Ein Fischer, der nicht angelt? Denn ein Fischer fischt mit Geräten, beispielsweise mit Reusen oder Schleppnetzen. Eine Angel gehört nicht zu seinen Utensilien. „Das wäre mir zu langweilig“, sagt Fischermeister Jürgen Hafa lachend schon am frühen Morgen als wir mit dem Boot raus auf den Beetzsee im Norden der Stadt Brandenburg fuhren.
Der Fischer auf dem Beetzsee
Jürgen Hafa ist einer der wenigen Berufsfischer am 18 Kilometer langen Beetzsee. Es ist jener See, wo der Legende nach Fritze Bollmann, der Barbier aus Brandenburg, einst beim Angeln ins Wasser fiel. Jürgen Hafa ist seit fast 40 Jahren Fischer und bewirtschaftet von Päwesin aus rund 300 Hektar Gewässer, darunter einige kleinere Seen in der Umgebung – wie den Groß Behnitzer See am Landgut der ehemaligen Industriellenfamilie Borsig, heute das Landgut Stober.
Warum nicht mal mit einem Fischer hinaus auf den Beetzsee fahren und ihm bei seinem Tagewerk zuschauen?
Seit einiger Zeit ist meine Familie Kunde bei Hafas Lebensgefährtin Grit auf dem Potsdamer Wochenmarkt auf dem assinplatz. Bei Wind und Wetter ist sie in ihrem Verkaufswagen jedne samstag anzutreffen und verkauft je nach Fang geräucherte Aale und Zander, aber auch leckere Fischbrötchen und Fischbuletten. Da lag es nahe zu fragen, ob es möglich sei, den Fischer auf seiner Fangtour zu begleiten ? Ohne zu zögern erhielt ich mit freundlichem Lächeln die Antwort: „Kein Problem“. Ein Termin ist schnell und unkompliziert vereinbart und für einen Obolus von 15 Euro pro Person (incl. leckerem Räucherfisch-Frühstück in Fischernetzumgebung) geht es früh los. Da macht es auch nichts, wenn es ein bisschen nieselt, schließlich muss der Fischer bei jedem Wetter raus und nach seinen Reusen sehen.
Jürgen Hafa, in Thüringen geboren und im Norden Brandenburgs aufgewachsen, hat den Beruf von der Pike auf gelernt bei einem Fischer am Scharmützelsee. Seit den 70er Jahren ist er einer von mehreren Fischern auf dem Beetzsee. Vor der Wende im Genossenschaftsbetrieb als angestellter und seit fast 25 Jahren als selbstständiger Fischer. In der Fischerinnung vertritt er heute im Vorstand seine Kollegen.
Immer weniger Fische
Mit Fischerei allein lässt sich allerdings heute nicht mehr viel Geld verdienen. Der Ertrag der Fischerei hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Der oftmals niedrige Wasserstand der Seen bereitet den Fischern Sorgen. Aale gelangen zu wenig aus der Elbe in die Havel, schuld daran sind Staudämme und Wehre. Auch hat der Beetzsee trotz des vielen Regens im Sommer 2014 fast einen Meter niedrigeren Wasserstand. Das Wasser wird über Wehre reguliert. „Da sind wir Fischer das letzte Glied in der Kette“, bedauert Hafa. So kurios es klingen mag, auch die Sauberkeit der Seen trägt zu weniger Fischbesatz bei. Vor 30 Jahren waren die Seen noch mit Nährstoffen übersättigt, nach der Wende wurden die Äcker weniger gedüngt und die Orte erhielten eine Kläranlage. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Vor 20 Jahren holten der Fischer 2000 Kilogramm Aale aus dem See, heute sind es 500 Kilogramm. „Früher dominierten Aale und Hechte, heute gibt es mehr Zander und Schleie“, erzählt Hafa, während der Außenborder leise tuckert und das flache Fischerboot von Reuse zu Reuse gleitet.
Meist sind die Reusen heute leer, nur wenige Fische haben sich darin verirrt. Sie sind zudem auch noch klein, so dass sie der Fischer wieder in das Wasser zurücksetzt. Unterwegs lässt sich Jürgen Hafa von einem Angler den Angel- und den Fischereischein zeigen. „Angler sind unsere Partner, wir verkaufen die Angelkarten an sie. Vom Erlös können wir wiederum den Einsatz von Jungfischen finanzieren.“ Für 150.000 Euro setzen die sechs Beetzseefischer pro Jahr Fische ein.
Grau- und Silberreiher
Auf unserer Fahrt, vorbei an Bollmannsruh und der Lünow-Insel begegnen wir Grau- und Silberreiher. Plötzlich ist auch der von Jürgen Hafa angekündigte Fischadler in der Luft zu sehen. Majestätisch zieht er seine Runden und hält Ausschau nach Beute, um plötzlich blitzschnell nach unten zu stürzen und einen Fisch aus dem See zu holen. Das zaubert auch dem Fischer ein Lächeln in sein wettergegerbtes Gesicht. Ernst wird er, als er über andere – menschliche Räuber – spricht, die ihm kürzlich einen Fang samt Helder aus dem Wasser stahlen. Der Schaden war groß … der Fischer schweigt, er schaut auf das Wasser, fast ist es so, als wenn die Wellen seinen Zorn davon tragen…
Trotz aller Sorgen findet Jürgen Hafa auf dem Wasser seine Ruhe und Kraft für seine schwere Arbeit.
Aale und Zander aus dem Beetzsee
Wenn auch die heutige morgendliche Ausbeute schlecht war, verliert der fast 60jährige Fischer seine gute Laune nicht. Einige Aale und Zander bringt er schließlich mit in den kleinen Hafen. Ein Hecht, den isst er am liebsten, ist heute nicht im Fang. Auch ein Karpfen ging diesmal nicht ins Netz – obwohl er gern noch einmal – wie vor einigen Jahren – einen 34 Kilogramm schweren Fisch aus dem Wasser holen würde.
Samstag auf dem Wochenmarkt in Potsdam
Bis nach Bayern liefert der Fischer seinen Fang. Vor allem aber warten die Kunden sehnsüchtig auf seinen frischen Fisch. Wenn man Glück hat, trifft man das sympathische Paar gemeinsam im Verkaufswagen an.
Wo gibt es die Fische vom Fischer ?
Adresse:
- Fischermeister Jürgen Hafa
- Bahnhofstraße 15
- 14478 Päwesin bei Brandenburg
- Tel. 01624960179
- E-Mail: j.hafa@gmx.de
Hier unser Besuch in der schönen alten Stadt Brandenburg/Havel
Klasse und informativ geschrieben! Vielen Dank!