Geist und Körper entschlacken. Heilfasten liegt im Trend. Abnehmen ist zweitrangig, es geht vor allem um die Steigerung des Wohlbefindens.
Der freiwillige Verzicht auf gehaltvolles Essen wird immer beliebter. Fasten liegt im Trend. Davon zeugt die wachsende Zahl von Fastenwandergruppen und Fastenhäusern zwischen Nordsee und Allgäu. War es früher vor allem die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern, so ernähren sich Gesundheitsbewusste jetzt zu jeder Jahreszeit für mehrere Tage nach der Methode des Arztes Otto Buchinger die frisch zubereitete Obstsäfte, fettfreie Gemüsebrühen und zwei bis drei Liter Wasser am Tag vorsieht. Je nach Kurdauer acht oder 14 Tage, belohnen sich die Fastenden nach einer für Außenstehenden wie Askese anmutenden freiwilligen „Auszeit“ danach meist mit einem Apfel.
Man glaubt gar nicht, wie wenig der Mensch braucht, um glücklich zu sein.
Der Wunsch, sich aus dem Alltagsleben zurückzuziehen und Körper sowie Geist zu „entschlacken“, ist eine moderne Eigentherapie in Zeiten des Kalorienüberschusses. Buchinger, der sich selbst durch das Fasten von Rheuma und einem chronischen Leberleiden kurierte, bezeichnete diese Methode deshalb als „Operation ohne Messer“. Ergänzt wird das Fasten durch Ernährungs-, Bewegungs- oder Entspannungsprogramme.
Gesundheitsexperten empfehlen bei bestimmten Krankheiten, wie Diabetes Typ 2, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht, Gelenk-, Muskel- und Sehnenbeschwerden sowie Verdauungsstörungen das Heilfasten in speziellen Kliniken. Eine der renommiertesten ist die Buchinger-Klinik in Ueberlingen am Bodensee. Das hier praktizierte Heilfasten ist ein modifiziertes Fasten, bei dem naturbelassene Zusätze in Form von frischen Obst- und Gemüsesäften, Honig, Gemüsebrühen und anderen Zusätzen individuell verabreicht werden. Der Eiweißverbrauch wird reduziert; Vitamine und Mineralien werden zugeführt. Fasten ist keine Nulldiät, sondern es trainiert die Bereitschaft, verzichten zu können und bewusst etwas für die eigene Gesundheit zu tun.
Man glaubt gar nicht, wie wenig der Mensch braucht, um glücklich zu sein, meint Gerhard Hoffmann aus Berlin. Der einstige Industriemanager musste erst mühsam von seiner Frau Andrea zum Fasten überredet werden und nimmt viele neue Erfahrungen mit nach Haus. Die anfängliche Skepsis wechselte in eine regelrechte euphorische Stimmung. Für ihn war das Durchhalten am wichtigsten. Nach zwei Tagen seien die Hungergefühle verschwunden, die Leistungsfähigkeit bleibt dennoch erhalten. Wie das kommt? Nach etwa drei Tagen geht der Körper zu seine Reservekammern, schwemmt überflüssige Fettdepots und andere „Schlacken“ aus. „Am dritten Tag erleben viele eine Krise, die nach weiteren zwölf bis 24 Stunden wie verflogen ist“, berichtet die Medizinerin Francoise Wilhelmi de Toledo, Vorsitzende der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung und Direktorin der Buchinger-Klinik. Wenn der Körper die Depots annagt, so zumindest die Theorie, soll das Hungergefühl verebben. Körper, Geist und Seele können harmonisiert und gestärkt werden. Fastenhäuser und Kliniken bieten die Möglichkeit zu Erfahrungsaustausch in der Gruppe. Denn richtiges Fasten und Fastenbrechen will gelernt sein.
„Wer nach dem Fasten wieder so isst, wie zuvor, wird schnell mehr Gewicht haben als vor der Kur“, sagt die erfahrene Fastenleiterin Ulla Werner vom Fastenhaus auf Sylt. Wasser, viel Bewegung, Ausscheiden und Entspannen sind die Garanten zum Erfolg.
Wer alles Fastenkurse anbietet
Weit mehr als 100 Anbieter von vielfältigen Fasten-Variationen gibt es in Deutschland, Tendenz: steigend. Hier ein Beispiel. Das Resort „Gräflicher Park & Spa“ im ostwestfälischen Bad Driburg, eine der bekanntesten Wellnessoasen Deutschlands, bietet z. B. mit der F. X. Mayr-Kur eine ebenfalls oft praktizierte Methode an. Attraktiv ist dieses Heilverfahren, weil nicht komplett auf feste Nahrung verzichtet werden muss. Kleine Semmeln, Quark, Gemüsebrühe, Tees und Wasser sind die Helfer bei dieser Variante des Heilfastens ohne abschreckende Hungerphasen. Praktisch trainiert wird dabei das bewusste Kauen mit vielen kleinen Bissen – entgegen dem „Verschlingen“ im Alltagsstress. Im Eingangsbereich des nach Johann Christian Hölderlin benannten Fastenhauses – auch der Dichter kurte hier einst – sprudelt das Heilwasser der Caspar-Heinrich-Quelle. Der benachbarte gräfliche Park, der als einer der schönsten Landschaftsgärten Deutschlands gilt, lädt zu Spaziergängen unter seltenen Bäumen ein. Er inspirierte Hölderlin zu seinem Gedicht „Hälfte des Lebens“.
Fasten-Methoden
Buchinger: Durch Gemüsebrühe und Säfte (wenig Kalorien, aber Vitamine) wird der Stoffwechsel entlastet
Fasten nach F.X.Mayr: In der Regel ein Fasten mit Wasser, Tee und Gemüsebrühe, wird von der Milch-Semmel-Kur abgelöst.
Fasten nach Schroth: Ohne feste Nahrung, Hauptgetränk ist Molke.
Saftfasten: Dabei werden täglich 300 Kalorien in Form von rohen Obst-, Gemüse- und Heilpflanzensäften sowie Gemüsebrühe getrunken.
Hier geht es zum Fasten auf Sylt
Tipps zum Weiterlesen
Hellmuth Lützner: Wie neugeboren durch Fasten, Gräfe & Unzer.
Françoise Wilhelmini de Toledo: Buchinger Heilfasten, ein Erlebnis für Körper und Geist, Trias Verlag.
Martin Winkler: Die neue F-X-Mayr-Kur. Gräfe & Unzer.
Christian Werner: Relax Guide 2009 Deutschland, Relax Guide Verlag.
Hans Scherz: 7-Tage-Fasten macht leicht. Oesch.
Christian Schmidt: Fit nach dem Fasten, BLV.
Hier weitere interessante Webseiten zu Fastenanbietern:
www.buchinger.com
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