Für mich war der Besuch von Tunis im Februar 2019 Neuland. Beim genauen Hinsehen zeigt diese faszinierende Stadt verborgene Reize und stille Winkel. Sie lockt mit einer wohldosierten Mischung aus Orient und Okzident und überwältigt mit exotischen Duftkaskaden aus dem Glitzerreich ihrer Souks. Von Numidern noch vor Ankunft der Phönizier gegründet, stand Tunis lange im Schatten Karthagos, der mächtigen Metropole am Meer. Vorab etwas Geschichte. Landeinwärts gelegen und durch den See Lac de Tunis vom offenen Meer getrennt, erlebte die Stadt erst unter arabischer Herrschaft einen Aufschwung: Unter der Dynastie der Hafsiden wurde sie im 13. Jahrhundert zur Kapitale des Reichs. Die Franzosen setzten der alten, mauerbewehrten Medina im 19. Jahrhundert eine Neustadt im Jugendstil und Art déco vor die Nase und ließen schließlich Teile der Stadtmauer einreißen. Nach der Unabhängigkeit zogen viele Medinabewohner die modernen Wohnblocks ihren Altstadthäusern vor. Landlose besetzten die leer stehenden Paläste, die Medina wurde zum Armenhaus. Heute werden große Anstrengungen unternommen, um die wertvolle Bausubstanz zu retten. Auch das Festival de la Medina an Ramadan beweist jedes Jahr eindrucksvoll, dass die totgesagte Medina lebt. Und nicht zuletzt sorgt ihr Status als Unesco-Weltkulturerbe dafür, dass die Verantwortlichen den Denkmalschutz ernst nehmen.
Sehenswertes in Tunis
Ausgangspunkt für Besichtigungen ist die Touristeninformation an der Ecke Av. Habib Bourguiba und Mohammed V., nur wenige Gehminuten von der Station Place de Barcelone der Schnellbahn TGM entfernt. Zum Bab el-Bahr, dem Medinaeingang, sind es von hier aus ca. zehn Minuten zu Fuß.
Avenue Habib Bourguiba
Die vielspurige Straße führt durch die Neustadt zur Medina. Der von Platanen beschattete Mittelstreifen ist Tunis‘ Korso. Hier flaniert man, Trifft Freunde, kauft Zeitungen oder Jasminsträußchen. Neben dem Theater (Ecke Rue de la Grèce) und dem Hotel Carlton (Nr. 31) gibt es eine ganze Reihe weiterer schön restaurierter Art-dèco-Häuser. Der Gelehrte Ibn Khaldoun (1332-1406) bewacht von seinem Denkmalsockel aus den Platz vor der Kathedrale. Hier verengt sich die Ab. Burguiba zur Av. De la France und endet am Medinator Bab el-Bahr.
Weitere Sehenswürdigkeiten in Tunesien
Douz
Die lebhafte Kleinstadt Douz (45000 Einwohner) am Südostrand des Salzsees Chott el-Djerid wird gern als Tor zur Wüste bezeichnet. Und tatsächlich reichen die Dünen eines der größten zusammenhängenden Sandgebiete der Sahara, des Großen Östlichen Erg, bis dicht an die südlich von Douz gelegene Palmenoase heran. Die Wirtschaft des Städtchens stützt sich mittlerweile nahezu ausschließlich auf den Tourismus.
Viehmarkt
An einem am Ortsrand gelegenen, ummauerten Platz wird am Donnerstagvormittag ein Viehmarkt veranstaltet. Nomaden und Bauern bringen hierzu Ziegen, Schafe, Esel und Dromedare nach Douz.
Dromedarreiten
Der ein- bis dreistündige Ritt auf dem Kamel durch die Dünenwüste gehört zu klassischen Ausflugsprogramm. Die Kamelführer erwarten ihre Kunden am Fuß der El-Hofra-Düne. Die Preise müssen verhandelt werden. Abseits dieses Rummels organisiert Ali vom Dar Suleiman individuelle Exkursionen, bei denen die Teilnehmer sehr viel über die Sahara erfahren.
Tataouine
Dass die 90000 Einwohner-Stadt Tataouine zwischen der Djeffaraebene und dem Dahargebirge eine jüngere Gründung ist, sieht man ihr an: Erst die französischen Fremdenlegion legte 1912 den Grundstein.
Tataouine ist als Ausganspunkt für Touren zu den Ksour und den Höhlendörfern ein wichtiges touristisches Drehkreuz. Ausflüge sollten nur im Rahmen einer organisierten Exkursion unternommen werden.
Chenini und Douiret
Rund 20 Kilometer westlich von Tataouine staffeln sich die Mauern des alten Berberorts Chenini, bei einer Ksarruine und einer Moschee beginnend, an einem steilen Hang ins Tal hinunter. Cheninis „Häuser“ bestehen aus nebeneinander in den Berg gegrabenen Höhlenräumen. Das Restaurant Mabrouk (nur mittags, Tel. 75851002) unterhalb des Dorfs serviert schmackhafte einfache Gerichte der südtunesischen Küche. Das Höhlendorf Douiret, 20 Kilometer von Chenini entfernt, ist ähnlich dramatisch gelegen, wird aber seltener von Touristen besucht. In beiden Dörfern warten Führer auf Besucher. Es ist schwer, sich ihrer Zudringlichkeit zu erwehren, und deshalb einfacher, einen für ein paar Dinar zu engagieren.
Tozeur
Über 200 000 Dattelpalmen bilden eine grüne Barriere zwischen dem Salzsee Chott el-Djerid und dem Städtchen Tozeur (70 000 Einwohner).
In den Oasengärten gedeihen die Deglet en-Nour, die, so sagt man zumindest, besten Datteln auf der ganzen Welt. Im 11. Jahrhundert legte der Gelehrte Ibn Chabba die Regeln fest, nach denen das Wasser in der Oase verteilt werden sollte. Im Prinzip halten sich die Bauern sogar noch heute daran. Ab den 1990er-Jahren erlebte Tozeur einen Boom des Saharatourismus, für den vor den Toren der Stadt eine überdimensionierte Hotelzone entstand. Viele dieser Häuser sind heute Investitionsruinen, der Kater nach der Goldgräberstimmung ist groß. Dennoch: Beim Bummel durch die Altstadt und bei der Kutschfahrt durch die Oasengärten bezaubert die alte Saharastadt mit ihrer Lehmziegelarchitektur und dem Paradies der Palmen.
Weitere Tipps im Reiseführer von
Daniela Schetar und Friedrich Köthe, Tunesien. Marco Polo. ISBN 978-3-8297-2918-5.
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