief ins Weltall blicken
1899 wurde in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. der Große Refraktor als Hauptinstrument des Astrophysikalischen Oberservatoriums in Dienst gestellt. Mit einem Objektiv von 80 Zentimetern Durchmessern und einer Brennweite von 12,2 Metern gilt es als viertgrößtes Linsenfernrohr der Welt. Das Denkmal war 2003 demontiert und zur Generalüberholung nach Jena gebracht worden.
Einstein war hier
Als Inkunabel der Architektur- und Wissenschaftsgeschichte gilt der Einsteinturm. Das 1919 bis 1924 von Erich Mendelssohn errichtete Bauwerk ist nicht nur ein leidenschaftlich gestaltetes „Monument der Wissenschaft“, sondern ein nach strengen Vorgaben konstruierter Zweckbau, der die Schutzhülle für das Instrumentarium eines Sonnenoberservatoriums bildet.
Der Turm – im Innern steht ein Fernrohr mit einem Linsenobjektiv von 14 Metern Brennweite und 60 Zentimetern Durchmesser – gilt in der europäischen Baugeschichte als einzigaritg. Einstein selbst nahm oft an den Kuratoriumssitzungen im Innern des Turmes teil. Besichtigt werden kann das Bauwerk, in dem auch heut noch geforscht wird, nur mit Führung. (Urania Potsdam, 0331 291741)
Hauptgebäude
Nächste Station ist das 1892 im klassizistischen Stil errichtete Hauptgebäude des ehemaligen Geodätischen Instituts. Nach dem damaligen Direktor Friedrich Robert Helmert ist der benachbarte Turm, der zum „Observatorium für astronomische und geodätische Winkelmessung gehörte, benannt. Vor dem Turm erinnert eine Stele mit der Aufschrift „Gemeinsinn auf der Erde und im All“ an den Raumflug der Kosmonauten Sigmund Jähn und Valerie Bykowski im Jahr 1978. Rechterhand folgt kurz vor dem Eingang das 1999 eröffnete Laborgebäude des Alfred-Wegner-Institutes für Polar- und Meeresforschung.
Wer mehr wissen will: Der Pförtner am Haupteingang verkauft Broschüren über Telegrafenberg und Einsteinturm.
Anfahrt
Vom Hauptbahnhof Potsdam in Richtung Brauhausberg, gegenüber vom Blue linkerhand über die Albert-Einstein-Straße in 20 Minuten fußläufig zum Telegrafenberg
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