Der Förderverein Südwestkirchhof Stahnsdorf lädt zu einem besonderen Abend auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf mit Nosferatu, Liedern der Vergänglichkeit, Kunst, Musik und Geselligkeit ein.

Grab von Friedrich Wilhelm Murnau auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof, Foto: D. Weirauch

Ganz nach dem Leitspruch Fontanes, der sagte »Nichts ist lebendiger als ein Friedhof…«, lädt der Förderverein des Stahnsdorfer Südwestkirchhofes  zu einem Spätsommerabend am 2. September 2023 von 18.00 Uhr bis 24.00 Uhr auf den Südwestkirchhof Stahnsdorf ein.

Ob Geschichtsmonument oder Naturdenkmal, ob persönlicher Zufluchtsort oder Begegnungsstätte – in all diesen verschiedenen Zugangsweisen verbirgt sich ein besonderes Geheimnis dieses sakralen Ortes. „Diesem Geheimnis wollen wir auf die Spur kommen und bei einem Sommerabend versuchen, es erlebbar zu machen. Ganz nach dem Leitspruch Fontanes, wird es in der einmaligen Atmosphäre auf dem Südwestkirchhof einmal mehr Gelegenheit für eine ganz besondere Auszeit geben.“ so Olaf Ihlefeldt, der Friedhofsverwalter. 

Mit Musik, lebensfrohen Liedern der Vergänglichkeit, Kunstaktionen und Filmaufführungen werden nicht nur berühmte Verstorbene gewürdigt. So schuf beispielsweise der Stummfilmregisseur Friedrich Wilhelm Murnau vor 101 Jahren sein Meisterwerk „Nosferatu“ als „Sinfonie des Grauens“ und setzte damit Meilensteine in der Entwicklung des Films. Murnaus Film  „Dracula“ wird an diesem Abend ganz nah seiner großzügigen Grabstätte am Hauptweg gezeigt und musikalisch vom bekannten Stummfilmmusiker Stephan Graf von Bothmer an der alten Sauer Orgel in der Friedhofskapelle begleitet. Auch die Gruft Murnaus steht an diesem Abend ausnahmsweise zur Besichtigung offen. Verspricht Ihlefeld. Mit ihren Liedern über die Vergänglichkeit zieht die Berliner Sängerin Reinhild Kuhn die Gäste in ihren Bann und nimmt dem Tod und der Trauer etwas von ihrer Schwere.  Die Stahnsdorfer Malerin Frauke Schmidt-Theilig zeigt mit ihren Bildern ihre Sicht auf die Vergänglichkeit. 

Termin:
2. September 2023, 18 – 24 Uhr
Eintritt: 15 Euro
Platzreservierungen unter: www.suedwestkirchhof.de

Im Stile norwegischer Holzkirchen, die Kapelle auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof ©Weirauch

Kapelle auf dem Südwestkirchhof Foto: Förderverein/Ihlefeld

Vor der norwegischen Holzkirche wird um 18 Uhr der kulturelle Abend mit Saxophon-Musik eröffnet. Mit einem Schlusstusch und Kapellengeläut endet der Abend um 24 Uhr. Für Speisen und Getränke ist gesorgt. Jeder Euro Überschuss aus den Einnahmen kommt dem Denkmal Südwestkirchhof zu Gute.

Weitere Informationen über den Südwestkirchhof hier

Reminiszenz

Vor 20 Jahren fand auf dem Stahnsdorfer Südwestkichhof eine Lange Friedhofsnacht statt. Tags darauf veröffentlichte die Berliner Morgenpost den folgenden Beitrag:

“ Beobachtungen bei der „Langen Nacht“ auf dem Berliner Südwestkirchhof in Stahnsdorf Kurze Unterbrechung der ewigen Ruhe

Von Jürgen Schol und Dieter Weirauch Stahnsdorf – Seit nunmehr 36 Jahren sind Erna und Willy Kutzner wieder vereint. Bis dahin hatten Leben und Tod sie für 21 Jahre getrennt. Willy starb 69-jährig 1946, Erna mit 82 zwei Jahrzehnte später. Nun ruhen sie in Frieden nebeneinander auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf, und man könnte meinen, sie hielten in ewig währender Verbundenheit nachts Händchen, so dass nichts und niemand mehr zwischen sie fahren kann. Am vergangenen Samstag aber sind so viele Menschen zwischen sie getreten wie niemals sonst in ihrem dies- und jenseitigen Dasein. Genau zwischen ihren beiden bescheidenen Grabplatten entstand nämlich ein Trampelpfad, der zu dem vergleichsweise monumentalen Grabmal der Familie von Pannwitz führt, in dessen Schatten die Kutzners sonst ruhen.

Stahnsdorfer SWK

Walter von Pannwitz, Kunstsammler und Mäzen

Bei Pannwitz lief der Fernseher. Nach Ende der Tagesschau zeigte man den Film des SFB „Berlins feinste Adresse“, und um 22 Uhr wurde er wiederholt. Nicht zum ersten Mal. Trotzdem fand er sein Publikum. Es war interessiert an dieser feinen Adresse in der Grunewalder Brahmsstraße, die bis heute einen Klang hat, als Palais Pannwitz zunächst, dann als Hotel Gerhus, das viel Prominenz angezogen hat, und heute als Regent Schlosshotel. Die Vorführung war ein Programmpunkt der „Langen Nacht“ auf dem Südwestkirchhof. Mehr als 4000 Menschen hatten sich dorthin aufgemacht, trotz der konkurrierenden Museumsnacht nebenan in der Hauptstadt, mindestens 1000 mehr als die Veranstalter erwartet hatten. Das spülte Geld in die Kasse, das dringend benötigt wird, um die Friedhofsarchitektur zu restaurieren und zu erhalten; denn das war der eigentliche Zweck der Veranstaltung.

Nein, gruselig war sie nicht. Eventuelle Schreie der Käuze wurden vom Brummen der Generatoren übertönt, die das Spektakel mit Scheinwerfern illuminierten. Einen Schauder verschaffte allenfalls der Blick hinter das Grabdenkmal von Friedrich Wilhelm Murnau, dessen Stummfilmklassiker „Nosferatu“ ebenfalls über die Leinwand flimmerte: Hinter der Wand des Denkmals mit einer Büste des Regisseurs führt eine Treppe hinab zur Gruft, und man könnte fürchten, die eiserne Pforte öffne sich und der Vampir steige die Stufen hinauf.

Im Licht der Scheinwerfer beugte sich das Publikum über die Pläne, in denen die Aufführungen eingezeichnet waren. Es schlenderte rastlos von Attraktion zu Attraktion, wetterfest gekleidet wie bei einer forstbotanischen Führung und entschlossen, ja nichts zu verpassen. Nicht die Szenen aus „Effi Briest“, deren Vorbild Elisabeth Baronin von Ardenne in Stahnsdorf ruht, nicht die Uraufführung von „Hitlers unglückliche Liebe“, die um den Architekten Albert Speer spielt, der Tausende Grabmale von Berlin nach Stahnsdorf schaffen ließ, nicht „Sag beim Abschied leise Servus“, den Liederabend.

hre letzte Ruhestätte fand Elisabeth von Ardenne (Effi Briest) auf dem Stahnsdorfer Südwest-Kirchhof, Foto: K.Weirauch

hre letzte Ruhestätte fand Elisabeth von Ardenne (Effi Briest) auf dem Stahnsdorfer Südwest-Kirchhof, Foto: K.Weirauch

In einem der Wetterhäuschen, die Friedhof-Architekt Louis Meyer im 200 Hektar großen, als Park angelegten Gottesacker wohlweislich errichtet hatte, standen die Besucher an, wo die örtliche Firma „Fresh & Green“, deren Namen zum Geist des Ortes nicht recht passen will, Weine und wärmende Getränke anbot, Knusperstangen mit Schafskäse und cremige Desserts. Zille, auch hier begraben, hätte Skizzen davon zu zeichnen gewusst.

Olaf Ihlefeld führt gern über seinen Friedhof Foto: Weirauch

Friedhofsleiter Olaf Ihlefeld vor dem Grab von Heinrich Zille

Was bleibt von der langen Nacht? Die Neugier des Publikums, mehr zu sehen von jenem einzigartigen Areal, von Grabstätte zu Grabstätte zu wandeln, die Lebensdauer der Toten auszurechnen, Namen zu lesen, von denen man irgendwann mal gehört hat: „War das nicht…? Der liegt also auch hier?“ Als die Glocke der Holzkirche die Geisterstunde einläutete und damit das Ende der so genannten langen, in Wahrheit eher kurzen Nacht, hat Willy Kutzner vermutlich sachte bei seiner Erna angeklopft und ihr zugeflüstert: „Reich mir deine Hand, meine Liebe. Der Pannwitz ist schlafen gegangen, der Spuk ist vorbei.“

Jürgen Schol † 2011

Dieter Weirauch

Hier besuchten wir den Stahnsdorfer Südwestkirchhof erneut.

Manfred Krug Stahnsdorfer Südwestkirchhof Friedhof

Ottilie und Manfred Krug Foto: Weirauch