Einem aufgeblättertem Geschichtsbuch und Architekturführer gleicht ein Spaziergang entlang der prächtig restaurierten Villen in der Villenkolonie Neubabelsberg am Griebnitzsee in Potsdam. Ausgangspunkt für den Streifzug zu den Villen, ein Großteil wurde für die an der Potsdamer Konferenz von Juli bis August 1945 im Schloss Cecilienhof anwesenden Regierungschefs  der USA, England und der Sowjetunion und ihrer Delegationen an der Karl-Marx-  und Virchow-Straße geräumt, ist der Bahnhof Griebnitzsee an der Rudolf-Breitscheid-Straße.

S-Bahnhof-Griebnitzsee, Foto: D.Weirauch

S-Bahnhof-Griebnitzsee

Villen gucken in Babelsberg

Truman Villa – heute Naumann-Stiftung

Erste Station ist die Karl-Marx-Straße 2. In der 1891/92 für die Verlegerfamilie Carl Müller-Grote errichteten Villa residierte der amerikanische Präsident Harry S. Truman. Seit 1998 ist die Friedrich-Naumann-Stiftung Eigentümerin des Gebäudes. Im Garten ließ die der FDP nahestehende Stiftung Anfang der 2000er Jahre einen Büro-Flachbau errichten.

Die Trumanvilla, Foto: D.Weirauch

Die Trumanvilla in Babelsberg, Foto: D.Weirauch

Churchill Villa

Wenige Schritte weiter, an der Virchowstraße 23, steht „Haus Urbig“, eine von drei Bauten des berühmten Architekten Mies van der Rohe in der Villenkolonie Babelsberg. Während der Potsdamer Konferenz wohnten die britischen Premiers Winston Churchill und Clement R. Atlee in der zwischen 1915 und 1917 für den jüdischen Bankier Franz Urbig errichteten Villa. heute gehört die Villa dem SAP-Unternehmer und Potsdamer Mäzen Hasso Plattner (Palais Barberini).

Villa Urbig, Virchowstraße 23, wurde von Ludwig Mies van der Rohe geplant, Foto: Weirauch

Villa Urbig, Virchowstraße 23, wurde von Ludwig Mies van der Rohe geplant, Foto: Weirauch

Stalins Domizil

Auf dem Weg Richtung  Stalin-Villa kommen wir an weiteren interessanten Gebäuden vorbei. In einigen von ihnen wohnten Stars der benachbarten  Filmstadt Babelsberg, in anderen Industrielle aus Berlin. Leider können nicht mehr alle Villen vom ab 1990 direkt am Griebnitzsee entlangführenden Uferweg besichtigt werden. Denn von der Wasserseite aus sind die Villen am schönsten. Seit einigen Jahren sind Teile des Weges wegen Eigentumsstreitigkeiten gesperrt. Und es hat allen Anschein, dass es ewig so bleiben wird.

Fast am Ende der Karl-Marx-Straße Richtung Babelsberger Park eine weitere Berühmtheit: die „Villa Herpich“, heute Sitz des Bauindustrieverbandes. In das 1910/11 von Alfred Grenander für den Teppichfabrikanten Paul Herpich errichtete Haus zog 1945 während der Potsdamer Konferenz Stalin ein.

Die sogenannte Stalinvilla in Babelsberg, Foto: Weirauch

Die sogenannte Stalinvilla in Babelsberg

Sehenswert: Villa Sarre

Gegenüber wandern wir den Bergweg hoch und stehen in der Spitzweggasse 6 vor der „Villa Sarre“. Die Turmvilla ließ sich Friedrich Sarre 1906 bauen und gestaltete sie ganz nach seinen Interessen als Kunsthistoriker und Archäologe. In einem Arkadengang unter dem Walmdach ist ein zwölf Meter langer Löwenfries aus blauen Kacheln zu sehen. Das Original befindet sich im Berliner Pergamonmuseum. Mit dem kleinen Landhaus in der benachbarten Nummer 3 gab Ludwig Mies van der Rohe sein Debüt als Architekt.

Villen der Stars

Übrigens blieb nach dem Ende der Potsdamer Konferenz die Rote Armee in Babelsberg und zäunte das Viertel ein. Als sich 1952 die Sowjets zurückzogen, lag die Villenkolonie mitten im Grenzgebiet der damaligen DDR und durfte nur mit einem besonderen Ausweis betreten werden. Kindergärten und Behörden zogen in die Gebäude ein, auch Einrichtungen der Stasi.  Aber auch die Filmstudenten und ihre Professoren. In elf Häusern, darunter die Urbig-Villa und das Haus Wentzel-Heckmann, residierte beispielsweise die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“.

Weitere sehenswerte Villen

Nach der Wende erhielten die Alteigentümer beziehungsweise deren Erben die Gebäude in meist desolatem Zustand zurück, verkauften die Villen oder ließen sie denkmalgerecht sanieren. Regelmäßig veranstalten Reiseführer Wanderungen zu den Villen der Teilnehmer der Potsdamer Konferenz sowie zu den Villen der berühmten Schriftsteller, Verleger, Filmgrößen, Maler und Künstler. Heinz Rühmann, Marika Rökk, Marlene Dietrich, Fritz Lang, Hans Albers, Asta Nielsen, Angelica Domröse und Winfried Glatzeder hatten dort ihr Zuhause.

Wo Erich Kästner den „Münchhausen“ schrieb

Babelsberg Villen Potsdam Griebnitzsee

Landhaus Gugenheim , Architekt war Hermann Muthesius

Hermann Muthesius baute das Landhaus Guggenheim Johann-Strauß-Platz 11 (früher Rathausstraße 6) in den Jahren 1921/22 für den Seidenfabrikanten Hans Guggenheim. Hier soll Brigitte Horney, der das Haus einige Zeit gehörte (das ist wieder eine andere Geschichte), dem Schriftsteller Erich Kästner (1899-1974) im Jahr 1942 ermöglicht haben, unter dem Pseudonym Berthold Bürger das Drehbuch für den UFA-Film „Münchhausen“ zu schreiben. Trotz seiner regimekritischen Haltung der der öffentlichen Verbrennung seiner Bücher am 10. Mai 1933 blieb er in Deutschland und war unter Pseudonym sehr erfolgreich als Theater- und Drehbuchautor tätig. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung durfte er unter dem Namen Berthold Bürger das Drehbuch für den UFA-Streifen Münchhausen mit Hans Albers in der Hauptrolle verfassen. In den Neubabelsberger Jahren entstanden hier auch seine wenig bekannten Kriegstagebücher. Kästner hielt sich mehrfach in Neubabelsberg auf, möglicherweise auch wegen seiner Lebensgefährtin Liselotte Enderle (1908-1991), die von 1943-1945 bei der UFA als Dramaturgin tätig war.

Villen Babelsberg Potsdam

Vorderhaus der Villa „Wentzel-Heckmann“ Virchowstraße 25

Villa Babelsberg Griebnitzsee Villen

Villa Lademann (oft auch „Rühmann-Villa genannt), wurde im englischen Tudorstil vom Architekten  Gustav Lilienthal (1849–1933), dem jüngeren Bruder von Otto Lilienthal, im Jahr 1895 erbaut.

Villa von Marinemaler Saltzmann

Villa des Marinemaler Saltzmann, vom Unternehmer Jörg Thiede denkmalgerecht restauriert, danach verkauft.

Villa Stülpnagel

Villa Stülpnagel mit Sonnenuhr

Villa Babelsberg Potsdam

Die einstige Villa von Arnim

Entkernt und mit Eigentumswohnungen versehen

Entkernt und mit Eigentumswohnungen versehen: Villa Quandt

Hier lest ihr mehr über die Kultur- und Sozialgeschichte der Villen am Griebnitzsee