Fontanes Wanderschuh
von Josef Grütter
Bevor du wandern gehst,
nach Schuhwerk dich umsiehst,
damit das Wandern Freude macht
nicht nur, wenn die Sonne lacht.
Du suchst nach einem Schuh zum Wandern
von einem Orte nach dem andern
und nicht zum Tanzen
wie einst die Hofschranzen
sie trugen mit Verzierung und fein.
Zum Wandern muß er grober sein,
weil in der Natur du begegnest Strukturen:
Sand, Stein, Wasser, Gras und Klee auf den Fluren.
Und für all diesen Bodenbelag
der Wanderer seinen Schuh geeignet mag.
Ich denke mal, um solche Gedanken
tat Theodor Fontanes Geist sich ranken,
bevor er sich aufmachte
und nachdenklich dachte:
„Heute beginn ich mit den Wanderungen durch die Mark,
betrachte die Landschaft, die Menschen, auch ihren Sarg,
frage nach diesem und jenem spontan,
wie ich´s schon immer getan,
auch wenn ich nicht war im Lande der Slawen,
die ehemals weit verbreitet hier waren.
Doch bevor ich mich aufmache z. B. in den Barnim,
muß ich zunächst zum Schuster hin,
damit ich mir lasse anpassen
Wanderschuh mit rechten Maßen,
dass leichten Fußes ich gehe und beschwingt,
während in den Lüften die Lerche singt.
Nicht drücken soll mich das Leder am Fuß,
damit ich mich nicht quälen muß
schon nach wenigen Meilen
und zur Erholung dann lange verweilen.
Denn dann käme ich nicht voran in den Landen
und meine Betrachtungen würden versanden
unter der märkischen Kiefer, in märkischem Sand,
bevor ich überhaupt den Anfang fand.“
So könnte er haben gedacht,
bevor er sich aufgemacht.
Ich glaube gar es gibt einen Beweis dafür,
der steht vor eines Museums Tür.
Du siehst hier einen altehrwürdigen Wanderschuh.
Nicht irgendeinen, Fontane gehörte dazu.
Das glaubst du nicht?
Dieser Schuh hat ein Gesicht.
Er ist nicht von heute, eher sehr alt.
Man sieht auch seine Nähe zum Wald.
Ein bißchen vermoost, rissig das Leder,
also sehr alt; das sieht doch ein jeder.
Warum ich ihn dem Fontane zueigne und keinem andern:
Weil mündlich es ist überliefert, man sagt,
Fontane habe in Berlin einen Schuster gefragt,
ob er ihm könne machen einen Wanderschlappen,
er wolle lange wandern auf Schusters Rappen.
Der Schuster, mit langer Tradition,
kannte den Fontane schon.
Wußte, wenn der geht auf Tour,
hilft bestes Schuhwerk nur.
Das ist auch der Grund, warum sein Schuh ist erhalten,
was nicht selbstverständlich ist bei so alten.
Auch findet man neben dem Moos
märkischen Sand auf der Sohle. Das ist als Beweis doch famos!
Also als Fan von Fontane habe ich keinen Zweifel.
Märkischen Sand findest du nicht in der Eifel!
Was aber ich gern wissen würde,
mir Kopfzerbrechen macht,
weil doch beim Paar zwei Schuhe werden gemacht:
Wo ist der zweite Schuh verblieben?
Ist er bei einer Rast zurückgeblieben?
Das kann doch nicht sein:
Er lief nie mit einem Schuh allein!
Er hätte es doch gemerkt sofort nach Fortsetzung der Tour,
dass er trägt einen Schuh nur.
Er ist also verlorengegangen nach der letzten Wanderung.
Und ich habe dazu nur eine vage Vermutung:
Er zog sie aus und gab einzeln sie her.
So fanden sie zueinander nie mehr.
Wenn also jemand auch nur eine Ahnung hat,
wo des zweiten Schuhes Ruhestatt,
melde er sich schnell.
Ich bin sofort zur Stell´,
hole ihn ab und stelle ihn zu dem ersten,
könnte dann vor Freude bersten
und sehe ihn wieder wandern durch die Mark,
durch manchen prächtigen Lennéschen Park.
Marquardt, den 11. Januar 2013
J. G.
2019 ist Fontanejahr
Als ein Baustein der zentralen Landeskampagne „Fontane.200“ reiht sich Kulturland Brandenburg im nächsten Jahr neben der Leitausstellung „Fontane.200/Autor“ im Museum Neuruppin, der Ausstellung„Fontane.200/Brandenburg“ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam, dem Schülerbegleitprogramm und dem Jugendprojekt „Word&Play“ ein.
Weiterhin beteiligen sich die Universität Potsdam, das in Potsdam ansässige Theodor-Fontane-Archiv sowie die Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Seminar für Deutsche Philologie bei der Georg-August-Universität Göttingen mit einem wissenschaftlichen sowie die Fontanestadt Neuruppin in Kooperation mit zahlreichen Partnern mit einem vielfältigen kulturellen Programm. Das Fontanejahr wird am 30. März 2019 in Neuruppin eröffnet. Hier geht es zur Fontaneausstellung des HBPG am Potsdamer Neuen Markt.
Hier einzelne Fontanetipps auf einfachraus.eu
+ Bei Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
+ Robert Rauh und Erik Lorenz fulminantes Buch zu den fünf Schlössern
+ Zum Grab von Theodor Fontane in Berlin
+ Spurensuche in Neuruppin
+ Fontane und der Ziegelringofen von Glindow
Hinterlasse einen Kommentar