Wald und Wasser, Fachwerk und Schiefer prägen den Charakter des Bergischen Landes und des Sauerlandes. Dank des Fotografen und Bildjournalisten Udo Haafke liegt jetzt ein wunderbarer Reiseführer (Bruckmann) vor, der neugierig macht, diese Regionen mit dem Wohnmobil auf 13 Kurztrips zu erkunden. Inspirative Ideen für Aktivitäten rund um die vorgestellten Orte sowie Infos zu Stell- und Campingplätzen gibt es selbstverständlich dazu.
Sauerland, Bergisches Land – das klingt zunächst nicht unbedingt großartig, eher brav und bieder, ja unspektakulär. Zumindest, wenn man sie überflüssigerweise mit alpinen Regionen oder Meeresküsten zu vergleichen sucht. Sicher, die Berge im Sauerland sind nicht die höchsten und die Küsten beschränken sich lediglich auf solche, die die Seen (die meist Talsperren sind), uns bieten. Doch da ist mehr, viel mehr. Man muss sich nur darauf einlassen und genau hinschauen. Der von Udo Haafke akribisch recherchierte Wohmobilführer bietet für derlei Unternehmungen die allerbesten Voraussetzungen, tatkräftig unterstützt von Schusters Rappen und Drahteseln, die im 21. Jahrhundert oft zum E-Bike werden.
Zugegeben, als ich den Titel im Buchladen sah, griff ich zu, weil bei mir seit Kindheitstagen feststand, dass das Sauerkraut aus dem Sauerland kommt. Nun endlich wollte ich es bestätigt wissen, wurde aber nach der Lektüre doch hinsichtlich des Sauerkrauts etwas enttäuscht. Dennoch steht für mich fest: Sauerkraut passt gut ins Sauerland. Denn dem hochkarätige Vitamin C Gemüse Sauerkraut geht es ähnlich wie dem Sauerland. Man liebt es auf dem zweiten Biss/Blick.
Spaß beisiete: Das Sauerland heißt nicht Sauerland, weil hier alle missmutig in die Welt schauen – wie Haafke schreibt. Immer wieder traf er bei seinen Recherchen auf freundliche und hilfsbereite Menschen. Sauerland – abgeleitet aus dem mittelalterlichen Begriff „Suderland“ wurde fälschlicherweise mit „karg“ verbunden, weil das südliche Westfalen lange Zeit als rückständig galt, die Böden wenig ertragreich waren. Doch mit dem beginnenden Tourismus im 19. Jahrhundert änderte sich das. Als sich der Sauerländische Gebirgsverein gründete, der zur Bereitstellung eines Wegenetzes mit ausgeschilderten und markierten Wanderwegen beitrug, führte der einsetzende Fremdenverkehr zu immer mehr Touristen in der Region.
Kurztripps mit originellen Überschriften
13 Kurztripps mit originellen Überschriften: Reich des Neandertalers, Bergisches Dreierlei, Bergisches Herz, Wasserreich, Heilendes Klima, Höhen und Tiefen, Großartiger Süden, See mit Tiefgang, Absolute Spitze, Gipfel, Schlösser und Wasser, Westfälisches Meer, Entdeckungen im Hochsauerland sowie im Sauerländischen Westen machen neugierig und geben zugleich Hinweise auf Wohltuendes für Leib und Seele. Bewegung zu Fuß oder mit dem Rad, alles an frischer Luft, das macht Appetit. So gibt es zu jeder Reisempfehlung einen kulinarischen Hinweis (Symbol: grünes Tischgedeck).
Zum Beispiel auf dem 5. Kurztripp (Heilendes Klima) kann findet man im Bergischen Süden den Tip: „Traditionell Bergische Küche mit innovativ-modernem Einschlag offeriert das Haus Kranenberg in der Bielsteiner Straße. Das klassisch geprägte Brauhaus-Ambiente des Bielsteiner Wohnzimmers kommt nicht von ungefähr, wurde doch im Jahr 1900 just hier das erste Bier gebraut und damit der Status des Bierdorfs begründet.
www.haus-kranenberg.de
Darüber hinaus gibt es zu jeder Kurztour einen grün unterlegten Tipp, der auf weitere Sehenswürdigkeiten in der Nähe verweist. Und am Ende einer jeden Tour gibt es grün eingerahmt unter der Rubrik „Auf einen Blick“ eine Liste der Sehenswürdigkeiten, Campingplätze und Wohnmobilstellplätzen mit den Adressangaben, Anfahrtswegen und Kurzbeschreibungen. Sehr informativ und nützlich, wenn man eine Reise mit dem Wohnmobil vorbereitet.
Der Winter steht vor der Tür. Auf der Tour 9 (Absolute Spitze) empfiehlt Udo Haafke im Absatz
„Wintersport in Hessen“: Willingen
1934 erhielt Willingen im hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg den Status eines Luftkurortes, welcher seit 1957 zusätzlich das Qualitätssiegel „heilklimatisch“ trägt. Seither spielt der Tourismus, der zaghaft mit einigen Sommerfrischlern um 1900 begann, eine bedeutende Rolle für das Zentrum des sogenannten Uplandes am Ostrand des Hochsauerlandes. Seit 2016 befindet sich in Willingen mit der Mühlenkopfschanze die weltweit größte Großschanze für Skispringen. Ein touristischer Schwerpunkt liegt daher auf dem Wintersport rund um Ettelsberg, Mittelsberg, Mühlen- und Hegekopf. Wer erinnert sich nicht an die Sonderzüge mit Wintersportbegeisterten, die jeden Winter aus den Niederlanden nach Willingen fuhren. Für die Holländer waren die Sauerland-Berge die ersten „Gebirge“ nach der niederländisch-deutschen Grenze.
An der Bundesstraße 251, Waldecker und Briloner Straße, die sich durch die Bachtäler von Itter und Hoppecke schlängelt, entwickelte sich ein geschäftiges Ortszentrum. An dessen Rand liegen die vielfältigen Freizeitmöglichkeiten mit Sommerrodelbahn, Mountainbike-Park und Skiliften. Wander- und Radwege führen von hier ins Upland mit immer wieder fantastischen Ausblicken.
So habe ich wieder etwas gelernt: Sauerkraut passt zum Sauerland, weil in den Landgasthöfen zu guter bodenständiger Küche eben auch Sauerkraut in vielen Variationen auf der Karte steht.
Udo Haafke: Kleine Auszeiten – Sauerland und Bergisches Land – Wochenend et Wohnmobil. Bruckmann Verlag GmbH, München 2021. ISBN 978-3-7343-2087-3.
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