Die nächste Kreuz- oder Flussschifffahrt ist noch weit entfernt. Die Sehnsucht danach vergeht nicht. Wie gut, dass es seit kurzem in Wismar, an der Ostsee in Mecklenburg-Pommern gelegen, ein neues Hotel – Radisson Park Inn – gibt. Es ist ein originelles Hotel, denn es besteht aus lauter Schiffskabinen.Wer bisher noch keine Kreuzfahrt unternommen hat, sollte sich zuvor hier einmieten. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Auf der einen Seite lernt man das Gefühl kennen, in einer Schiffskabine einen Kurzurlaub zu verbringen, auf der anderen Seite lernt man das Kreuzfahrtkonzept kennen, vom Hotel aus Stadt, Land und Leute kennenzulernen.

Park Inn by Radisson Wismar

Wir jedenfalls waren begeistert von dem Konzept: ein Hotel aus Kreuzfahrtkabinen (eine Kostprobe auf die 2021 in Wismar vom Stapel laufende Global Class -Serie der Reederei Genting). Der Eindruck war überwältigend. Das Hotel hat uns mit seinem Design, seiner Lage, dem freundlichen Mitarbeiterteam und vielen angenehmen Überraschungen eine Überraschung beschert. Und, das will ich nicht verschweigen: unsere Lust auf eine nächste Kreuzschifffahrt vergrößert.

Vom Parkplatz sind es nur wenige Schritte bis zur Rezeption, wo uns am Samstag Lisa Ruhrig, die Sales und Revenue Managerin, empfing. Wir checken schnell ein und wie wir es von anderen Radissonhotels kennen, wir werden auch auf das Zimmer begleitet.

Wismar Radisson

Freundlich und kompetent: Lisa Ruhrig, die Sales & Revenue Managerin, Foto: Weirauch

Vorbei an der lichtdurchfluteten offenen Bar-Lounge und dem Restaurantbereich gelangen wir zum Fahrstuhl und fahren hinauf in unser Hotelzimmer. Der Flur erstrahlt in weiß, ist breiter als auf den bislang kennengelernten Kreuzfahrtschiffen. Links und rechts des Ganges liegen die Hotelzimmer. Man erkennt die Befestigungsarmaturen, mit denen die „Schiffskabinen“ in den Hotelkörper eingefügt wurden. Wir sind schon gespannt auf unsere „Kabine“. Die codierte Zimmerkarte öffnet uns die Tür, wir treten ein und haben tatsächlich das Gefühl, eine Schiffskabine betreten zu haben. Wow! Knapp 20 Quadratmeter groß, 7,80 Meter lang und 3 Meter breit.

Wismar Radisson

Auf der linken Seite: Schrank, Kühlschrank mit Minibar, darüber Ablage mit Kaffeemaschine und Geschirr, Schreibtischplatte mit Container, darüber großer Fernseher an der Wand. Auf der rechten Seite liegt die Sanitärfront mit separater Toilette und Bad mit Dusche und Waschbecken. Das Doppelbett mit Nachttischablagen dominiert die Kabine Zimmer, vor dem der Tür gegenüberliegenden großen französischen Fenster steht ein großer Sesselstuhl und lädt zum Lesen oder Ausblick ein.

Blick auf die Halle von MV Wreften vom Radisson park inn aus

Blick auf die Halle von MV Werften vom Radisson park inn aus

Unser Blick aus dem Fenster geht über den Parkplatz hinweg zur Altstadt, der Alte Hafen liegt nur ein paar Schritte entfernt. Schaut man nach links aus dem Fenster, erkennt man den im Umbau zum Wohnschiff befindlichen Luxusliner Super Star. Libra. Wir sind sehr zufrieden. Das zurückhaltende Farbkonzept, die Schwarzweißfotografie mit Blick auf den Alten Hafen, das moderne Design der Zimmerausstattung gefällt uns.  Park Inn by Radisson WismarAuch das funktionale Design der Duschkabine überzeugt, die Dusche ist mit zusätzlicher Regendusche ausgestattet und verfügt erstaunlicher Weise über ausreichend Platz. Originell auch die Leiste für eine „Beindusche“. So etwas haben wir noch nie gesehen auf einem Schiff.

Wismar Radisson

Genügend Ablagen, um unsere Wasch- und Kosmetikutensilien „seefest“ unterzubringen. Nichts kann bei „unruhigem Seegang“ hinunterfallen, da die Ablagen oberhalb des Waschbeckens mit Streben versehen sind. Und es gibt genügend Haken und Halterungen für die Handtücher. Klar, auch ein Fön darf nicht fehlen. Aber auch an eine ausziehbare Wäscheleine für z. B. Badeanzug wurde gedacht. Herz, was willst du mehr … Da sehen wir gern über den begrenzten Platz in der Toilette hinweg. Ist eben alles wie auf einem Kreuzfahrtschiff  der Global Class.

Uns begeistern auch die vielen Steckdosen (9 sind es genau) und die schon vorgefertigten Anschlussbuchsen für Ladestationen für Handys, I-Pads u. ä.. Und es gibt ein Touch- Modul für die Lichtsteuerung. RGB – Rot-Grün-Blau – das richtige Licht für die richtige Stimmung in der Schiffskabine. Die Lichtkonsole ist bequem vom Bett aus zu bedienen. An alles ist gedacht oder doch nicht? Das Hotel ist ja erst einige Wochen am Markt und an so manches Ergänzung im Service werde noch gearbeitet, erzählt Managerin Lisa Ruhrig. Dazu gehöre eine „Hausmappe“ für das Zimmer, in dem wir gewöhnlich Hinweise für den Aufenthalt im Hotel finden und manchmal auch Prospekte mit Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wegen schlechten Wetters  verschieben wir unseren Stadtrundgang auf den nächsten Tag und stöbern stattdessen noch ein wenig im Hotel herum. Treffen im Erdgeschoss auf den kleinen Sportbereich. Hier kann sich jeder an den Maschinen austoben, auf Wunsch kann auch ein Personaltrainer geordert werden. Einen Spa-Bereich mit Sauna gibt es leider nicht. Das ist schade, denn das nasse Herbstwetter draußen, ruft nach der wärmenden Sauna. Nun gut, das Radisson park Inn Wismar Hotel ist eben kein Kreuzfahrtschiff. Vielleicht lässt sich in einer späteren Ausbauphase (Wismar braucht dringend gute Hotels) eine Sauna einbauen !

Abendessen und Cocktailbar

Aber wie auf einem Schiff kann man im Radisson Park inn sehr gut  Abend essen. Das Ambiente weist ein klares Design auf. Zarte Blumen auf den Tischen lenken die Blicke weg von den Rohren an den Decken. Pflanzen, Raumteiler aus Holz an der Seite und die große Fensterfront schaffen eine helle und angenehme Atmosphäre. Es geht leise zu, kein Geklapper und Getöse oder laute Gespräche. Der Service mit Rebecca Mruck ist aufmerksam und flink. So nebenbei erhalten wir gleich noch einige Tipps für den am darauffolgenden Tag geplanten Stadtbummel. Auch das Abendessen war ein Genuss. Täglich gibt es eine Tagessuppe (7 Euro) und ein Hauptgericht (18,50 Euro). Wer sein Menü selbst zusammenstellen will, hat die Auswahl von mehreren Komponenten. Für das Hauptgericht z. B. stehen Fisch oder Fleisch zur Auswahl, dazu wählt man aus verschiedenen Gemüsesorten (z. B. Brokoli, Austernpilze, gebratenen Kürbis, Kartoffelmus, Röstkartoffeln usw.) seine Komponenten.

Dank der guten Beratung durch Rebecca Mruck entschieden wir uns, als Vorspeisen für ein Wrucke- und ein Pfifferlingscremesüppchen. Als Hauptgericht kamen Butterfisch und Lachs, dazu Brokoli und gebratener Kürbis auf den Tisch. Alles war sehr lecker und gut angerichtet, denn das Auge isst mit. Zum Abschluss gab es einen Espresso. Wir waren rundum zufrieden. Toll finden wir die Bar. Und sind dann schnell bei den lecker zubereiten Cocktails gelandet.

Park in Wismar

Rebecca Mruck und Barkeeperin Angelina freuen sich auf die Gäste, Foto: Weirauch

Ein Abendspaziergang im Alten Hafen schloss den Tag ab.

Am nächsten Morgen: Stadtbummel

Der nächste Tag begann mit einer Tasse Kaffee mit Blick auf die Altstadt. Nach einem ausgiebigen Frühstück, es fehlte nichts, alles war appetitlich angerichtet. Frisches Brot und Brötchen, Komponenten für ein gesundes Müsli, verschiedene Käsesorten, Räucherlachs, Eierspeisen, verschiedene Wurstsorten, Tomaten, Mozarella, Obst – für jeden dürfte etwas dabei sein. Filterkaffee aus der Thermoskanne oder selbst „gezapft“ an der Kaffeemaschine, verschiedene Teesorten, individuelle Wünsche wurden schnell erfüllt. Auszubildender Moritz bediente schnell, freundlich und aufmerksam.  Wir freuten uns auf eine Stadtbesichtigung von Wismar. Zunächst bummeln wir zum Hafen. Wir haben Glück, eines der am Kai liegenden Adlerschiffe legt in wenigen Minuten zu einer einstündigen Hafenrundfahrt ab. Vorbei an alten Hafengebäuden, von denen der größte Teil schon restauriert und z. B. als Ferienwohnungen genutzt wird, erkunden wir die Hafengegend.Wismar Altstadt UNESCO

Auch das Baumhaus mit den davorstehenden zwei Schwedenköpfen, Herkulesbüsten in barocker Bemalung, ist ein schöner Blickfang. Die Originale standen einst auf Dalben in der Hafeneinfahrt in Höhe von Wendorf. Herkunft und Bedeutung sind nicht eindeutig belegt. Nachgewiesen ist, dass 1672 ein Pfahl, der äußerste der Hafenbegrenzung, als „Schwede“ bezeichnet wurde und dass Anfang des 19. Jahrhunderts zur Erinnerung an die Schwedenzeit die beiden Köpfe aufgesetzt worden waren.

https://www.einfachraus.eu/wismar-schlafen-im-kreuzfahrtkabin

Man vermutet, dass die Originale einst als Ruderköpfe zum plastischen Heckschmuck eines Schiffes gehörten. Auf dem davorliegenden restaurierten Segelschiff kann man beim Landgang einen Glühwein genießen. Wismar glänzt mit mittelalterlicher Backsteingotik, einer historischen Altstadt, die aufwendig restauriert wurde, und imposanten Bürgerhäusern – zu Recht wurde die Stadt von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommen.

Im Seehafen zeugen moderne Krananlagen, dass hier wieder Güter wie Holz umgeschlagen werden. Einige  kleinere Kreuzfahrtschiffe, wie die MS Berlin von FTI,  gehen im Jahr auch hier vor Anker und bringen viele Gäste in die Stadt. Am Wendorf stehen einige Besucher auf der längsten Seebrücke Mecklenburg-Vorpommerns und winken unserem Schiff zu. Die „Schwedenköpfe“ links und rechts der Fahrrinne auf Dalben stehend, erinnern wohl auch an die Zeit, als Wismar zu Schweden gehörte (1648 – 1803). Im Blick voraus liegt die Insel Poel mit Timmendorf, im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel, da man am Timmendorfer Strand baden gehen kann.

Auf unserer Schiffstour passieren wir auch die MV Werft Wismar, in der gegenwärtig das Kreuzfahrtschiff Global Class der Firma Genting gebaut wird. Gegenwärtig ist man auch mit dem Ausbau der Kaianlage auf 300 Meter Länge beschäftigt. Im November kommt das Mittelteil des ersten Schiffes aus Rostock hierher, um es um Heck und Bugteil zu komplementieren. Und um die Schiffskabinen, die hier in Wismar gebaut wurden, in den Schiffskörper einzufügen. Ein Genting – Kreuzfahrtschiff erhält hier seinen letzten Schliff, bevor es dann 2021 von hier aus nach Asien gehen wird.

Wismar

Die Schiffstour ging schnell vorbei, im Anschluss bummelten wir noch ein bisschen im Hafen herum, schleckten Eis, blickten in die Eventhalle zum Trödelmarkt, und legten bei den Fischkuttern eine kleine Pause ein, um ein Fischbrötchen zu essen.

Wismar Unesco

Was sollte man sich in Wismar noch ansehen?

Gesehen haben muss man in der Hansestadt Wismar den Marktplatz, der einer der größten in Norddeutschlands ist, mit dem klassizistischen  Rathaus, der Wismarer Wasserkunst und dem Bürgerhaus „Alter Schwede“, um 1380 erbaut. Ganz in der Nähe liegt ein viergeschossiger Jugendstilbau (Krämerstraße/Ecke Lübsche Straße), der das Stammhaus der Karstadt AG ist. Rudolph Karstadt begründete hier 1881 mit nur einem Angestellten sein späteres Imperium. UNESCO Wismar

Weitere Sehenswürdigkeiten sind die Innenstadtkirchen – Marienkirche, St. Nikolaikirche und Georgenkirche – als Zeugnisse norddeutscher Backsteingotik prägen sie das Stadtbild Wismars.

Der warme rote durch den Sonnenschein zum Strahlen gebrachte Backstein und die Orgeltöne aus der Nikolaikirche ziehen uns an diesem Sonntag in das imposante Kirchengebäude. Ihre ungewöhnlichen steilen Proportionen ziehen die Blicke in die Höhe. Und so freuen wir uns, den letzten Gewölberundgang der Saison mitzumachen.

Wismar UNESCO

Es geht nicht in die Tiefe, sondern 95 Stufen hoch in das Seitengewölbe der unbeschädigt durch die Kriegszeiten gekommenen Kirche. Sie ist nach St. Marien die zweithöchste Backsteinbasilika der Welt und gilt als deren Nachfolgebau.

Die Nikolaikirche liegt an der Grube (Frische Grube, Mühlengrube). Sie ist eine der ältesten künstlichen Wasserläufe Deutschlands, die durch eine Stadt führen. Über den Mühlenteich, den Wallensteingraben und den Lostener See verbindet sie den Schweriner See mit der Ostsee. Im 13. Jahrhundert angelegt, diente die Grube lange Zeit zur Trink- und Brauchwasserversorgung der Stadtbewohner. Ihr Wasser trieb Mühlräder an und war Löschwasserreservoir. In der Nähe der Nikolaikirche führt die Schweinebrücke über die Frische Grube. Auf vier Brückenpfeilern zeigen sich die Schweine von ihren besten Seiten in verschiedenen Positionen. Die blanken Stellen an ihren Bronzekörpern zeigen, dass sie oft von den Menschen berührt werden, erhofft man so ein bisschen Glück zu erhaschen? Egal, auch wir streicheln die Schweine, fühlen uns ein bisschen wie kleine Kinder …

Hinter historischen Mauern befindet sich das Stadtmuseum von Wismar

Hinter historischen Mauern befindet sich das Stadtmuseum von Wismar

Leider im Regen: der Markplatz von Wismar

Leider im Regen: der Markplatz von Wismar

Wismar UNESCO WElterbe

Wandert man den Frische Graben hinunter, gelangt man zum Lohberg, einem malerischen Platz in der Nähe des Alten Hafens. Hier stehen farbenprächtige Lagerhäuser und Speichergebäude, in denen sich Restaurants und Kneipen befinden, wie zum Beispiel im alten Brauhaus die Brauhausgaststätte.

Durch das Wassertor gelangen wir wieder zum Alten Hafen.

Wismar Es ist das letzte von fünf Stadttoren, die in einer vier Meter hohen Stadtmauer eingebunden waren. Das Tor zur Stadtseite weist noch einen typischen spätgotischen Stufengiebel auf, der um 1600 erbaute Nordgiebel zeigt sich als Dreieck. Auf dem Boden weist eine Tafel darauf hin, dass der Stummfilmregisseur Friedrich Murnau für seinen „Dracula“-Film das Tor als Filmkulisse nutzte.

Die seit 2002 zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende Hansestadt ist für uns die Überraschung. Klein, fein, liebenswert, sauber, an diesem Herbsttag touristisch nicht überlaufen, strahlte sie uns an, wir fühlten uns in ihren Bann gezogen. Und werden sicher wieder kommen. Vielleicht 2021, wenn das Schiff vom Stapel läuft? Und dann übernachten wir natürlich wieder im Radisson Park Inn Wismar. Wir kennen aussergewöhnliche Hotels auf der ganzen Welt: Baumhotel, Bergwerkshotel, Gefängnishotel, Speicherhotel…aber ein Festland-Kreuzfahrt-Hotel, komplett bestehend aus Kreuzfahrtkabinen, das ist sicher weltweit einmalig.

Wismar

eine schmale Straße trägt den skurrilen Namen

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