Größe – das kann sowohl metrischer als auch geistiger Maßstab sein. Im Falle des Berliner Kanzleramtes geht es, vor allem im internationalen Vergleich, um die architektonischen Gegebenheiten. Mit dem Metrischen im Vordergrund. Denn das heute bereits überdimensionierte Gebäude soll in beträchtlichem Umfang erweitert werden. Obwohl das derzeitige Kanzleramt mit einer Nutzfläche von über 25 000 Quadratmetern bereits größer ist als beispielsweise das Weiße Haus in Washington oder auch Downing Street 10 in London, ist in Berlin ein „Anbau“ – offiziell: „Erweiterungsbau“ – von 270 Länge Meter geplant.  In dem Neubau, für den mindestens 550 Millionen Euro vorgesehen sind, sollen 400 Büros untergebracht werden.Berlin

Kanzleramt Berlin: Die größte Machtzentrale der Welt

Nachdem der Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin beschlossen worden war, gab es beim Bau des ja wahrlich imposanten Kanzleramtes von 1997 bis 2001 im Spreebogen die Überlegung, Platz für 410 Personen schaffen zu müssen – für die bevorstehenden Jahrzehnte. Welch ein Trugschluss!

Größe desKanzleramtes

Unter Angela Merkel arbeiten heutzutage mehr als 750 Beamte und Angestellte im Kanzleramt. Das hat zu geradezu chaotischen räumlichen Verhältnissen geführt, sind doch in Ein- und Zweipersonenbüros vielfach vier bis sechs untergebracht.  Hinzu kommt, dass weitere etwa 100 Beamte und Angestellte des Kanzleramtes im nahegelegenen Gebäude der Bundespressekonferenz oder auf der anderen Spreeseite im überdimensionierten Neubau des Bundesministeriums für Bildung und Forschung arbeiten müssen. „Das stellt die Arbeitsabläufe vor Herausforderungen“, resümiert Kanzleramtsminister Helge Braun.

Kanzleramt Berlin

Der geplante Anbau vervollständigt übrigens das sogenannte „Band des Bundes“, unter dem die Regierungsbauten im Spreebogen in Sichtweite des imposanten Hauptbahnhofs verstanden werden. Dieses illustre Ensemble beginnt mit der Bundespressekonferenz und den gegenüber liegenden Bundestagsneubauten „Jakob Kaiser“ und „Marie Elisabeth Lüders“ Die Krönung hier ist das aus Kaiserzeiten stammende Reichstagsgebäude,  Sitz des Deutschen Bundestages. Durch eine große Freifläche getrennt, begrünt und durch eine Vielzahl von Wasserspielen attraktiv aufgelockert, erhebt sich genau gegenüber das modernistische, absolut herausragende Kanzleramt der Architekten Axel Schulte und Charlotte Frank.

Reichstag Berlin

Steht man davor, wird sich der geplante Neubau in Blickrichtung nach Westen erstrecken, und zwar „geschlängelt“ wie ein Halbkreis. Der heutige Kanzlerpark wird damit erweitert, um etwa 270 Meter, eingerahmt von den mehrstöckigen Neubauten, die sich in eine „schwungvolle Kurve“, wie ein Kanzleramtsbeamter formulierte, letztlich gen Osten „winden“. Aufgelockert wird dieser „Schlauch“ durch neun fünfstöckige Wintergärten – Arbeiten im Grünen also. Hier entstehen zudem eine Kita für 12 bis 15 Kinder (266,5 qm), Kantinen und eine Gärtnerei. Dazu eine neue Kanzlerwohnung von 250 qm Größe, obwohl es eine etwas kleinere „Behausung“ (200 qm) für den Amtsinhaber schon im Altbau gibt – Klotzen scheint angesagt.

Shiffsfahrt im regieurngsviertel

Eine 22 Meter hohe runde Betonfläche am Anfang der Neubauten-Schlange wird zum wahren Blickfang – ein Landeplatz für Hubschrauber. Entsprechend neuestem Luftfahrtrecht gehört dazu auch eine Wartelobby und eine autonome Löschanlage. Zwei Brücken über die Spree verbinden Kanzleramt Neu und Alt. Eine existiert bereits, die zweite wird zweistöckig – für getrennten Fußgänger- und Fahrzeugbereich – und 176 Meter lang.

Um die Ausmaße noch einmal darzustellen: Das Kanzleramt ist schon heute mit über 25 000 qm die größte Regierungszentrale westlicher Demokratien, rund achtmal größer als Washingtons Weißes Haus, zehnmal größer als Londons Downing Street 10 und dreimal größer als der Elysee-Palast in Paris. Und aus diesen 25 000 qm sollen binnen der nächsten acht bis zehn Jahre – so die Planungs- und Bauzeit – mehr als 50 000 Quadratmetern werden.Blick auf das Bundeskanzleramt

Interessant in diesem Zusammenhang sind Zahlen, die Redakteure der Tageszeitung WELT zusammen getragen haben. Danach beschäftigte Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler, 150 Beamte und Angestellte, sein Nachfolger Ludwig Erhard brachte es bereits auf 219. Am Ende der Amtszeit von Kurt Georg Kiesinger waren es 260. Einen ersten großen Sprung gab es unter Willy Brandt – er stellte auf einen Schlag 400 neue Mitarbeiter ein. Und so ging es weiter. Aber, so die WELT: „Kein anderer Kanzler hat das Amt personell in einem Maße aufgerüstet wie Angela Merkel“.Berlin

Bleibt zu fragen: Hat sich das auch in außen- wie innenpolitischer Bedeutung und Entscheidungsfreudigkeit niedergeschlagen?

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