Am authentischen Ort, im Augusteum in Wittenberg, beleuchtet die Nationale Sonderausstellung „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“ der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt das Leben Martin Luthers aus verschiedenen Blickwinkeln. Sehenswert: Luther! 95 Schätze – 95 Menschen

Die Schau präsentiert bis zum 5. November 319 Exponate, die Leben und Wirken Martin Luthers veranschaulichen. Mit 95 Schätzen folgt die Ausstellung der Spur des jungen Mönches Luther und zeichnet seinen Weg zur Reformation nach. Mit 95 Menschen zeigt die Ausstellung Personen, deren Handeln durch Leben und Werk Martin Luthers beeinflusst wurden – von Caspar David Friedrichs Kreuz im Wald bis zu Winnetous Silberbüchse.

Der Anlass: 500-jährige Reformationsjubiläum 2017

Das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017 erinnert an Martin Luthers Thesenanschlag vom 31. Oktober 1517 und damit an den Beginn der Reformation. Wer, wenn nicht die Stiftung Luthergedenkstätten, sollte mit einer großer Ausstellung an Martin Luther (1483–1546) erinnern? 35 Jahre lebte der Reformator in der Stadt an der Elbe. Hier hielt er Vorlesungen vor Studierenden aus ganz Europa und verfasste die Schriften, die die Welt veränderten. Deswegen ist der Schauplatz der Nationalen Sonderausstellung die wichtigste Wirkungsstätte des Reformators: Wittenberg.

Im Wittenberger Augustinerkloster erfuhr Luther seine reformatorische Erkenntnis und verfasste dort seine 95 Thesen. In dem Gebäude, das heute als Lutherhaus zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und von der Stiftung Luthergedenkstätten betreut wird. Das Augusteum ist als ältester erhaltener Teil der Wittenberger Universität Bestandteil des Lutherhaus-Ensembles. Zudem gehören das Geburts- und Sterbehaus in Eisleben, Luthers‘ Elternhaus in Mansfeld und das Melanchthonhaus zur Stiftung Luthergedenkstätten.

Die Idee

Luther bewegte mit seinen 95 Thesen über den Ablass die Welt, das ist unstrittig. Doch die Fragen danach, wer dieser Mann war, der unter Lebensgefahr seinen ihn befreienden Glauben verteidigte, und wie er die aus einzelnen Menschen mit jeweils eigenen Anliegen bestehende Welt berührte, sind noch lange nicht ausreichend beantwortet. So oft diese Fragen in den letzten 500 Jahren auch gestellt wurden: Es lohnt sich, sie erneut aufzugreifen, die Quellen wieder einmal unter die Lupe zu nehmen und die Fragen unserer Zeit an sie heranzutragen. Dies ist der zentrale Aspekt der Ausstellung „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen.“ Die Ausstellung unternimmt einen Versuch der Annäherung. Können die Rezeptionsschichten aus fünf Jahrhunderten, die das historische Geschehen überlagern, abgetragen und beiseite gelegt werden? Ist es möglich, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was damals wirklich geschah?

Die Ausstellung

Die Ausstellung ist in zwei Teile gegliedert und präsentieren je 95 Exponate bzw. Exponatgruppen aus verschiedenen Kulturen und Epochen. Ein Teil der Exponate entstammt den reichen Beständen der Stiftung Luthergedenkstätten. Die Mehrheit der ausgestellten Objekte sind jedoch wertvolle Leihgaben, darunter viele von internationalen Leihgebern aus aller Welt – von Ungarn bis Schweden sowie aus den USA, Israel oder Argentinien. Der erste Teil der Ausstellung folgt der Spur des jungen Mönchs Martin Luder zum Weltveränderer Luther. Diese legt sie mit 95 Schätzen aus. Von dem Lindenholzrelief des heiligen Georg aus Luthers Heimatkirche in Mansfeld bis zu dem Schreibkasten, den Luther auf Reisen mitnahm, werden Objekte gezeigt, die Luther gesehen, gehört, berührt oder benutzt haben mag. Dinge, die ihn beeinflusst oder befremdet haben, Dinge, die er zur Kenntnis nahm: Bilder, Bücher, Artefakte, Musik, Klänge, Erfahrungen, die seine Welt konstituierten.

Der zweite Ausstellungsteil widmet sich 95 Menschen aus 500 Jahren und aller Welt, die von Luther und den von ihm angestoßenen Ideen bewegt wurden und werden. Martin Luther King, Ast-rid Lindgren, Sophie Scholl, Pier Paolo Pasolini und Steve Jobs sind nur einige Menschen, die deutlich zeigen: Luthers Wirkung ist vielfältig; er inspiriert und provoziert bis heute. Die Beziehung dieser Personen zu Luther veranschaulicht jeweils ein Gegenstand – Kunstwerk, Film, Brief, Kleidung, Waffe oder alltäglicher Gebrauchsgegenstand, von Caspar David Friedrichs Kreuz im Wald bis zu Winnetous Silberbüchse.

Porträt Martin Luthers aus dem Arbeitszimmer von Axel springer, 18.Jhdt., Foto: d.Weirauch

Porträt Martin Luthers aus dem Arbeitszimmer von Axel Springer, 18.Jhdt., Foto: Weirauch

Die Ausstellung ist ähnlich den Aufzügen eines Dramas strukturiert. Ihr Spannungsbogen richtet sich nach den drei existenziellen Seins- und Wirkweisen, die Luther selbst in seiner berühmten Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (1520) nennt: den „inwendigen“ Menschen, den „äußeren“ Menschen und den „Menschen unter Menschen“. So beleuchtet das erste Kapitel zunächst „Luthers innere Verwandlung“, die Zusammenhänge, Ereignisse und Umstände, die den Boden für den Thesenanschlag und die Entdeckung der reformatorischen Botschaft bereiteten.

Blick auf das Lutherhaus

Blick auf das Lutherhaus Foto: Weirauch

Im zweiten Kapitel „Luthers Weg in der Welt“ untersucht die Ausstellung die äußeren Faktoren, die Luthers Entwicklung beeinflusst haben. Hier wird nach dem konkreten historischen Umfeld gefragt, in dem Luther zum Reformator wurde. Der erste, 95 Schätzen gewidmete Teil endet an dem Punkt, an dem die reformatorische Botschaft in die Welt hinausgetragen wird. In den folgenden Kapiteln, „Zusammenleben“, „In der Welt sein“ und „Das innere Dasein“, wendet sich die Ausstellung 95 Menschen zu, die Luther folgten. Vom Gesellschaftlichen bis ins Innere also bewegt sich die Suche nach Luthers existenzieller Wirkung auf das Individuum in seinem sozialen Verhalten, in seinem Verhältnis zur Welt und in seinem Inneren – vom 16. Jahrhundert bis heute. Gestaltet wurde die Ausstellung durch die Berliner Agentur „Studio Neue Museen“ unter der Leitung von Andreas Haase, kuratiert wurde sie von Dr. Dr. Benjamin Hasselhorn, Mirko Gutjahr, Catherine Nichols und Dr. Katja Schneider.

Die Mitmach-Ausstellung

Die Stiftung Luthergedenkstätten lädt Jugendliche und Kinder, aber auch Erwachsene zur aktiven Teilnahme ein. In der Mitmach-Ausstellung „Der Mönch war’s!“ können sie sich auf eine Zeitreise in das Wittenberg des 31. Oktober 1517 begeben und auf eigene Faust den Spuren Luthers durch die Stadt folgen. Geführt durch Luthers Hund Tölpel begeben sich die Besucherinnen und Besucher auf die Spur seines Herrchens am Tag des Thesenanschlags. Dicht auf seinen Fersen folgen sie ihm durch die Stadt zur Thesentür. Mittels Video, Klang, Geruch, Bild, Sprache, Musik und Erzählung schaffen die hier in Szene gesetzten Momente ein vielschichtiges Bild des Mönches Martin Luther, der Stadt Wittenberg und der Ereignisse des 31. Oktober 1517.Wittenberg

Jeder der acht Schauplätze, darunter Kloster, Universität, Schlosskirche und Markt, fordert eine unterschiedliche Art der Partizipation. Je nach Vorliebe können die Teilnehmenden etwa Thesen stempeln und anschlagen, sich als Mitglied des kurfürstlichen Hofstaats verkleiden oder auf einem Postbotenpferd Richtung Magdeburg reiten. Der Parcours wurde gemeinsam mit dem Gestalter Klemens Kühn und in Kooperation mit dem Alice – Museum für Kinder im FEZ-Berlin erarbeitet.

Cover: Hirmer Verlag

Der Katalog ist im Hirmer Verlag erschienen, kostet in der Ausstellung 29,90 Euro (auf Deutsch und Englisch, im Buchhandel 39,90 Euro).

Das Kinderbuch „Der Mönch war’s“

Zur Mitmach-Ausstellung erscheint das Kinderbuch „Der Mönch war’s!“, das durch bunte Illustrationen von Ulli Grötz und einer modern aufbereiteten Geschichte von Nikola Mirza besticht. Die Kinder Emma und Noah, moderne Kids von heute, fallen während einer U-Bahnfahrt in einen tiefen Schlaf und begeben sich mit dem Hund Tölpel auf eine Zeitreise, die dem Parcours der Mit-mach-Ausstellung folgt. Wissbegierige Leseratten erwartet 63 Seiten Spannung und kindgerechte Heranführung an ein historisch wichtiges Ereignis. Für 12,80 Euro ist das Buch in der Ausstellung zu erwerben.

  • Öffnungszeiten
  • „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“ und „Der Mönch war’s!“, bis 5. November 2017, täglich 9 bis 18 Uhr
  • Augusteum/ Wittenberg, Collegienstr. 54, 06886 Lutherstadt Wittenberg
  • Melanchthonhaus Wittenberg, in Luthers Geburtshaus/ Luthers Sterbehaus in Eisleben
    sowie in Luthers Elternhaus in Mansfeld)

Weitere Ausstellungen zu Luther und die Reformation

Neben der Wittenberger Ausstellung gibt es zwei weitere Nationale Sonderausstellungen: Das Deutsche Historische Museum in Berlin präsentiert im Martin-Gropius-Bau die Schau „Der Luthereffekt“ (bis 5. November 2017), auf der Wartburg in Thüringen ist die Ausstellung „Luther und die Deutschen“ (bis 5. November 2017) zu sehen. Laut Stefan Rhein, Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, zeigt die Ausstellung in Wittenberg das Individuelle aus dem Umfeld Luthers, wohingegen die Nationale Sonderausstellung in Berlin sich auf das Globale konzentriere und die Ausstellung auf der Wartburg in Eisenach die nationale Wirkung Luthers in den Fokus nehme.

Die Wartburg - Essenz deutscher Geschichte, Foto: D.Weirauch

Die Wartburg – Essenz deutscher Geschichte, Foto: D.Weirauch

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