Noch ist Winter, aber unsere Reiselust ist ungebrochen. Diesmal zieht es uns in die lettische Hauptstadt Riga. Ein Ziel, das wir schon seit langem auf unserem Reiseplan haben. Diesmal passt alles: günstiger Flug, günstiger Hoteltarif, gutes Kulturangebot und nicht zuletzt eine Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten und abwechslungsreicher Geschichte bis in die heutige Zeit hinein. Wir lernen selbstbewusste Menschen kennen, die ihre Heimat über alles lieben und das auch stolz vertreten. Wir hören von Patriotismus, von Nationalstaat im Verbund dreier baltischer Staaten. Wir lernen Museen kennen, die die zwei lettischen Republiken, das Auf und Ab ihrer Geschichte, auf sehr anschauliche Weise darstellen. Und die Inhalte der Museen werden wahrgenommen, viele Besucher – jung und alt – entdecken sie sehr intensiv.
Auf den ersten Blick erscheint uns die Stadt spröde. Kaum lächelnde Menschen am ersten Tag. Im Vorfeld haben wir uns eine Liste mit den Sehenswürdigkeiten angefertigt, die wir kennenlernen möchten. Zunächst wollen wir uns einen Überblick mit Hilfe einer Guide bilden. Wir haben Glück. Ines – so heißt unsere Stadtführerin, die wir über „get your guide“ gebucht haben – ist eine Lettin, deren Familie international arbeitet, u.a. auch als Guide in Berlin (Führungen Berliner Unterwelten). Hier in Riga macht uns Ines auf Orte aufmerksam, die auch auf unserem Plan stehen, nun aber um das Wissen um sie für uns interessanter sind.
Wir stehen auf dem Platz vor dem Lettischen Okkupationsmuseum. Ein Denkmal davor mit vielen Namen auf Kupfer gemeißelt, zieht uns an. Ines erzählt uns, dass die Unterschriften von einem Taschentuch abgenommen wurden, das einer Frau gehörte, die 1949 deportiert wurde. Wenn wir mehr wissen wollen, sollten wir in das Museum gehen. Unsere Neugier war geweckt. Aber zunächst blicken wir von unserem Standort in der Altstadt über den Fluss Daugava hinweg auf ein anderes imposantes Gebäude. Auf den ersten Blick erinnert es ein wenig an eine Skisprungschanze mit verschiedenen Sprung-Abflügen. Darüber ist das Gebäude über und über mit großen Fenstern versehen, die vermutlich viel Licht in das Gebäude bringen. Im Volksmund, so erfahren wir von Ines, wird es auch als Lichtschloss bezeichnet. Der Legende nach ist es vom Grunde der Daugava aufgetaucht.
Das Lichtschloss beherbergt eines der größten Kultur- und Wissenschaftsgebäude Lettlands, die Lettische Nationalbibliothek. Seine Form enthält Metaphern und Verweise auf die lettische Saga „Goldenes Ross“, und stellt einen gläsernen Berg oder ein symbolisches Lichtschloss dar. Drei Brüder kämpften hier einst um eine Prinzessin …
Die Lettische Nationalbibliothek ist heute für jedermann zugänglich. Und so können auch Touristen wie wir ohne vorherige Anmeldung oder Ticketerwerb in den 68 Meter hohen Lichtdom eintreten. Kostenlos erhalten wir ein Besucherticket, nachdem wir zuvor unsere Mäntel und Rucksäcke im Foyer abgegeben haben.
Das Licht im Atrium der Lettischen Nationalbibliothek ist sehr präsent, bringt acht Ebenen zusammen und von den Leseräumen erlaubt es exzellente Aussichten auf die zum UNESCO Welterbe gehörende Altstadt von Riga. Aber zuallererst kommen die Bibliotheksnutzer natürlich her, die ihre klassischen Angebote zu nutzen. Über zentrale Katalogen geht das digital sehr gut. Da wir aber nur Gäste an diesem Tag sind, wenden wir uns an eine Mitarbeiterin im Katalograum. Viele Computer stehen hier, an einigen sitzen junge Leute, heute ist Samstag. Die junge Mitarbeiterin nimmt sich Zeit für unsere Fragen. Wir fragen nach Bücher von und über Erich Kästner, dessen 175. Geburtstag im Februar 2024 ansteht und nicht nur in Dresden gefeiert wird (darüber später mehr). Wir hatten gelesen, dass seine Bücher in vielen Sprachen übersetzt wurden. Und so fragten wir nach, ob Erich Kästner auch vertreten sein im Katalog. In Sekundenschnelle waren die Ergebnisse da: 119 Titel von und über Erich Kästner waren verzeichnet, teilweise in lettischer Sprache, aber auch in Deutsch.
Die Mitarbeiterin verwies uns sodann an die Kinderbibliothek. Dort würden wir am schnellsten fündig werden. Gesagt, getan – es ging hoch hinaus, in die vorletzte Etage. Dort war Betrieb, Eltern spielten mit ihren Kindern … Fast fühlten wir uns als Eindringlinge. Doch wiederum wurden wir auch hier sehr freundlich gebeten einzutreten und nach unserem Begehr gefragt. Wieder gab es ein Lächeln im Gesicht der Mitarbeiterin und sie ging mit uns gezielt auf das Bücherregal mit dem Buchstaben K zu. Und nahm sofort acht Bücher aus dem Regal. Wir durften diese fotografieren. Unter ihnen waren die bekanntesten Kinderbücher Kästners: Das doppelte Lottchen, Emil und die Detektive, Pünktchen und Anton, Als ich ein kleiner Junge war usw. Wir freuten uns sehr, hier ein Stück Heimat zu finden.
Auf unsere andere Frage nach dem lettischen Architekten Janis Driva, der vor kurzem sein neuestes Buch „Kulturelle Architektur„ vorgestellt hatte und den wir während unserer Führung mit Ines vor dem Gebäude des Lettischen Verbandes der Architekten kennengelernt hatten, konnte uns die Mitarbeiterin weiterhelfen. Sie wusste, dass das Buch ob des erst vor kurzem erschienenen Datums noch nicht im Katalog eingetragen ist. Aber sie hätte es schon im Geschenkshop im Erdgeschoss gesehen. Und so ging es zum Abschluss auch noch dort hinein.
Zuvor nutzten wir jedoch die Möglichkeit, verschiedene Themenlesesäle zu besuchen, die Bücher, Zeitschriften, Audio- und Videoaufnahmen und Raritäten anbieten. Die Funktionen der klassischen Bibliothek an diesem Ort werden mit dem Betrieb eines modernen Kultur- und Informationszentrums kombiniert, das Konferenzen, Festivals und verschiedene thematische Ausstellungen umfasst. Die Glas- und Lichtstruktur der Bibliothek überträgt sich auf den Inhalt. Transparenz, Dynamik sind inspirierend. Gunnar Birkerts studierte Architektur in Deutschland, er erhielt seine Inspirationen von großen skandinavischen Architekten wie Alvar Aalto, Gunnar Asplund, Eero Saarinen. Seine Inspirationen kommen nicht aus dem „großen Amerika“, sondern aus Lettland.
Und wir können am Ende unseres Besuchs auch noch einen Blick in die Publikation des renommierten Architekturhistorikers Janis Driva werfen. Im ersten Kapitel über berühmte Bauwerke in Lettland stellt er den Bau der Lettischen Nationalbibliothek vor.
Beim Hinausgehen blicken wir noch einmal auf die hohe Bücherwand. Sie entstand aus den „Geschenken“, die die Bürger aus Riga und von weit her der Lettischen Nationalbibliothek spendeten. Meist mit einem persönlichen Wunsch versehen. Und auch der Umzug des Inhalts aus der alten Bibliothek in die neue erfolgte 2014 durch eine lange Menschenkette zwischen beiden Orten über die Brücke der Daugava. Sicher für alle Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis.
Unser „Erlebnis Kästner in Riga“ erlebt an diesem Tag seinen Abschluss, als wir in der Buchhandlung gegenüber der Lettischen Nationaloper mit zwei Titeln fündig werden. Anders als in dem Buchladen in Nauen (Brandenburg), wo man mit dem Namen Kästners nicht viel anfangen konnte (Es war kein Buch von ihm vorrätig). In Riga war die Buchhändlerin nicht verwundert nach unserer Nachfrage, ging sogleich zielgerichtet auf ein Regal zu und zeigte uns die vorhandenen Ausgaben. Ohne vorher in den Katalog schauen zu müssen.
So fand der Tag einen gelungenen Abschluss. Und „spröde“ Menschen begegneten uns fortan nicht mehr. Es wurde einer der besten unserer Städtereisetripps. Lesen Sie demnächst mehr …
Übernachten im
Radisson old town Riga
Hier geht es zur Webseite des Hotels Radisson old town Riga
In Riga gibt es mehrere Radisson Hotels, darunter auch ein Radisson blu, neben der Orthodoxen Kirche, direkt an der Hauptallee. Hier geht es zur Hotelseite.
Hinterlasse einen Kommentar