Teil 2 unserer Fluss-Meer-Reise mit der „Katharina Bora“ von nicko cruises im Sommer 2023 von Potsdam nach Stralsund.
Auf der Schlossinsel an der Hebebrücke „Blaues Wunder“ in Wolgast legt die MS Katharina von Bora am Abend an. Der gut ausgeschilderte Museumshafen bietet verschiedene Überraschungen. Wolgast, auch „Tor zur Insel Usedom“ genannt, prägen große Speicherhäuser, wir entdecken auch schnell die Eisenbahnfähre „Stralsund“, die schon 1890 vom Stapel lief, 1995 erst ausgemustert. Das schöne Wetter verführt zu einem abendlichen Spaziergang. Wir bestaunen weitere Schiffe im Museumshafen am Peeneufer. Eine Holzbrücke führt hinüber in die Altstadt und hinauf zum kleinen Markt mit der Kirche St. Marien.
Auf dem Weg zur Kirche kommen wir am Geburtshaus des romantischen Malers Philipp Otto Runge (1777-1810) vorbei. Weiter geht es auf unserem Rundgang zum Marktplatz, wo das Alte Rathaus die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Seine ältesten Bauteile stammen aus dem frühen 15. Jahrhundert. Den barocken Giebel mit dem aufgesetzten Turmreiter erhielt der Repräsentationsbau nach dem Stadtbrand von 1713. Der Brunnen (1936) vor dem Rathaus ist eine Arbeit von Kurt Baer, der ihn mit zehn Reliefs aus der Stadtgeschichte schmückte.
Über allem thront der gewaltige Turm der Kirche St. Petri, eine dreischiffige Basilika. Orgelmusik erklingt aus den Kirchengemäuern. Gern hätten wir einen Blick in die Kirche geworfen oder wären über die Wendeltreppe auf den Kirchturm gestiegen, von dem man bestimmt eine herrliche Aussicht über Wolgast hätte. Aber die Türen sind geschlossen …
Zurück geht es am Wasser, wo sich die Häuser wunderschön im Abendlicht spiegeln.
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Eine kleine, feine Stadt mit idyllischen Ecken, die wir dank Nicko-Tours kurzweilig erleben durften – für einen zweiten Besuch merken wir sie uns vor. Wir wollen die evangelische Petrikirche mit dem Wolgaster Totentanz und der Grablege der Pommernherzöge beushcen. Sie wurde vermutlich vom hl. Otto an der Stelle eines Jarovittempels erbaut. Otto von Bamberg begegnen uns auf dieser Reise desöfteren.
Hier der erste Teil der Serie unserer Fahrt mit Katharina von Bora von Potsdam nach Stralsund.
Wir übernachten in Wolgast, bei ruhigem Wasser schlafen wir sehr gut und kommen erholt in den nächsten Tag, neugierig auf die nächsten Erlebnisse.
Das Stadtgeschichtliche Museum „Kaffeemühle“ ist im ältesten Profanbau von Wolgast untergebracht, einem Kornspeicher aus dem 17. Jahrhundert. Es überstand die Feuersbrunst von 1713. Das Fachwerkhaus mit seiner Dachhaube im holländischen Stil ähnelt entfernt einer alten Kaffeemühle und wird von den Wolgastern auch als solche bezeichnet.
Entdeckungen auf der Insel Usedom
Per pedes von Ahlbeck nach Heringsdorf
Von Wolgast aus starten wir am nächsten Morgen nach dem Frühstück gegen 8 Uhr zu einer vierstündigen Inselrundfahrt Usedom mit Ahlbeck und Heringsdorf. Auf dem Wasserweg sind wir bisher in keinen Stau geraten. Usedom wird uns als Stauinsel („Weltkulturerbe-Stau“ – so unser Guide Martin) in Erinnerung bleiben. Sowohl die Hin- als auch die Rückfahrt standen wir lange im Stau. Die Zeit unseres Spaziergangs und Aufenthalts in Ahlbeck und Heringsdorf verkürzte sich dadurch. Schuld war das Regenwetter, die Urlauber nahmen das Auto und fuhren zu Sehenswürdigkeiten in nächste Urlaubsorte.
Wir fuhren an die Seepromenade in Ahlbeck und begannen hier unseren Spaziergang nach Heringsdorf. Mondän und herrschaftlich zeigen sich die einstigen kaiserlichen Seebäder Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin. Wie Perlen an einer Schnur säumen sie die südliche Küste Usedoms.
Auf den Seebrücken flanieren, beim Blick auf die Bäderarchitektur in das Flair der Kaiserzeit eintauchen … Martin kann uns zu fast jeder Villa eine kleine Geschichte erzählen. Wir beginnen unseren Spaziergang an der Seebrücke in Ahlbeck. Sie ist das berühmteste Bauwerk Usedoms und gleichzeitig das Wahrzeichen der Insel. Sie geht im Nordwesten nicht nur nahtlos in die von Heringsdorf über, sondern sie verbindet das Seebad im Südosten auch mit dem polnischen Swinemünde. Die Europapromenade wurde 2011 feierlich eingeweiht und ist die längste Promenade des Kontinents. Großzügig ausgebaute Fußgänger und Radwege lassen auf viele Gäste schließen. Während unseres Spaziergangs begegnen uns nur wenige Gäste. Das Wetter lädt am frühen Vormittag noch nicht zum Baden oder Bummeln ein. Nicht zu vergleichen mit dem Trubel, den wir an der Seebrücke in Swinemünde erlebten.
Die Seebrücke in Ahlbeck ist die älteste noch erhaltene in Kontinentaleuropa.
1882 gab es bereits eine erste Aussichtsplattform, 1898 wurde dann der Seebrückenpavillon mit mattgrünen Ecktürmen und dem roten Dach eingeweiht. Der Schiffsanleger kam 1901 hinzu, ein Eisgang zerstörte ihn jedoch im Winter 1940/41. Es dauerte mehr als 50 Jahre, ehe Badegäste 1993 vom Steg aus den Strand genießen konnten. Die Seebrücke ist ein weithin sichtbarer Blickfang, deren 280 Meter langer Schiffsanleger sich wie ein Finger ins Meer hinausschiebt. Und wem die Seebrücke bekannt vorkommt: Viktor von Bülow alias Loriot drehte hier Teile der Komödie „Pappa ante Portas“ (1991). Er wandelte damit auf den Spuren seines für die Seebäder so bedeutenden Vorfahren, des Oberforstmeisters von Bülow. Mehr im Internet unter: www.seebruecke-ahlbeck.de
Besonders schöne Beispiele der Ahlbecker Bäderarchitektur gibt es südlich der Seebrücke Richtung Heringsdorf zu bewundern. An der parallel zur Strandpromenade verlaufenden Dünenstraße ist seit 1890 der Ahlbecker Hof, heute Seetelhotel Ahlbecker Hof, die Nummer eins im Ort. Zu DDR-Zeiten war das neoklassizistische Prunkstück ein Ferienheim, heute ist es als Fünf-Sterne-Hotel wieder eine der exklusivsten Herbergen der Insel Usedom.
Weiße Bettenburgen begleiten uns an diesem Vormittag auf dem Weg nach Heringsdorf. Sie haben nichts mit Bäderarchitektur zu tun. Sie fangen den Massentourismus auf, allerdings gleichen sich so die Seebäder mittlerweile auch an. Weiße Bettenburgen, in jedem Ort ein Riesenrad, Verkaufsstände mit wenig originellen Mitbringseln um die Seebrücken herum, nehmen den Seebädern ihre Individualität.
Heringsdorf
Das Seeheilbad Heringsdorf soll einst die mondänste Badeperle der Insel Usedom gewesen sein. In dem von großzügigen Grünzonen aufgelockerten, weitläufigen Villenort, der zwischen Bansin und Ahlbeck liegt, trafen sich zu Kaisers Zeiten (1871-1918) Adel und wohlhabendes Bürgertum ebenso wie Künstler und Intellektuelle, etwa Lyonel Feininger, Maxim Gorki oder die Brüder Heinrich und Thomas Mann. Heringsdorf ist kultureller Mittelpunkt der drei Seebäder. Und es gibt natürlich einen wunderschönen Strand, bis zu 70 Meter breit und drei Kilometer lang und mit vielen Strandkörben bestückt. Die Anfänge von Heringsdorf sind mit dem Namen Georg Bernhard von Bülow (1768-1854) verbunden. Er erwarb 1817 den Gutsbesitz Gothen, zu dem ein Stück Ostseestrand auf der Höhe des heutigen Seebads gehörte. Von Bülow brachte einige Fischerfamlien auf sein neues Land. Sie bauten einfache Katen und ein paar Salzhütten, in denen der Fisch konserviert wurde. Als 1820 König Friedrich Wilhelm III. mit seinen beiden Söhnen den Oberforstmeister besuchte, fand Kronprinz Wilhelm (späterer Kaiser Wilhelm I.) schnell einen Namen für die bis dahin namenlose Siedlung. Beim Blick auf ein paar Fässer eingesalzenem Hering war der Name schnell gefunden: Heringsdorf. So lesen wir es in unserem Reiseführer.
Den Aufstieg zum „Weltbad“ verdankt Heringsdorf dem wohlhabenden Geheimrat Hugo Delbrück (1825.1900). Er rief 1872 die Aktiengesellschaft Seebad Heringsdorf ins Leben. Die AG erwarb von den Bülowschen Erben den kompletten Strandabschnitt mit dem bewaldeten Hinterland. 1873 wurde am Kurplatz das Hotel Kaiserhof Atlantic errichtet, das später unter der Regie der Kempinski-Gruppe Maßstäbe für exklusive Heringsdorfer Hotellerie setzen sollte.
Ab 1893 konnten die Gäste des Luxusbades auf der neuen Seebrücke, der eleganten Kaiser-Wilhelm-Brücke flanieren. 1921 musste die Delbrück AG ihren Besitz wegen der Inflation verkaufen, nun wurden die Bewohner selbst Eigentümer der gewinnbringenden Heringsdorfer Immobilien. Als 1929/30 eine Bohrung in 409 Meter Tiefe auf eine jodhaltige Sole stieß war der Grundstein für heilkräftige Bäder gelegt. Heringsdorf war nicht mehr nur Seebad, sondern auch Kurbad.
Nach 1933 wurden die Villen und Gästehäuser jüdischer Besitzer von den Nazis übernommen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden viele Häuser zu Sanatorien für Rotarmisten umfunktioniert. Zu DDR-Zeiten übernahm der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) die Regie über den Ort. Mit der Wiedervereinigung kam neuer Schwung in den Badeort. Der größte Teil der über 100 herrlichen Villen wurde unter Denkmalschutz gestellt und binnen eines Jahrzehnts sorgfältig restauriert.
Villa Oechsler
Auf unserem Seepromenadenspaziergang kommen wir auch an der Villa Oechsler vorbei. Sie steht unweit der Seebrücke auf einer kleinen Anhöhe und ist eine der wohl schönsten Villen Usedomer Bäderarchitektur. Die neoklassizistische Villa (1883) gehörte einst dem Fabrikanten Oechsler aus Nürnberg.
Die Säulen im Eingangsbereich sind aus schwedischem Granit. Heute verkauft das Modegeschäft Maison Vogue hier ausgesuchte Modelabels. Außerdem kann man bei einem Einkaufsbesuch auch Blicke auf die restaurierten Räumlichkeiten werfen.
Villa Staudt
In der Villa Stadt, einer Residenz (1873) mit Walmdach, Eckturm, Erkern, luftigen Balkonen und elegantem Dekor, pflegte Kaiser Wilhelm II. bei seinen Besuchen 1909 in Heringsdorf mit der Witwe des Konsuls Wilhelm Stadt Tee zu trinken. Inzwischen wurde die Gründerzeitvilla, wie so viele andere, zu einem exklusiven Apartmenthaus umgebaut. Auf der Promenade davor erinnert ein auf einem Findling angebrachtes Bronzemedaillon an Hugo Delbrück.
Villa Oppenheim
Das um 1880 entstandene Anwesen ist mit seiner zweigeschossigen Säulenfront sichtlich von der Architektur Palladios geprägt. Der deutsch-amerikanische Maler Lyonel Feiniger, der in den Sommermonaten 1909-1913 auf Usedom weilte, hielt die Villa von Promenade aus gesehen in Skizzen fest.
Seebrücke von Heringsdorf
Das Wahrzeichen von Heringsdorf zieht sich mit 508 Metern weit ins Meer hinaus und ist die längste Seebrücke Deutschlands. Bis auf ihre Ausmaße hat sie nichts mit ihrem Vorgängerbau, der hölzernen Kaiser-Wilhelm-Brücke (1893) gemein, die 1958 zerstört wurde. Sie ist überdacht, so dass man trockenen Fußes zum Brückenkopf mit Anlegestelle gelangen kann. Dort steht ein pyramidenförmiger Pavillon mit verglastem Rundbau.
Größter Strandkorb der Welt
In unmittelbarer Nähe zur Seebrücke steht der aktuell größte Strandkorb der Welt. Mit 6,40 Meter Breite, 4,15 Meter Höhe und 3,33 Meter Tiefe ist er ein beliebtes Fotomotiv. Er wurde von einem Team der 1925 in Heringsdorf gegründeten Manufaktur (heute: Heringsdorfer Korbwerk GmbH) gebaut. Zur Einweihung am 1. Mai 2014 nahmen 91 Personen gleichzeitig in dieser imposanten Sonderanfertigung Platz.
Während eine Gruppe die Inselrundfahrt Usedom machte, fuhr eine andere Gruppe mit der Katharina von Bora nach Peenemünde weiter, wo wir mittags wieder an Bord gingen.
Peenemünde – Denkmal-Landschaft
Der kleine Hafenort Peenemünde – ein kleines Museumsdorf mit weltbewegender Historie – ist keine Schönheit. Eine fast 50-jährige Militärpräsenz hat tiefe Narben hinterlassen, wie wir eingangs des Dorfes gleich feststellen konnten.
Wie ein Mahnmal steht die Ruine des alten Sauerstoffwerks in der Landschaft. Die Sprengstoffversuche der Sowjets hinterließen ein monströses Gerippe. In der Fabrik produzierte einst die HVA Flüssigsauerstoff für ihre Raketen. Noch ist das Betreten nicht erlaubt, aber vielleicht gibt es eines Tages hier neue Ferienwohnungen …
Historisch-Technisches Museum
Wir waren um 2000 zur Eröffnung schon einmal dort. Es lohnt immer wieder, wir entdecken auch dieses Mal neue Ausstellungsstücke. Das Museums-Areal zieht jährlich mehrere hunderttausend Besucher an. Das gigantische Kohlekraftwerk wurde von 1938-42 erbaut und war mit einer Leistung von 30 Megawatt seinerzeit das modernste in ganz Europa. Es überstand den Krieg so gut wie unbeschadet und wurde erst stillgelegt.
Die Versuchsanstalten Peenemünde waren von 1936 bis 1945 das größte militärische Forschungszentrum Europas. Auf einer Fläche von 25 km² arbeiteten bis zu 12.000 Menschen gleichzeitig an neuartigen Waffensystemen, wie etwa dem weltweit ersten Marschflugkörper und der ersten funktionierenden Großrakete. Beide wurden als Terrorwaffen gegen die Zivilbevölkerung konzipiert, größtenteils von Zwangsarbeitern gefertigt und gelangten ab 1944 als „Vergeltungswaffen“ zum Einsatz im Zweiten Weltkrieg.
Hier geht es zur Homepage des Historisch-Technischen Museum Peenemünde, das die Geschichte der Entstehung und Nutzung dieser Waffen aufarbeitet Die Ausstellungen dokumentieren, wer in Peenemünde arbeitete, wie die Menschen lebten und warum die enorm aufwändigen Waffenprojekte durchgeführt wurden.
Auf dem Freigelände steht ein originalgetreues Model der 14 Meter hohen Rakete A4. Die erste Fernrakete der Welt wurde unter der Leitung Wernher von Brauns entwickelt und am 3. Oktober 1942 erfolgreich gestartet.
Heute gehören zu dem weitläufigen Museums-Komplex eine Ausstellung, viel Kriegsgerät auf dem Freigelände sowie von der DDR-Volksmarine Schiffe im Hafen. So war die Korvette vom Typ „Tarantul 1“ (Baujahr 1986) bis 1990 in Dranske auf Rügen stationiert. Lange schlangen gab es am russischen U-Boot. Da wollten viele Besucher hinein.
Große Teile der 25 Quadratkilometer großen Denkmal-Landschaft Peenemünde sind noch munitionsbelastet und daher nicht zugänglich.
Mehr erfahrt ihr im Internet unter www.museum-peenemuende.de
Reiseführer des ADAC: Claudia Pautz und Rolf Goetz, Usedom. Gräfe und Unzer Verlag GmbH. München 2019. ISBN 978-3-95689-465-7.
Die Recherche erfolgte mit Unterstützung von nicko cruises, Dank auch an den Guide Martin und der crew der „Katharina von Bora“.
Hier Teil 1 der achttägigen Fluss- und Insel „Sehreise“ von Potsdam nach Stralsund.
Die Reise haben wir auch gemacht mit einem Schweizer Unternehmer
Die Peenebrücke (blaues Wunder) ist sensationell wie die ganze Reise auch
Liäbs grüässli
Cornelia