Die 28. Dampflokparade in Wolsztyn  (Wojewodschaft Großpolen) war ein bleibendes Erlebnis. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, dass sich so viele Eisenbahn-Enthusiasten zu einem solchen Erlebnis zusammenfinden, sich freuen und Spaß daran haben, alte Technik in Aktion zu bestaunen. Rund 20.000 Gäste sollen es an diesem Samstag im Mai 2024 gewesen sein. Doch bevor wir über die Dampflokparade und den alten und den neuen Bürgermeister der Stadt Wolstzyn schreiben, ein kleiner Einstieg, wie so ein Aufenthalt, außerhalb der Dampflokparade ablaufen kann. Denn Wolsztyn, zu deutsch Wollstein, hat es verdient, dass man länger als nur ein Wochenende dort verbringt. Ein empfehlenswertes Hotel ist das Fala-Hotel, direkt am Wolsztińskie See gelegen, dass in einem Sportcenter integriert ist. Wer will kann frühmorgens dort bereits eine Fitnessrunde einlegen oder rund um den See joggen. In wenigen Metern ist man am See, genießt die frische Luft, fühlt sich eins mit der Natur. Anschließend genießt man das gute a la carte Frühstück, Obst, Gemüse, Säfte inclusive. Und los geht es mit der Entdeckungstour durch die kleine Stadt. Uns fällt zunächst der morgendliche Autoverkehr auf. Aber die Rücksicht auf Fußgänger ist in Polen groß, anders als in Deutschland. Vor Zebrastreifen wird rigoros angehalten, auch wenn der Fußgänger noch ein paar Schritte entfernt ist. Das macht Freude und unsere Zurückhaltung beim Überqueren der Straßen an diesen Punkten ist bald verflogen. Dennoch sind wir natürlich vorsichtig.

Hier einige Tipps zum Besuch der Kleinstadt.

Marcin-Rożek-Museum

Überquert man die Straße vor dem Fala-Hotel und geht rechts um die Ecke steht man nach wenigen Schritten vor dem Marcin-Rożek-Museumsin der 5 Stycznia Straße 34. Eine der bekanntesten Personen von Wolsztyn ist der Bildhauer, Maler, und Autor Marcin Rożek (1885-1944). Einen Teil seiner Kindheit verbrachte der Sohn eines Bahnarbeiters ab 1893 in Wolsztyn (deutsch: Wollstein). Nach einer Steinbildhauerlehre bei einem Steinmetz im nahen Poznań (Posen), belegte er, gefördert durch ein Stipendium, von 1905 bis 1909 an der Kunstakademie in München das Fach Bildhauerkunst. Nach einem Parisaufenthalt (1910-1911), ging Rożek im Jahr 1913 nach Posen zurück. Während des Großpolnischen Aufstandes (1919) kämpfte er um die Wiedergewinnung von Polens Unabhängigkeit. Danach setzte er sich aktiv für die Wiederbelebung des kulturellen Lebens in Poznań ein. In Posen gibt es mehrere von ihm geschaffene Denkmäler, so das Chopindenkmal im Chopinpark, wie auch die Figur auf der vor dem Rathaus stehenden Prangersäule  auf dem Marktplatz.

Die Kopie der Figur des Henkers auf der Prangersäule auf dem Markt in Poznan/Posen stammt von Marcin Rozek.Das Original befindet sich im Stadtmuseum.

Ab 1934 ließ der damals schon berühmte Bildhauer sich in Wolsztyn nieder. Als die Deutschen das Land 1939 besetzten, versteckte er sich in der Umgebung von Wolsztyn, bis er 1941 in Tarnowo Podgórne verhaftet wurde. 1943 wurde er in das Konzentrationslager Auschwitz gebracht, dass er nicht mehr lebend verließ. Am 19. Mai 2024 jährt sich sein 80. Todestag. Die Stadtverwaltung Wolsztyn eröffnete 1968 im ehemaligen Wohnhaus von Marcin Rożek, das er nach eigenen Entwürfen mit einem Atelier errichten ließ, ein sehenswertes Museum ein. Die künstlerischen Arbeiten stellte Rożeks Schwester Jadwiga zur Verfügung. Es gibt ein deutschsprachiges Prospekt.

Das obere Stockwerk der zweietagigen Villa ist dem Bildhauer und seinen Arbeiten gewidmet. Neben Möbeln aus seiner Zeit bestaunen wir Skulpturen und Gemälde des Künstlers. Dokumente, Fotos und Andenken aus seinem Leben ergänzen die kleine Präsentation.

Eine große Fensterfront lenkt unsere Blicke in den Garten hinter dem Haus, der direkt zum See führt.

Uns fällt im Atelier ein dicker Eichen-Ast auf. Beim näheren Betrachten sehen wir, dass sich auf ihm flache Reliefs von Faun und Meduse befinden. Es ist das Originalwerk von Marcin Rożek. Hier erhalten wir den Hinweis, dass von Wieslaw Stepyra geschnittene Kopien im Stadtpark Wolsztyn zu finden sind. Anlass für uns, wenig später den benachbarten Stadtpark kennenzulernen.

Ein weiterer Hinweis im Museum, den wir für unseren Poznań-Besuch anlässlich der Dampflokparade mit auf unsere Erkundungsliste aufnehmen, ist das Chopin-Denkmal im dortigen Chopinpark.

Vom Bildhauer Marcin Rozek geschaffenes Chopin-Denkmal im Chopinpark von Poznan

Vom Bildhauer Marcin Rozek geschaffenes Chopin-Denkmal im Chopinpark von Poznan

Doch bevor wir das Museum verlassen, betreten wir noch den idyllischen Garten. Hier erwarten uns zahlreiche in Stein gemeißelte Werke, entstanden und aufgestellt nach einem Konzept von Marcin Rożek. Die Gartenidylle vereint Kunst und Natur, bietet Ruhe, lässt Gedanken schweifen. Die raue Wirklichkeit bleibt für einen Moment draußen.

Informationen zum Marcin-Rożek-Museum

Abteilung des Regionalmuseums Wolsztyn 5 Stycznia Straße 34, 64-200 Wolsztyn

Mehr im Internet: www.muzea-wolsztyn.com.pl  Öffnungszeiten in der Touristensaison: Mo-Sa 9-16 Uhr; So 10-15 Uhr

ehemaliger deutscher Friedhof in Wolsztyn

Gedenkstein für den ehemaligen deutschen Friedhof in Wolsztyn

Und weiter geht es auf unserem Stadtrundgang.

Ein Nobelpreisträger in Wolsztyn

Zu den bekannten Persönlichkeiten, an die die Stadtverwaltung Wolsztyns im Stadtbild mit Museum (Rożek-Museum), Denkmälern (für den Geografen, Physiker und Literaten Stanisław Plater (1784-1851) vor der Stadtbibliothek, Büsten (für den Wissenschaftler Jósef Maria Hohne-Wroński (1776-1853) und Tafeln (für Józef Maria Hohne-Wroński am Geburtshaus in der Kościelna Straße 9) erinnert, gehört auch Robert Koch. Der Name des Mediziners ist in Deutschland spätestens durch die Corona-Krise sehr bekannt geworden. Denn das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI)  gab tägliche Rapporte über den Stand der Entwicklung der Corona-Krise. Heute wird über die Rolle des Robert-Koch-Instituts in der Corona-Zeit heftig debattiert.

In diesem Gebäude lebte und arbeitete Robert Koch während seiner Zeit als Kreisphysikus des damaligen Kreises Bomst

In diesem Gebäude lebte und arbeitete Robert Koch während seiner Zeit als Kreisphysikus des damaligen Kreises Bomst

Robert Koch Museum Wolsztyn Galerie

Kopie der Nobelpreisurkunde

Die Stadt Wolsztyn erinnert an Robert Koch (1843-1910), Mikrobiologe und Entdecker der Tuberkulose- und des Milzbrand-Erregers, Nobelpreisträger (1905). In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts lebte und arbeitete er in der heutigen Doktora-Kocha-Straße 12 in Wolsztyn als Kreisphysikus. Heute befindet sich in seinem einstigen Wohnhaus das kleine Robert-Koch-Museum.

Wolsztyn.RobertKoch

Das Gebäude, in dem sich das Robert Koch Museum befindet, wurde in den Jahren 1842-46 im Stil der englischen Neugotik errichtet und übernahm anfangs die Funktion des Krankenhauses für die Armen. Es wurde von Marie Pearce aus England gestiftet. so informiert ein kleine Broschüre, die wir in der benachbarten Touristinformation erhielten. Die Anfänge des Museums reichen bis 1958 zurück. Damals wurde ein Gedenkraum für den bekannten  Wissenschaftler eröffnet. Auf Initiative der Deutsch-Polnischen Stiftung und des Robert-Koch Vereins wurde am 2. Mai 1996 ein Museum zum Gedenken an die wissenschaftliche Arbeit und das Leben des berühmten Biologen und Mediziners gegründet. Viele Kopien von Dokumenten, u.a. seine Nobelpreis-Urkunde und Ausstellungsstücke (u.a. Bücherschrank aus seiner Zeit in Wolsztyn mit Publikationen von Koch, Mikroskope, zwei Originalbriefe) und weitere Stücke  erinnern in zwei Räumen an den großen Wissenschaftler und seine Forschungen auf dem Gebiet der Bakteriologie im damaligen Wollstein. Für die Entdeckung des Tuberkelbazillus erhielt Robert Koch 1905 in Stockholm den Nobelpreis.

Dank an den freundlichen jungen Museumsleiter, der uns viele Informationen über Robert Koch in deutscher Sprache vermittelte. Wir haben die Hoffnung, dass sich das Berliner Robert-Koch-Institut an einer bald notwendigen Überarbeitung der Ausstellungspräsentation (mit modernem museumspädagogischen Konzept) beteiligt.

Robert Koch Museum

Abteilung des Regionalmuseums Wolsztyn
Doktora Kocha Straße 12, 64-200 Wolsztyn

Mehr im Internet: www.muzea-wolsztyn.com.pl

Öffnungszeiten in der Touristensaison: Mo-Sa 9-16 Uhr, So 10-15 Uhr

Im Hinterhof des Robert-Koch-Museums befindet sich die Tourist-Information Wolsztyn. Wir wurden von Kascha kundig auf deutsch über Sehenswürdigkeiten der Stadt und der Wojewodschaft Großpolen informiert.  Mehrere Prospekte und auch ein Stadtführer sind auf deutsch und englisch vorrätig.

Touristinformation von Wolsztyn

Touristinformation von Wolsztyn

Wolsztyn.Sammel.Polen

Einige Prospekte erhält man auch in deutscher Sprache

Die dritte Zweigstelle des Regionalmuseums in Wolsztyn liegt etwas außerhalb der Stadt am Wolsztyner See. Das könnte man von der Innenstadt aus gut mit dem  Fahrrad entlang des Sees erreichen, natürlich auch zu Fuß.

Freilichtmuseum der Volksbauweise des westlichen Großpolens

Der Beginn der Einrichtung des Freilichtmuseums begann 1976, 10 Jahre später war die Eröffnung des Freilichtparks. Es ist ein Museum, das ständig erweitert wird. Wir besuchen es zu einer Zeit, als man sich auf die Touristensaison vorbereitet. Insgesamt 15 große Objekte ländlicher Architektur bilden zusammen ein Dorf im Westlichen Großpolen am Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts wider. Wohnräume, Wirtschaftsräume, Werkstätten und Ausstellungsstücke der ländlichen Industrie können besichtigt werden. Die Ausstellung wird durch Hausmobiliar und -Inventar ergänzt.

Kleine Gärten mit vielfältigen Anpflanzungen für das tägliche Essen ergänzen die Ausstellung. Die ländliche Gesellschaft, vom armen Landarbeiter , mäßig wohlhabenden Halbbauer bis zum Wirt, Müller und Schmied werden vorgestellt.

Lange Holztische und Bänke laden zu einer Picknickpause mit Blick auf dem See ein. Eine weitere schöne Idylle, die Wolsztyn dort am See bietet.

Freilichtmuseum Wolsztyn

Abteilung des Regionalmuseums Wolsztyn Bohaterów Bielnika Straße 26, 64-200 Wolsztyn

Mehr im Internet: www.muzea-wolsztyn.com.pl

Bahnhof Wolsztyn empfängt seine Gäste Panorama

Der schmucke Bahnhof Wolsztyn empfängt seine Gäste

Hier laden wir Euch zur Dampflokparade nach Wolsztyn ein

Hier folgt demnächst ein Beitrag über die Dampflokparade,

Foto: PAROWOZY Z WOLSZTYNA

Foto: PAROWOZY Z WOLSZTYNA

auch im Lokmagazin – Augustheft.

Lokmagazin82024

Lokmagazin82024

Lokmagazin82024

Lokmagazin82024

Lokmagazin82024

Lokmagazin8/2024

Hier weitere Information zur Wojewodschaft Großpolen mit Sitz in Poznan, hier gibt es Infos.

Über das Dampflokwerk informiert euch Wojtek Lis täglich. schaut hier.

Anfahrt nach Wolsztyn/Wollstein

Es gibt zwei Wege von Berlin nach Wolsztyn zu kommen. Entweder man fährt mit dem Eurocity von Berlin über Frankfurt/Oder und steigt in Zbaszynek (Neu Bentschen) in den mehrmals täglich verkehrenden Regionalzug der Großpolnischen Eisenbahn (https://koleo.pl/koleje-wielkopolskie) Richtung Wolsztyn um.

Wenn man Glück hat, dann kann man einen von der in Wolsztyn beheimateten Dampflok „Petucha“ (TK 45-67) gezogenen Retro-Zug nutzen. Derzeit ist es der Nachmittagszug (Abfahrt Montag bis Freitag: Zbaszynek/Neu Bentschen um 15.32, Ankunft in Wolsztyn um 16.19). Man kommt so ganz stilecht in 35 Minuten nach Wolsztyn. Unterwegstationen sind u.a. Tuchorza und Stefanowo. Es lohnt auch ein Kurzaufenthalt im Bahnhof Zbaszyn/Bentschen, dieser wird der derzeit denkmalgerecht saniert. Endstation ist dann Wolsztyn. Der dortige Bahnhof erhielt kürzlich für die gelungene Restaurierung und Erweiterung um ein Informationszentrum einen Architekturpreis.

Vom Bahnhof Wolsztyn bis zum Dampflok-Betriebswerk (täglich geöffnet bis 18 Uhr) sind es rund 500 Meter Fußweg entlang der Ladestraße, die von einer Vielzahl  nicht mehr betriebsfähigen Dampfloks gesäumt wird.

Anfahrt mit dem Auto

Rund 2,5 Stunden von Berlinmit dem Auto über die Autobahn A2/E30/E35, ein kurzer Abschnitt ist mautpflichtig. Unterwegs kann man einen Abstecher zur zweitgrößten Jesusstatute der Welt in Świebodzin (Schwiebus) machen.

Unterkunft

Empfehlenswert ist das Fala-Hotel, direkt am Wolsztińskie See gelegen, dass in einem Sportcenter integriert ist. Gutes a la carte Frühstück, Obst, Gemüse, Säfte inclusive.

15 Kilometer entfernt  Hoteltipp in der Nähe von Wolsztyn: Ostoja im kleinen Dorf  Chobienice, auf einem toll restaurierten Gutsgelände, Zimmer u.a. in der ehemaligen Brennerei.

Ostoja-Hotel,wolsztyn.Polen

Ehemaliger Brennerei, heute ein Ostoja Hotel

Ostoja-Hotel,wolsztyn.Polen

Im einstigen Pferdestall befindet sich heute der Spa-Bereich

Allgemeine Auskünfte über Reisen nach Polen beim Polnischen Fremdenverkehrsamt, www.polen.travel