In Berlin gibt es einiges im Doppelpack, auch jetzt noch, Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung. Und das wird auch so bleiben – was der Stadt absolut nicht zum Nachteil gereicht. Eher erhöht es die Attraktivität der deutschen Hauptstadt.Einige dieser Institutionen und Bauwerke sind bemerkenswert. 000 Die sichtbarsten Zeichen dieser Dualität sind der altehrwürdige Funkturm am Messegelände und der geradezu modernistische Fernsehturm am Alexanderplatz. West der eine, Ost das Gegenstück. Beide übrigens sind öffentlich zugängliche Touristenbrennpunkte.
Was es in Berlin alles im Doppelpack gibt
Der Bau des Funkturms begann 1924, die an den Pariser Eiffelturm erinnernde Stahlgitterkonstruktion wurde im Rahmen der dritten Berliner Funkausstellung 1926 eingeweiht und von den Berlinern als „Langer Lulatsch“ sofort ins Herz geschlossen. Das war auch deshalb der Fall, weil der 146,78 Meter hohe Bau auch Aussichtsturm war und in 50 Meter Höhe ein Restaurant hatte. Und natürlich noch hat! Berlin war zu dieser Zeit ein einzigartiger kultureller Mittelpunkt Europas. Hier spielten 36 Bühnen Abend für Abend. 12 Opern hatten binnen kurzer Zeit ihre Uraufführung, weit mehr als zuvor in einem ganzen Jahrhundert. Die Staatsoper bespielte gegenüber vom Reichstag ein zweites Haus, die Kroll-Oper. Künstler von Weltgeltung nannten Berlin ihr Zuhause: Max Reinhardt, Bertolt Brecht, Carl Zuckmayer, Wilhelm Furtwängler – um nur einige zu nennen. Im Berlin jener Zeit – die „Goldenen Zwanziger“ – erschienen 135 Tages- und Wochenzeitungen.
Und vom Funkturm, diesem neuen Wahrzeichen, sendeten nicht nur Radiostationen ihre Programme – von hier auch wurden 1929 versuchsweise die ersten Fernsehsendungen ausgestrahlt.
Telespargel – höchstes Bauwerk im Land
Der Fernsehturm am Alexanderplatz – „hinterm“ Roten Rathaus – wurde zwischen 1965 und und 1969 gebaut. Er ist mit 368,03 m noch immer Deutschlands höchstes Bauwerk und 220 Meter höher als der Funkturm. Auch für ihn hatten die Berliner schnell einen Spitznamen: „Tele-Spargel“. Das trifft die Optik des Fernsehturms recht gut. In 207 Meter Höhe hat der Fernsehturm eine Aussichtsplattform wie auch ein drehbares Restaurant für etwa 200 Gäste. Das dreht sich in einer halben Stunde um sich selbst und erlaubt bei klarem Wetter den Blick bis in 40 Kilometer Entfernung.
000 Berlin ist Bildungszentrum und Wissenschaftsstandort. So gibt es vier staatliche Universitäten, vier Kunsthochschulen, sieben Fachhochschulen und neben 30 privaten Hochschulen auch über 70 Forschungseinrichtungen. Die Humboldt Universität und die Freie Universität sind die beiden bedeutendsten Dual-Konkurrenten.
Humboldt-Uni und Freie Universität
Die Humboldt Universität Unter den Linden geht im Grunde genommen auf die Jahre 1748 bis 1766 zurück. In diesen Jahren entstand das heutige Gebäude als Palais für Prinz Heinrich, einen Bruder Friedrichs des Großen. Entworfen hatte das Gebäude Wenzeslaus von Knobelsdorff. 1810 trennte sich das preußische Königshaus davon und stellte es der von Wilhelm von Humboldt gegründeten Universität zur Verfügung. Sie wurde nach ihrem Stifter benannt: Friedrich-Wilhelm-Universität. Zu ihren weltbekannten Lehrern gehörten Schleiermacher, die Gebrüder Grimm, Helmholtz, Mommsen, Sauerbruch, Planck, Einstein und Virchow. 1949 wurde die Universität nach ihrem Gründer umbenannt – Humboldt Universität. Die sowjetische Besatzungsmacht und die ihr bedingungslos ergebenen SED-Kommunisten politisierten die Universität immer mehr in ihrem diktatorischen Sinn. Widerstand dagegen war gefährlich, so wurden etwa im März 1947 zahlreiche Studenten von einem Besatzungsgericht zu jeweils 25 Jahren Lagerhaft verurteilt. Die freie Lehre wurden immer mehr eingeschränkt, weshalb sich viele Lehrkräfte und Studierende nach West-Berlin absetzten und da am 4. Dezember 1948 die Freie Universität gründeten. Ihr erster Rektor wurde der Historiker Friedrich Meineke. Alles begann mit geradezu chaotischen Verhältnissen, gab es doch keine entsprechenden Bauten. In Berlin-Dahlem wurde die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften zur Verfügung gestellt, dazu wurden Dutzende von Villen angemietet. Erst 1952 nahm das alles die Gestalt einer Universität an – mit dem Bau des Henry-Ford-Hauptgebäudes, finanziert durch amerikanische Spenden.
Heute zählen Humboldt- sowie Freie Universität zur Weltklasse der Bildungseinrichtungen. Mit jeweils rund 40.000 Studierenden.
Zwei Staatsbibliotheksgebäude
000 Schon während des Zweiten Weltkriegs wurden die Bestände der Staatsbibliothek Berlin – damals rund drei Millionen Bände plus ungezählte Dokumentationen – ausgelagert, um sie keinen Bombenangriffen auszusetzen. Sie wurden in Ost und West eingelagert, in etwa 30 Bergwerken, in Kirchen, Schlössern und Schulen. Im Osten Deutschlands, Teile des heutigen Polen, transportierte die Rote Armee etwa 600 000 Bücher und Sammlungen in die Sowjetunion ab. Vieles auch wurde bei den Kämpfen vernichtet. Was in Berlin verblieben war oder sich etwa in Tübingen und Marburg fand, bildete letztlich den Grundstock für die Berliner Staatsbibliothek. Deren Geschichte ist natürlich eng mit der Deutschlands verbunden . . . Im Jahr 1661 wurde die „Churfürstliche Bibliothek“ gegründet, die ab 1701 „Königliche Bibliothek zu Berlin“ hieß. Sie befand sich bis 1780 im sogenannten Apothekerflügel des Berliner Schlosses. Der stand dort, wo sich heute der Schlossneubau mit seiner viel zu modernistischen Seite in Richtung Rotes Rathaus erhebt. Da der Platz für die wachsende Büchersammlung der Preußen bald nicht mehr ausreichte, wurde ein Neubau beschlossen. Das 1780 am heutigen Bebelplatz begonnene Gebäude erhielt seiner geschwungenen Form wegen seitens der Berliner die Bezeichnung „Kommode“. Hier standen 150 000 Bände. Doch auch das reichte angesichts der Mitte des 19. Jahrhunderts geradezu explodierenden Buchproduktion nicht aus – wieder war ein Neubau fällig. Ein geeignetes Grundstück fand sich in der Nähe. Zwischen 1903 und 1914 entstand Unter den Linden die noch heute existierende Berliner Staatsbibliothek – eine in kaiserlicher Architektur „glänzende“ neugotische Fassade, 170 Meter lang, 107 Meter breit. Damit ist es das größte der historischen Gebäude in Berlin-Mitte. Seinerzeit der größte Bibliotheksbau der Welt. Heute der östliche Teil der Berliner Staatsbibliothek. Diese Institution beging 1961 ihren 300. Geburtstag. Durch den Mauerbau im gleichen Jahr blieb sie den West-Berlinern verschlossen. Den Wettbewerb zum Bau einer eigenen Staatsbibliothek für die Bundesrepublik einschließlich West-Berlins gewann 1964 der Architekt Hans Scharoun. Ihm wurde in der Nähe des Potsdamer Platzes, am Kulturforum von West-Berlin und etwa „gegenüber“ der Philharmonie, ein Grundstück zur Verfügung gestellt. Bauzeit: elf Jahre. Doch die haben sich gelohnt! Das Scharoun-Ensemble Philharmonie und Staatsbibliothek in seinen auffallenden Goldtönen ist ein städtebauliches Kleinod! Sie ist über die Jahrhunderte unter verschiedenen Namen stetig gewachsen. Seit 1992 ist es die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Um „Wikipedia“ gerecht zu werden und zu zitieren: „ Sie besitzt zwei Hauptgebäude, das Haus Unter den Linden und das Haus Potsdamer Straße (Kulturforum). Mit einem Bestand von mehr als 25 Millionen Werken gehört sie zu den größten Bibliotheken Deutschlands und den bedeutendsten der Welt“.
Zoo und Tierpark
000 Publikumsmagneten sind immer auch Plätze, wo Tiere zu sehen sind und erläutert werden. Auch das gibt es in Berlin im Doppelpack, im Westen an der quirligen Budapester Straße – mitten drin! -, den Zoologischen Garten, im Osten beschaulicher im Bezirk Lichtenberg den Tierpark Friedrichsfelde. Den Zoo gibt es seit 1844, den Tierpark seit 1955. Ein „entweder – oder“ ist natürlich möglich, aber nicht empfehlenswert. Zu groß sind die Unterschiede, und das in jeder Hinsicht. Allein die Fläche: 33 Hektar der Zoo, 160 der Tierpark.
Hier fährt unser Autor Wolfgang Will auf der neuen U 5 durch Berlins Untergrund
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