von Jörg Berghoff

Im Jahre 2025 jährt sich das Ende des Deutschen Bauernkriegs und der Todestag des Reformators Thomas Müntzer zum 500. Mal. Sachsen-Anhalt und der Landkreis Mansfeld-Südharz nehmen das Gedenken zum Anlass für zahlreiche Veranstaltungen. Bereichert wird das Gedenkjahr durch zahlreiche Festumzüge, Tagungen, Ausstellungen und Aktionen, die von Bürgern, Gemeinden und Vereinen hauptsächlich im Landkreis Mansfeld-Südharz gestaltet werden. Die bereits in der Lutherstadt Eisleben gestartete dezentrale Landesausstellung mit dem Titel „Gerechtigkeyt 1525“ stellt einen Höhepunkt im Fest- und Gedenkjahr dar. Sie beleuchtet Entwicklungen und Folgen des Bauernkriegs und arbeitet diese auf moderne Weise auf. Vor allem ihre interaktive Ausrichtung und die Gestaltung auch für ein jugendliches Publikum machen sie besonders sehenswert.

Blick in die Ausstellung in Eisleben Foto: Berghoff

Blick in die Ausstellung in Eisleben Foto: Berghoff

Deutscher Bauernkrieg für Freiheit und Gerechtigkeit

Kirchen, Klöster und Burgen gingen in Flammen auf, als im Jahr 1525 die einfache Bevölkerung gegen ihre geistliche und weltliche Herrschaft aufbegehrte, besonders auch in Mitteldeutschland. Doch wie kam es eigentlich zu diesem Aufstand? In der Mitmachausstellung in Eisleben und Mansfeld lässt sich das nun auf ungewöhnliche Weise nachvollziehen: Ein großes begehbares Spielbrett mit digitalen und analogen Spiel-Elementen ermöglicht es den Besucher/innen in Eisleben in Luthers Sterbehaus, in die Rollen der einstigen Bewohnerinnen und Bewohner einer typischen mitteldeutschen Stadt zu schlüpfen. Durch die interaktiven Elemente wird der Bauernkrieg von 1525 für große und kleine Gäste lebendig und greifbar.

Interaktive Ausstellung

Per Zufall wird den Teilnehmenden eine Person der damaligen Zeit zugeordnet, aus dessen Sicht und Lebenssituation sie die Zeit erleben. Auf dem Marktplatz, in der Kirche, der Druckerei und vor der Stadt warten Aufgaben an unterschiedlichen Stationen. Werden die eigenen Entscheidungen für eine gerechtere Welt sorgen? Am Ende der Ausstellung erfahren die Spielenden, wie die echte Person gehandelt hat und sehen, wie ähnlich oder unterschiedlich die jeweiligen Entscheidungen sind.

Foto Müller: Dr. Thomas T. Müller, Vorstand und Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, demonstriert die Interaktivität  der Ausstellung „1525! Aufstand für Gerechtigkeit“ in Eisleben.

Foto Müller: Dr. Thomas T. Müller, Vorstand und Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, demonstriert die Interaktivität  der Ausstellung „1525! Aufstand für Gerechtigkeit“ in Eisleben.

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Müntzers Welt © LutherMuseen/Foto: Markus Scholz

Vielfältige Interpretationen des Bauernkrieges

In einem weiteren Ausstellungsteil in Eisleben wird zudem die Vereinnahmung des Bauernkriegs in den letzten 100 Jahren bis in die jüngste Gegenwart thematisiert sowie durch ausgewählte Exponate, Ton- und Videomaterial die historische Person des radikalen Reformators Thomas Müntzer näher beleuchtet. Dabei fällt auf, wie unterschiedlich er in Ost und West gesehen wurde: Während die einen aus ihm einen kommunistischen Revolutionär machten, sahen die anderen in ihm eher einen radikalen Aufrührer. Heute betont die Geschichtsforschung, dass er vor allen ein radikaler Christ und nahezu fundamentalistischer Theologe war, der das Reich Gottes umsetzen wollte und die Menschheit in Gläubige und Ungläubige teilte. Letztere sollten radikal bekämpft werden.

Foto Eisleben 2: Durch die aufkommenden Druckereien wurden die Forderungen der Bauern und Theologen weit und schnell verbreitet.

Müntzer-Rezeption in Ost und West Foto: Berghoff

Die Mitmachausstellung wird von einem umfangreichen Veranstaltungs- und Kulturprogramm begleitet. Vorträge, Konzerte, Film- und Theateraufführungen, Workshops, Poetry Slams und ein bunter Mittelaltermarkt ergänzen das Ausstellungserlebnis. Bis zum 6. Januar 2026 ist die Ausstellung in Luthers Sterbehaus und in Luthers Elternhaus in Mansfeld zu erleben.

Bauernkrieg-Ausstellung und Schloss Mansfeld

Im zweiten Teil der Ausstellung in Luthers Elternhaus in Mansfeld wird man  ebenfalls in die Welt des 16. Jahrhunderts versetzt. In überdimensionalen Comics und interaktiven Mitmachstationen wird die Lebensrealität der Bauernkriegszeit auch für jüngere Besucherinnen und Besucher greifbar. So lernen sie spielerisch etwas über die Hintergründe der Bauernkriege. Im Hof können sie als Armbrustschütze oder -schützin viel über das damalige Jagdrecht erfahren und damit auch über die von den Bauern gestellten Forderungen.

Schloss Mansfeld wurde erstmals im frühen 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt.   

Die Stadt Mansfeld ist Namensgeber für die Montanregion Mansfelder Land. Foto: Berghoff

Auf Schloss Mansfeld in den Hofanlagen ist soeben ein Kunstwerk von Alexander Clauß aus Dresden entstanden. Die drei Stühle aus Kupfer und farbigem Glas symbolisieren die drei Grafen von Mansfeld, die im Bauernkrieg eine bedeutende Rolle spielten und die wie Martin Luther auch, erbitterte Gegenspieler von Thomas Müntzer waren, den sie für den leibhaftigen Teufel hielten.

Großes Engagement im Bauernkriegsort Allstedt

Das Gebiet des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt, insbesondere die Region Mansfeld-Südharz, zählte zu den regionalen Zentren der Unruhen, die 1525 weite Teile des Heiligen Römischen Reiches erfassten und die bis heute als „Deutscher Bauernkrieg“ im öffentlichen Bewusstsein präsent sind. Ein zentraler Ort ist die kleine Stadt Allstedt, in der Thomas Müntzer predigte.

Foto Schloss Allsted-1-PRB: Schloss Allstedt wird gerade umfassend saniert.  

Schloss Allstedt wird im Vorfeld des Bauernrkriegsjubiläums umfassend saniert.  Foto: Berghoff

Hier hielt Müntzer 1524 seine berühmte Fürstenpredigt auf Schloss Allstedt, das gerade umfangreich restauriert wird mit dem Ziel, Teile des Schlosses für Besucher/innen wieder zugänglich zu machen. Dazu gehört auch die Hofstube als Schauplatz der Fürstenpredigt Müntzers und im nächsten Jahr im Juli die Präsentation einer immersiven, multimedialen Inszenierung der Biografie des Reformators Thomas Müntzer. Zurzeit werden in dem stark sanierungsbedürftigen Schloss die betreffenden Bereiche baulich für den Ausstellungsbetrieb hergerichtet.

Foto Schloss Allstedt Müntzer-PRB: Die Renovierungsarbeiten auf Schloss Allstedt schreiten zügig voran.

Die Renovierungsarbeiten auf Schloss Allstedt schreiten zügig voran. Foto: Berghoff

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Schloss Allstedt: Foto: Berghoff

Bauernkrieg und Kunstparcours in Allstedt

In Allstedt selbst engagiert sich die Bevölkerung in großem Maße für das Gedenkjahr zum Deutschen Bauernkrieg. So errichtet die Kunststiftung Sachsen-Anhalt hier im Mai 2025 einen öffentlichen Kunstparcours. Im Stadtzentrum von Allstedt werden für die Dauer eines halben Jahres facettenreiche plastische Arbeiten aus Holz, Metall und Keramik gezeigt, die sich unter anderem mit der Göttin der Gerechtigkeit Justitia und modernen Anführern befassen oder symbolisch für die Zeiten des Umbruchs und der Unruhen stehen.

Foto Kuenstler-Allstedt-PRB: Die Künstler/innen Lisa Reichmann, Hermann Grüneberg, Manon Bursian, Direktorin der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt, Matthias Ritzmann, Daniela Schönemann in Allstedt.

Die Künstler/innen Lisa Reichmann, Hermann Grüneberg, Manon Bursian, Direktorin der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt, Matthias Ritzmann, Daniela Schönemann in Allstedt. Foto: Berghoff

 Für Aufsehen sorgte Allstedt auch am 9. Juni 2024, als man den längsten Mohnkuchen der Welt herstellte, stolze 107 Kilogramm schwer, mit dem die Bäckerei Meye und die Allstedter es ins Guinness Buch der Rekorde schafften.

Foto Freiheit-Bier-PRB: Zum Allstedter Mohnkuchen passt zwar ein Kaffee besser, ein Freiheitsbier ist aber auch nicht schlecht.

Zum Allstedter Mohnkuchen passt zwar ein Kaffee besser, ein Freiheitsbier ist aber auch nicht schlecht. Foto: Berghoff

 Kapellenbrand als ein Auslöser des Bauernkrieges

Allstedt ist für den Bauernkrieg zudem von großer Bedeutung, weil hier am Gründonnerstag, den 24. März 1524 die Mallerbacher Kapelle bei Allstedt, in der ein wundertätiges Marienbild verehrt wurde, in Flammen aufging. Die Zerstörung des Wallfahrtskirchleins wurde vom Allstedter Prediger Thomas Müntzer verteidigt. Der Mallerbacher Kapellenbrand kann als Vorbote des Bauernkrieges im mitteldeutschen Raum gelten, der wenig mehr als ein Jahr später, im Mai 1525 mit der Niederschlagung der aufständischen Bauern, über 70.000 Gefallenen und dem Tod Müntzers auf dem Schlachtfeld von Bad Frankenhausen endete. Der Standort der Mallerbacher Kapelle geriet in Vergessenheit.

Durch die aufkommenden Druckereien wurden die Forderungen der Bauern und Theologen weit und schnell verbreitet. Foto: Berghoff

Durch die aufkommenden Druckereien wurden die Forderungen der Bauern und Theologen weit und schnell verbreitet. Foto: Berghoff

Der Ausflug in den mitteldeutschen Bauernkrieg endet mit einem Zitat, das viele Deutungen zulässt:

„Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann feind wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Wie kann es die Länge gut werden? So ich das sage, muss ich aufrührerisch sein.“ Thomas Müntzer,  Hochverursachte Schutzrede, 1524.

Weitere Informationen findet ihr hier:

 www.gerechtigkeyt1525.de

https://sachsen-anhalt-tourismus.de/

www.luthermuseen.de

www.mansfeldsuedharz.de

www.seg-msh.de

www.landesmuseum-vorgeschichte.de

https://allstedt.de/

www.mansfeld.eu

https://gemeinde-suedharz.de

Vorschau auf die Ausstellungen

31.5.2024 – 6.1.2026: „1525! Aufstand für Gerechtigkeyt“, Ausstellung in Luthers Sterbehaus, Lutherstadt Eisleben und in Luthers Elternhaus, Mansfeld

24.11.2024 – 02.03.2025: „Frührenaissance: Mitteldeutschland am Vorabend des Bauernkriegs“, Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)

22.3.2025: Eröffnung der Sonderausstellung zum Heimatstipendium im Museum Alte Münze in Stolberg

Stolbergmuseum Alte Münze Harz Harz Sachsen Anhalt

Museum Alte Münze in Stolberg im Harz Foto: Weirauch

17.5.2025: Einweihung des Kunstparcours der Kunststiftung Sachsen-Anhalt in Allstedt

24.5.2025: Planetarische Bauern – Künstler/innen-Residenzen und große Sonderausstellung im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), eine Kooperation der Werkleitz Gesellschaft e.V. und der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt

13.7.2025: Eröffnung Immersive multimediale Inszenierung der Biografie Thomas Müntzers, Projekt der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt auf Schloss Allstedt 2025

Hier nehme ich euch mit in den Geburtsort Thomas Müntzer Stolberg im Harz.

Stolberg Harz Sachsen-Anhalt

Blick auf das Rathaus von Stolberg, davor das Denkmal für Thomas Müntzer Foto: Weirauch

Übernachten im Hotel Freiwerk im schönen Stolberg.

Auf der "Straße der Lieder" vom Schindelbruch zur Josephshöhe Harz

Blick auf das „Freiwerk“ in Stolberg Foto: Weirauch

auch Thüringen bereitet sich auf das Bauernkriegsjubiläum vor. Hier erlebt ihr demnächst einen Rundgang in Mühlhausen, über unserer Besuch in Bad Frankenhausen (mit dem Panorama von Werner Tübcke) sowie weitere Impressionen aus Thüringen.