Häufig in ebay-Kleinanzeigen zu finden: „Biete hier diese schöne alte Stoewer Nähmaschine an“. In der Beschreibung finden sich dann Hinweise wie: „Es handelt sich um eine Nähmaschine von Bernhard Stoewer, Stettin, der Record Schnellnäher, System Wheeler u. Wilson, aus dem Zeitraum von 1902 bis 1910.“ Das Nähen mit der Nähmaschine scheint in Corona-Zeiten eine nützliche Beschäftigung zu sein und steht hoch im Kurs. Alte Nähmaschinen werden gesucht und in Verkaufsportalen häufig angeboten. Singer und Pfaff sind bekannte Namen für Nähmaschinen, aber Stoewer? Hergestellt in Stettin (polnisch: Szczecin). Szczecin ist die Hauptstadt der Woiwodschaft Westpommern.
Blick in die Geschichte der Nähmaschinen und von Stettin
Als Jungunternehmer gründete Bernhard Stoewer im Jahr 1858, gerade erst 24 Jahre alt, eine Nähmaschinenfabrik. Der Bedarf an maschinell hergestellter Kleidung stieg schnell und so wurden zwischen 1905 und 1913 jährlich über 70.000 Nähmaschinen bei Bernhard Stoewer in Stettin hergestellt. Im in einem ehemaligen Straßenbahndepot inmitten von Stettin eingerichteten Museum für Technik und Kommunikation erfährt mal alles über die Historie der Manufaktur von Stoewer.
Stoewer: Autos und Fahrräder aus Stettin
Aber auch andere Produkte machten den Fabrikanten und damit auch Stettin (das heutige Szcecin ) weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt: Fahrräder und Schreibmaschinen waren wohl die bekanntesten Produkte, doch auch Werkzeugmaschinen, Wasch- und Wringmaschinen und sogar Sulkies für den Pferdesport waren begehrte Produkte der 1896 in „Nähmaschinen- und Fahrräder Fabrik Bernhard Stoewer“ umgewandelten Aktiengesellschaft.
Insgesamt wurden 1.868.500 Nähmaschinen, 310.000 Fahrräder und 134.600 Schreibmaschinen hergestellt. 1931 wurde die Nähmaschinenfertigung an die Firma Adolf Knoch in Saalfeld in Thüringen verkauft. Die Rheinmetall-Werke in Sömmerda in Thüringen übernahmen einen Teil der Schreibmaschinen-Produktion. Zu DDR-Zeiten kamen aus Sömmerda die begehrten Schreibmaschinen Marke Erika.
Fahrräder „Stoewer Greif“
1938 erwarben die Bielefelder Falter-Werke das Recht auf den Namen „Stoewer’s Greif“ und produzierten fortan Fahrräder unter diesem Namen. In den 50er Jahren wurden auch Mopeds und Leichtmotorräder unter dieser Bezeichnung hergestellt. Das letzte Stoewer’s Greif Fahrrad wurde 1999 in Bielefeld gefertigt.
Bernhard Stoewers Autos in Stettin
Ich war neugierig. Bei meiner Stippvisite in Stettin wollte ich herausfinden, ob es noch heute Spuren über einen der zu Lebzeiten wohl bekanntesten Stettiner Unternehmer gibt ? Um es gleich vorwegzunehmen – ich war total überrascht, es gibt sogar eine eigene Abteilung im Stettiner Museum für Technik und Kommunikation, die an das Wirken von Bernhard Stoewer und seine Fabrikationen erinnert. Der kundige Taxifahrer erfüllte meinen Wunsch nach einer Besichtigung sofort. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Eine moderne Präsentation, dreisprachige Beschriftung (polnisch, englisch, deutsch), freundliche Mitarbeiter machten den Rundgang sehr kurzweilig. Nicht nur Freunde alter Autos können sich freuen, dass die Stadt Stettin, das Stoewer-Museum gekauft hat, das seit 2002 in Wald-Michelbach in Hessen, unweit der französischen Grenze, durch den privaten Sammler Manfried Bauer eingerichtet wurde. Der in Stettin geborene Manfried Bauer, konnte zwar nicht in Stettin leben, sammelte aber viele Jahre lang die über in alle Welt zerstreuten Erinnerungsstücke der bekanntesten Stettiner Unternehmensfamilie. Die Sammlung Stoewer ergänzt gekonnt die ausführliche Exposition der polnischen Auto- und Motorradproduktion im Museum. Darüber dann hier mehr.
Heute ist das Museum ein Besucher-Magnet nicht nur für die Stettiner Bevölkerung, sondern auch für alle Interessenten alter Technik. Darüber dann hier demnächst mehr.
Technikmuseum Stettin
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- Niemierzyńska 18a Str. 71-441 Szczecin
- Mail: biuro@muzeumtechniki.eu
- +48 91 45 99 200
- www.muzeumtechniki.eu
- Eintritt: 12 Zloty (ca. 4 Euro), ermässigt: die Hälfte
- Vom Bahnhof mit Straßenbahn 3
Was man in Stettin unbedingt gesehen haben sollte
Auch wenn ihr nur einen Tag, oder wie ich vier Stunden Zeit habt, um Stettin (Szczecin) zu besuchen, es gibt viele Sehenswürdigkeiten. Als „Perle Pommerns“ wird das 130 Kilometer von Berlin entfernte Stettin häufig bezeichnet. Reizvoll zwischen Odermündung, Seen und Haff gelegen wartet Stettin mit unzähligen Sehenswürdigkeiten und Überraschungen auf. Über dem historischen Stettin thront das erst in den 80er Jahren restaurierte Pommersche Schloss. Das Renaissance-Bauwerk mit mehreren Flügeln ist heute die Heimat für Oper, Theaters, Kino, Museum und Galerie.
Zu Füßen des Schlosses grenzt im Süden die Altstadt, die sich rund um das Alte Rathaus (Gotik) erstreckt, in dem das Historische Museum untergebracht ist.
Der Heumarkt ist der zentrale Platz und wird durch farbenfroh restaurierte Häuser flankiert. Unter dem Schloss befindet sich auch der gotische Loitzenhof, der der im ganzen Hansegebiet als Händler- und Bankiersdynastie bedeutenden Familie Loitz gehörte.
Die größte Kirche steht fast genau im Zentrum der historischen Altstadt: die gotische St.-Jakobs-Kathedrale, in der sich die Kapelle mit den Gräbern der pommerschen Fürsten befindet. Zweit weitere gotische Kirchen, die Johannis- und die St.-Peter-und-Paul-Kirche, sind ebenso einen Besuch wert. Von der ehemaligen Stadtmauer ist nur der Siebenmäntelturm im Nordosten erhalten geblieben, das Königstor im Norden und das westlich gelegene Berliner Tor entstanden erst nach dem Abriss im barocken Stil.
Diese beiden Tore dienten als Schmuckbauten ausschließlich repräsentativen Zwecken. Sehenswert sind außerdem noch der ehemalige Pommersche Landtag, in dem heute ein Geschichtsmuseum untergebracht ist.
Die Neustadt besticht mit ihrem jugendlichen Flair. Während in der Altstadt noch mittelalterliche Baustile das Stadtbild bestimmen, dominiert der Historismus die gründerzeitliche Neustadt.
Eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten ist die so genannte Hakenterrasse, von der aus eine breite Freitreppe an die Oder führt. Auf der hoch über dem Flussufer gelegenen Straße stehen drei aufeinander abgestimmte Monumentalbauten. Heute befindet sich hier das Meeresmuseum, die Seefahrerhochschule und die Wojewodschaftsregierung.
Hier erfahrt ihr mehr darüber.
Überhaupt ist die Neustadt durch eine gelungene Städteplanung geprägt. Ihre großzügigen Alleen und Boulevards schuf der Pariser Stadtplaner Haussmann.
Weitere Informationen zu Szczecin, das Tor zur Ostsee
- Touristeninfo
Korsarzy 34 (im Schloss), www.szczecin.pl - Infos zu Polen: www.polen.travel
- Hier gibt es viele Informationen zu Bernhard Stoewer und seinen Nähmaschinen und Fahrrädern
Mehr über die Stoewer-Autos und das Stettiner Museum für Technik und Kommunikation erzähle ich Euch hier.
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