Ein großes Jubiläum steht bevor: Am 24. Januar 2012 jährt sich der Geburtstag Friedrichs des Großen zum 300. Mal.
Bis dahin werden viele Bücher über den Monarchen, der schon seinen Zeitgenossen viele Rätsel aufgab, erscheinen.
War Friedrich der Große schwul ?
Mit dem jetzt im Herder-Verlag erschienenen biografischen Porträt gelang dem Münchner Historiker Wolfgang Burgdorf ein fulminanter Einstieg in die populäre Darstellung des Königs.
Privatdozent Burgdorf schildert in mehr als 20 kurzweilig geschriebenen Kapiteln
(u.a.: “Die Tyrannei des Königs wird immer schlimmer“, „Madame sind korpulenter geworden“, „Das `Lust-Haus`zu Potsdam“ und „Man sieht selten solche Fürstinnen wie sie“ eindrucksvoll das Leben eines zwischen Sehnsucht und Zynismus Zerrissenen.
Der Autor räumt gründlich auf mit Tabus und Halbwahrheiten über die umstrittene Homosexualität des Königs. Ständig wird darüber in diversen Foren diskutiert. Selbst Sportlehrer geben dazu ihren Kommentar ab, wie ein User auf https://www.gutefrage.net/frage/war-friedrich-der-grosse-schwulschreibt.
Im Kapitel „Seien sie moralisch, o seien sie moralisch!“ sucht der 1962 geborene Burgdorf den Hauptgegensatz zum rabiaten Vater, dem auch Soldatenkönig genannten Friedrich Wilhelm I. u.a. in des Kronprinzen Friedrich sexueller Orientierung zu erklären. Burgdorf schreibt: „Wenn Friedrich Wilhelm während Friedrichs Küstriner Zeit wiederholt wünschte, dass sein Sohn „dem Satan aus den Klauen gerissen werden“ solle, scheint es dabei nicht allein um die Prädestinationslehre gegangen zu sein.“
Homosexualität, damals als Sodomie bezeichnet galt als schwere Sünde und wurde vielerorts, wie im benachbarten Schweden, noch mit dem Tod bestraft. Friedrich, so recherchierte Burgdorf, war mit seiner Neigung keineswegs allein. Einige seiner Standesgenossen teilten die Veranlagung: Eduard II. von England, Heinrich III. von Frankreich, Wilhelm III. von Oranien-Nassau, Statthalter der Niederlande und in Personalunion König von England, Schottland und Irland, Prinz Eugen, Friedrichs Vorbild als Heerführer, sein Bruder Prinz Heinrich oder Friedrich, der spätere König von Württemberg…..
Sachlich beschreibt Burgdorff in chronologischer Reihenfolge u.a. die königlichen Vorleser und die „homophile Entourage“ am Hof.
Überraschend auch bisher weitgehend unbekannte Details über das manchmal nicht unkomplizierten Verhältnisses Friedrichs zu seinen Liebes-Gefährten, von Grobheiten und Verletzungen bis hin zu Selbstmorden bei Verstoß durch den König, ist da zu lesen.
Für die Friedrich-Forschung hält das janusköpfige Wesen des Königs, zu dessen Tafelrunde im Weinbergschloss Sanssouci, vor allem männliche Gäste anwesend waren, noch so manche Überraschung bereit. Auch dass der König nicht so ein Frauenhasser war, wie oft beschrieben. Er konnte, so der Biograf auch äußerst charmant sein.
Wolfgang Burgdorf: Friedrich der Große
Bis in die Gegenwart scheuen sich viele Geschichtswissenschaftler, die Neigung Friedrichs zu Männern zu thematisieren. Als ob ein schwuler Herrscher eine Schande wäre, als ob die Homosexualität Friedrichs seine historische Größe schrumpfen würde. Oliver Das Gupta schreibt in der Süddeutschen Zeitung u.a.: “ Der Historiker Johannes Kunisch etwa beharrt darauf, dass es „keinen ernstzunehmenden Hinweis“ auf seine Homosexualität gebe. Eine gewisse Empörung ist manchen Autoren durchaus anzuermerken: „Sind heutige Schulmädchen, die sich, wie es in Mode gekommen ist, zur Begrüßung auf den Mund küssen, gleich Lesben?“, fragt der Journalist Tom Goeller in seiner Abhandlung Der Alte Fritz.“ Die Diskussion geht weiter….
Ein biografisches Porträt, Herder Verlag Freiburg, 12,95 Euro, ISBN 978-3-451-06328-2, erhältlich auch bei AMAZON
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