Industrie als Urlaubsabenteuer: Das ist Thema des Touristischen Netzwerks Industriekultur in Brandenburg (TNIB). Mit 20 sehr unterschiedlichen Erlebnisorten – vom Museum bis zum Tagebau – bietet die junge Arbeitsgemeinschaft vielfältige und eindrucksvolle Begegnungen mit einer bis heute prägenden Identität. Jetzt präsentiert das Netzwerk vier neue Mitglieder: den Museumspark Rüdersdorf, das Schiffshebewerk Niederfinow, das Stadt- und Industriemuseum Guben sowie das ZCOM Zuse-Computer-Museum Hoyerswerda. Damit wächst der Zusammenschluss auf 24 Mitglieder.

Was man in Brandenburg sehen sollte

Zu den Stätten der Industriekultur gehören Manufakturen, Fabriken, Arbeitersiedlungen und Bergwerke. Erst gemeinsam erzählen sie eine umfassende Geschichte von Erfindertum, Unternehmergeist und harter Arbeit, von dem Aufbau einer Metropole, vom Goldrausch der Gründerzeit und den harten Zäsuren des 20. Jahrhunderts. Das 2017 gegründete Touristische Netzwerk Industriekultur in Brandenburg will die einzelnen Orte in Beziehung setzen, Erfahrungen austauschen und Industriekultur als Urlaubserlebnis etablieren. Der gemeinsame Internetauftritt www.industriekultur-brandenburg.de, der 2018 online ging, war ein erster Meilenstein, Entdeckertouren mit Reisetipps für Radfahrer ein weiterer. Die meisten Standorte sind eng mit der Entwicklung Berlins zur Metropole verknüpft. Ohne die Ziegel, den Kalkstein und die Braunkohle aus Brandenburg wäre der rasante Aufschwung der Stadt undenkbar gewesen. Heute entführen die Industriekulturorte mit Ausstellungen, Rundgängen und Erlebnisangeboten in vergangene Zeiten. Die vier neuen Standorte stellen sich und ihre Winterangebote für die Zeit nach dem Lockdown vor.

Ziegelringofen Glindow Foto: Weirauch

arbeitender Hoffmannscher Ziegelringofen Glindow am Glindower See bei Potsdam, Foto: Weirauch

„Kathedrale des Kalks“: Museumspark Rüdersdorf

Rüdersdorf ist filmreif. Alte Anlagen eines Kalkwerkes und eine verlassene Chemiefabrik am östlichen Stadtrand von Berlin dienten als Kulisse in Produktionen wie „Der Medicus“, „Inglourious Basterds“ oder „Monuments Men“. Doch nicht nur Regisseure, auch Besucher sind fasziniert, wenn sie den Museumspark Rüdersdorf mit Rumfordöfen, Seilscheibenpfeiler und der beeindruckenden „Kathedrale des Kalks“, einer riesigen Schachtofenbatterie, betreten. Nirgendwo sonst auf der Welt findet man ein in dieser Vielfalt erhaltenes historisches Kalk- und Bergwerk wie hier. Auf dem 17 Hektar großen Gelände können ganz unterschiedliche historische Anlagen und Gebäude, mit denen Kalkstein aus dem angrenzenden Tagebau transportiert und verarbeitet wurde, besichtigt werden. Außerdem haben Besucher die Möglichkeit einen Blick in den Tagebau zu werfen, in dem noch immer Kalkstein für die Zementproduktion gewonnen wird. Bei ein- bis zweistündigen historischen Führungen erfahren sie wie Kalkstein einst gebrochen und gebrannt und wie Rüdersdorf zum Baustofflieferanten für das boomende Berlin wurde. Fossiliensammler können eine geologische Führung buchen. Mit dem Land Rover geht es in den Tagebau, wo die versteinerten Tiere des Trias-Meeres geborgen werden. Die Land-Rover-Tour führt ebenfalls zum Tagebau und gibt Einblicke in den Abbau von Kalkstein. Alle Führungen sind nach dem Lockdown nach Anmeldung möglich.  www.museumspark.de

Einzigartig: Schiffshebewerk Niederfinow

Es ist ein Koloss, ein Monument der Ingenieurstechnik, eine der eindrucksvollsten Maschinen in Deutschland: das Schiffshebewerk in Niederfinow. 14 000 Tonnen Stahl wurden für Deutschlands ältestes funktionsfähiges Hebewerk für Frachtschiffe verbaut. Die Schiffe werden an dieser Stelle des Oder-Havel-Kanals von der mächtigen Mechanik, Baujahr 1934, mitsamt dem Wasser, auf dem sie schwimmen, 36 Meter angehoben oder abgesenkt – in nur fünf Minuten. Gleich daneben entsteht ein ebenso beeindruckender, noch größerer Neubau aus Beton und Stahl, der 2021 in Betrieb genommen werden soll.

Altes und neues Schiffshebewerk Niederfinow Foto: Weirauch

Altes und neues Schiffshebewerk Niederfinow Foto: Weirauch

Niederfinow, ein 600-Einwohner-Dorf im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin nordöstlich von Berlin, besitzt ein im Land Brandenburg einzigartiges, denkmalgeschütztes Ensemble wasserbaulicher Anlagen und technischer Einrichtungen. Dazu zählen neben den beiden Schiffshebewerken der historische Hohenzollernkanal, der 400 Jahre alte Finow-Kanal, das Schiffshebewerk-Baustrom-Dieselkraftwerk und die historische Schleusentreppe.

Unvergesslich ist eine Fahrt mit einem Ausflugsschiff durch das alte Schiffshebewerk. Touren werden nach dem Lockdown voraussichtlich wieder vom Unterhafen, vom Oberhafen vor Ort sowie vom nahegelegenen Oderberg starten. Aber auch von der Aussichtsplattform des Schiffshebewerkes können Besucher dann täglich zwischen 9:30 und 17:30 Uhr die faszinierende Technik beobachten. Am Wochenende wird dies voraussichtlich im Rahmen einer einstündigen Führung möglich sein. www.niederfinow.de/schiffshebewerk

Hut ab: Stadt- und Industriemuseum Guben

Fast vergessen ist die glorreiche Vergangenheit von Guben als Huthauptstadt Europas. Das Stadt- und Industriemuseum Guben erzählt die unglaubliche Geschichte. Bis in die 1920er Jahre war Guben das Zentrum der europäischen Hutindustrie. Auf ihrem Höhepunkt zählte die Stadt in der Niederlausitz an der Neiße elf Hutfabriken, sieben Hutformenfabriken, zwei Maschinenfabriken und ein Hutstoffwerk. 1927 verließen zehn Millionen Hüte den Ort in alle Welt. Der rasante Aufstieg der heutigen deutsch-polnischen Doppelstadt Guben-Gubin war Carl Gottlob Wilke zu verdanken. Der Hutmacher entwickelte im Jahr 1854 aus Schafwolle einen witterungsfesten und formbeständigen Wollfilzhut. Wilkes Fabrik, der Ort, an dem alles begann, ist heute das Stadt- und Industriemuseum Guben. 14 moderne Ausstellungshauben, die von der Decke hängen und in die der Besucher eintritt, erzählen unter anderem von der Geschichte Gubens vor und nach 1945, von der Hut- sowie der Chemiefaserindustrie zu DDR-Zeiten und von der Hutproduktion. Beliebt sind vor allem eine virtuelle und eine echte Hutprobierstation sowie VR-Brillen, die digitale Begegnungen mit alten Handwerksberufen wie Hutmacher, Modist oder Reifendreher ermöglichen. Das Museum ergänzt seine Hutschau durch Sonderausstellungen. Nach dem Lockdown ist noch bis 10. Januar 2021 „Feuer & Flamme – Küchenalltag in Kriegs- und Friedenszeiten“ zu sehen. Themen sind die prekäre Versorgungslage im Ersten Weltkrieg, die Haushaltsführung nach NS-Ideologie, die Nachkriegszeit sowie die Wegwerfgesellschaft. www.museen-guben.de

Digitale Welten: ZCOM Zuse-Computer-Museum

Im Erdgeschoss eines elfgeschossigen DDR-Plattenbaus im sächsischen Hoyerswerda verbirgt sich ein Schatz: Hinter den gläsernen Türen des Hochhauses beginnt die Welt des ZCOM Zuse-Computer-Museums. Auf einer barrierefreien Ausstellungsfläche von knapp 1000 Quadratmetern widmet sich das Museum nicht nur dem Entwickler des ersten Computers, Konrad Zuse, sondern geht auch aktuellen Fragen zu künstlicher Intelligenz nach. Neben platzeinnehmenden Zuse-Computern finden sich winzige Mikrochips in der Dauerausstellung. Interaktive Stationen machen Abstraktes verständlich: An einer Taktkurbel können Besucher beispielsweise erleben, mit welcher Geschwindigkeit alte Computer aus den 1960er Jahren arbeiteten. Bis 31. Januar 2021 folgt das Museum in der Sonderausstellung „Der Computer & die DDR“ dem Entwicklungsweg der ostdeutschen Computertechnik. Die digitalen Rechenmaschinen galten in den 1960er Jahren als Gestalter der „wissenschaftlich technischen Revolution“ und damit als Mittel, dem Sozialismus zum Sieg zu verhelfen. Im Dezember gestaltet das Museum ein vielfältiges Adventsprogramm. So können Kinder und Jugendliche unter anderem Geschenke aus dem 3D-Drucker gestalten oder alte weihnachtliche Videogames ausprobieren. Informationen zum Programm und zur Anmeldung sind auf der Webseite ersichtlich. www.zuse-computer-museum.com

Glasmachersiedlung Glashütte

in der bis 1980 produziert wurde, ist in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden. Das fast vollständig erhaltene Ensemble der Glashütte und das dazugehörige Dorf zählen heute zu den bedeutendsten Industriedenkmälern Brandenburgs. Der Erhalt und die Weiterentwicklung des Glasmacherdorfes Glashütte ist ein Anliegen des Landkreises Teltow-Fläming und der am Standort tätigen Akteure.Glashütte Baruth

Das Gebäudeensemble der Glashütte beherbergt ein Museum mit Museumsshop. In zwei Dauerausstellungen können Besucher sich über die 300-jährige Standortgeschichte und die 3000-jährige Geschichte der Glasherstellung informieren. Ein Glasmacher führt sein Handwerk vor. Das Museumsdorf Glashütte mit den verschiedenen museumspädagogischen Angeboten, wie Führungen oder Glas selbst zu fertigen, ist insbesondere für Schulklassen ein spannendes Ziel für Projekttage und Ausflüge. Aber auch Gäste aus dem In- und Ausland besuchen das Museumsdorf Glashütte, gelegen in der Reiseregion Fläming und Mitglied im touristischen Netzwerk Industriekultur Brandenburg. Verschiedene Künstlerinnen und Künstler sowie Kunsthandwerkerinnen und -handwerker beleben mit ihren Angeboten und Ateliers das Museumsdorf.

Neuigkeiten aus dem Netzwerk

Das Stadtmuseum „Alte Burg“ Wittenberge, das sich in seiner Dauerausstellung der Nähmaschinenherstellung widmet, wird bis Februar 2021 eine Sonderschau zum 90. Geburtstag des Wittenberger Malers Helmut Felix Heinrichs zeigen. Im Ziegeleipark Mildenberg, der ab Mai 2021 öffnet, wird das alte Trafohaus öffentlich zugänglich sein. Eine neue Dauerausstellung erläutert die Funktionsweise und Bedeutung für das Zehdenicker Ziegeleirevier.

www.wittenberge.de,  www.ziegeleipark.de

Weitere Informationen über die Industriekulturstätten in Brandenburg und entlang der ENERGIE-Route Lausitzer Industriekultur

bietet die Website www.industriekultur-brandenburg.de

Hinweis zur aktuellen Situation:

Aufgrund der aktuellen sächsischen Corona-Schutz-Verordnung und der brandenburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung sind die Museen und Industriekulturorte derzeit geschlossen. Über die aktuelle Lage im Tourismus in Brandenburg informiert die Webseite www.reiseland-brandenburg.de. Welche Bestimmungen für Tourismusbetriebe und Kultureinrichtungen in Sachsen und Brandenburg gelten, darüber informiert der Tourismusverband Lausitzer Seenland auf seiner Seite: www.lausitzerseenland.de.

Quelle:  Tourismusverband Lausitzer Seenland e. V.

Weitere Informationen

  • Touristisches Netzwerk Industriekultur in Brandenburg
    Am Stadthafen 2 in 01968 Senftenberg
    info@industriekultur-brandenburg.de

Über Touristisches Netzwerk Industriekultur in Brandenburg:
Das Touristische Netzwerk Industriekultur in Brandenburg (www.industriekultur-brandenburg.de) setzt sich seit 2017 für den tourismusfachlichen Austausch der bedeutendsten Industriekulturorte im Bundesland ein, organisiert gemeinsame Marketingmaßnahmen und knüpft Kooperationen mit touristischen Partnern. Aktuell gehören zum Netzwerk: „Alte Ölmühle“ Wittenberge, Brandenburgisches Textilmuseum Forst (Lausitz), Landgut Stober, Kunstgussmuseum Lauchhammer, Museumsdorf Baruther Glashütte, Museumspark Rüdersdorf, Neue Energien Forum Feldheim, Optikpark Rathenow, Schiffshebewerk Niederfinow, Sender- und Funktechnikmuseum Königs Wusterhausen, Stadtmuseum „Alte Burg“ Wittenberge, Stadt- und Industriemuseum Guben, Schwartzkopff-Siedlung mit ehemaligen Werksgelände in Wildau, Ziegeleipark Mildenberg und ZCOM Zuse-Computer-Museum Hoyerswerda.

Ebenfalls Mitglied des Netzwerkes ist die ENERGIE-Route der Lausitzer Industriekultur mit ihren Stationen Besucherbergwerk F60, IBA-Terrassen – Besucherzentrum Lausitzer Seenland, Sächsisches Industriemuseum Energiefabrik Knappenrode, Brandenburgisches Landesmuseum für Moderne Kunst im Dieselkraftwerk Cottbus, Technisches Denkmal Brikettfabrik Louise, Erlebnis-Kraftwerk-Plessa, Biotürme Lauchhammer, Gartenstadt Marga, Elektroporzellanmuseum Margarethenhütte Großdubrau.

Hier geht es zum einzigen noch herkömmlich produzierenden Hoffmannschen Ziegelringofen

und

Hier befahren wir einige der wenigen Ziegelstraßen im Land Brandenburg

Hier ein Besuch von einfachraus.eu in der Brikettfabrik Louise in Domsdorf bei Wahrenbrück