Nicht nur die Nordhessen schwören auf die Ahle Wurscht. Die in der Grimmheimat rund um Kassel hergestellte Dauerwurst aus schlachtfrischem Schweinefleisch hat längst ihren Siegeszug bis nach Berlin angetreten. Für uns ist die Wurst, die besonders lange reifen muß um ihren Geschmack zu entfalten, mittlerweile Kult. Gespannt verfolgen die Fans der Ahlen Wurscht neue Variationen, vergleichen, verkosten und loben oder meckern über die nordhessische Spezialität. Auf jeden Fall nehmen viele Gäste bei ihrem Besuch in Nordhessen die Ahle Wurscht, oft als Stracke bezeichnet, als schmackhaftes Souvenir mit nach Hause. Daraus entsteht oft eine lebenslange Freundschaft. Fangruppen bei Facebook zeugen von der Beliebtheit. Slowfood widmet sich ausführlich der Ahlen Wurscht und nahm sie in die Arche des guten Geschmacks als Passagier auf.

Überlieferung eines „Ahle Wurscht“ Rezeptes

Auf dem bevorstehendenden „Ahle Wurscht Tag“ am 29.März im Kloster Haydau (bei Melsungen) stellt die Traditionsfleischerei Willi Ross aus Melsungen eine besonders lange gereifte Ahle Wurscht nach einem alten Rezept von Karl Thielemann vor. Wie Fleischermeister Rolf Schott erzählt, kam das Rezept ursprünglich bei Karl Thielemann zum Einsatz. „Dieser muss es wiederum von seinem Vater oder Großvater überliefert bekommen haben.

Das Rezept von Karl Thielemann

Karl Thielemann wurde 1901 in Kirchof, einem Stadtteil von Melsungen, geboren. Er war Gastwirt, Hausmetzger und bewirtschaftete, wie fast alle Haushalte damals, einen kleinen Bauernhof zur Selbstversorgung.“ Im Winter, wenn die Feldarbeit ruhte und die Wirtschaft noch nicht geöffnet hatte, zog Thielemann über die Dörfer im Fuldatal und half anderen Familien als Hausmetzger bei der Selbstversorgung, in dem er das oft einzige Schwein u.a. zu „Ahle Wurscht“ verarbeitete. Das half damals über den Winter – ihm wirtschaftlich durch Lohn, den Familien mit haltbarer lagerfähiger Wurst als wichtiges Nahrungsmittel.

Ahle Wurscht

Die Ahle Wurscht nach Thielemann Foto: Weirauch

Die Geschichte liest sich spannend. Rolf Schott hat recherchiert: „Im Zweiten Weltkrieg  in Frankreich traf Thielemann zufällig den auch im Kriegsgefangenenlager inhaftierten und praktizierenden Oberstabsarzt Dr. Bernhard Braun aus Melsungen – ja, richtig, eben einer der Brauns aus der B. Braun AG Familie. Was war das Thema? Die ihnen so fehlende „Ahle Wurscht“ aus der Heimat. “ Die Sehnsucht nach der Ahlen Worscht war groß. Beide verabredeten sich, dass sie nach der Gefangenschaft gleich zusammen „Ahle Wurscht“ nach Thielemanns Art machen. So kam die Rezeptur in die Familie Braun, Melsungen, die es über ihre Hausmetzger Hartung und Kühlborn, auch nur mündlich, also durch praktische Mitarbeit, weitergaben.

Rolf Schott, er hat nach seinem Job als Banker erst eine Metzgerlehre absolviert und dann den Meisterbrief abgelegt, hat nun zusammen mit dem Melsunger Unternehmer Prof. Ludwig-Georg Braun, Aufsichtsratsvorsitzender der B. Braun AG, die bislang nur mündlich überlieferte Rezeptur in der Praxis aufgebröselt und dokumentiert. Schott sagt: „Prof. Braun und mich verbindet das Thema Ahle Wurscht schon seit einiger Zeit. Öfters treffen wir uns zu diesem und zu anderen Themen rund um den guten Geschmack.“

Immer serviceorientiert: Team der Fleischerei Ross

Immer serviceorientiert: Team der Fleischerei Ross

Übrigens stellt die Firma Willi Ross ihre eigene Ahle Wurscht nach einem Rezept aus dem Jahr 1890 her.

Wo gibt es Ahle Wurscht ?

Ahle Wurscht traditioneller Herstellung in verlässlicher Qualität erhält man bei den Mitgliedsbetrieben des Fördervereines Nordhessische Ahle Wurscht. Adressen der Ladenlokale und der Onlineshops der Metzgereien finden sich unter www.nordhessische-ahle-wurscht.de. Dort gibt es auch weiterführende Informationen zu Geschichte, Kultur und Rezepten rund um die Ahle Wurscht sowie eine genaue Beschreibung des Qualitätssicherungssystems des Vereins.

Eigentlich sollte am 29. März der „Ahle-Wurscht-Tag“ im Kloster Haydau in Altmorschen stattfinden. Leider machte der Corona-Virus den fleißigen ´Metzgern, ein Großteil arbeitet im Förderverein Ahle Wurscht zusammen, und dem team um Hoteldirektor Alexander Hess einen Strich durch die Rechnung. Rolf Schott ist auch Vorsitzender des Förderverein Ahle Wurscht, er übernahm den Posten von Matthias Pflüger, der zu den Pionieren der Herstellung und Verbreitung der Traditionsmarke Ahle Wurscht gilt. Pflüger arbeitet weiterhin im Vorstand des Vereins. Hier gibt es zum Verein weitere Informationen. Weitere Möglichkeiten die beliebte Ahle Wurscht zu erwerben, gibt es im Onlineshop verschiedener Metzgereien oder während „Nordhessen geschmackvoll!“ im Oktober in Melsungen oder beim „Ahle Wurscht Fest“ im November in Lohfelden.