Wattläufer – Menschen, die im Watt mit gesenkten Köpfen wandern, um „wertvolles Strandgut“ zu finden, oder auch Vögel, die als Wattläufer die Aufmerksamkeit der Urlauber auf sich ziehen. Weniger bekannt sind die Eisenbahnen auf den Inseln und Halligen, die von Reiner Preuß ebenfalls als „Wattläufer“ bezeichnet werden. Der ausgewiesene Schmalspurkenner starb 2015. Jetzt erschien in 1. (Neu) Auflage seine 2012 unter dem Titel „Wattläufer – Eisenbahnen auf Insel & Hallig“ herausgegebenes Almanach, in überarbeiteter Fassung. Das Buch befasst sich, wie Reiner Preuß im Vorwort zur Ausgabe 2012 vermerkt, ausschließlich mit Bahnen der Nordseeinseln, von denen einige schon aus Gründen des Umweltschutzes noch immer in Betrieb sind.

Welche ostfriesische Insel hat eine Inselbahn?
Heute sind die Borkumer Kleinbahn (Spurweite 900 mm), die Inselbahn Langeoog (Spurweite 1000 mm) und die Wangerooger Inselbahn (Spurweite 1000 mm) die Hauptverkehrsmittel der genannten Inseln und haben große Bedeutung für den Tourismus.

Dazu gehört die Borkumer Inselbahn.

„Weniger technische Details zu den Fahrzeugen, dafür mehr zu den Bahnen und vor allem zahlreiche Bilder sind in die Edition aufgenommen worden, auch für diejenigen Leser, die sich die immer teurer werdenden Reisen nicht leisten können. Auch dieser Personenkreis soll erfahren, was es in der Nordsee gab und gibt.“

Für Liebhaber von Kleinbahnen ist diese Publikation sehr informativ. Ich bin gern auf den Inseln, meistens auf den Spuren von Menschen, die dort gelebt und gearbeitet haben. Doch auch die Spurensuche nach technischen Anlagen aus der Vergangenheit kann genauso interessant und spannend sein. Über die „eisernen“ Wattläufer, die Reiner Preuß sehr anschaulich mit vielen Fotografien darstellt, taucht man so ganz nebenbei in das Inselleben vergangener Zeiten ein. Es hat nicht immer was mit Romantik zu tun, doch immer mit harter Arbeit – bis heute.

Spiekeroog ist berühmt für seine Pferdebahn, wie Bahnexperte Malte wenig auf seiner Seite Inselbahn.de schreibt. Hier weitere Infos zu der Pferdebahn auf der Insel.

In fünf Kapiteln (Wasser, Watt und Wattwege, Wege zum Strand – Bahnen für die Feriengäste; Verhinderter Wasserdurchfluss und Lorenbahnen; Streng geheim, nicht öffentlich; Dollart, Borkum, Marinewagen und viel Nostalgie) stellt Preuß viele Informationen, Ereignisse und Wissenswertes aus dem Inselbahnenleben vor. Ein kleines Literaturverzeichnis rundet die Sache ab. Der „Wattläufer hat den Vorteil, dass er zehn Inselbahnen auf einen Blick vorstellt: Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog, Wangerooge, Amrum, Nördlichste mit schmaler Spur, die Sylter Inselbahn; Sylt mit Normalspur.

Einmalig: Inselbahn von Wangerooge

Ein Reiseführer der besonderen Art – unterhaltsam, spannend, nostalgisch. Gern würde ich auch heute mit der Bahn die ein oder andere Insel erkunden. Auf Wangerooge ist das noch möglich. Hier verbindet die Inselbahn, in Meterspur angelegt, den südlichen Anleger mit dem Ort im Norden, und fast jeder Reisende nach Wangerooge benutzt einen der an der Landungsbrücke bereitstehenden Schmalspurzüge. Das Nordseewasser wird bei Ebbe am Anleger zu flach für die Fähren. Eine tideunabhängige Fahrrinne gibt es nicht. So gilt bei der Zugverbindung der Tidefahrplan zwischen Harlesiel und dem Westanleger an der Insel Wangerooge.

Ankunft am Hafen in Wangerooge Foto: Weirauch

Ankunft am Hafen in Wangerooge Foto: Weirauch

einfachraus.eu schildert hier seine Eindrücke von einem Besuch auf der Insel Wangerooge.

Preuß schreibt, dass es außer auf Wangerooge keine Inselbahn in der Nordsee gibt, die von Staat gebaut und betrieben wurde. Noch heute ist sie quasi in staatlicher Hand, denn die Deutsche Bahn hat auch nach dem zum 1. Januar 1994 vollzogenen Zusammenschluss von Bundes- und Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG diese Schmalspurbahn behalten. „Jedoch ist die Diskussion um das Fortbestehen der letzten Schmalspurbahn im Eigentum der Deutschen Bahn keinesfalls zu Ende. Zunächst geht es um einen neuen Anlegen an anderer Stelle. Da die Fahrrinne des Westanlagers den Schiffen Fahrpläne abhängig von den Tidezeiten aufzwingen, stört das einige Wangerooger, die sich schon lange einen Zugang auf der Nordseite der Insel vom offenen Meer wünschen. Da hat das Fahrwasser ausreichend Tiefgang für die anlandenden Schiffe. Der Nordanleger wurde sich direkt im Ort befinden, auf die Inselbahn könnet verzichtet werden! Gegner des Projekts verweisen auf Kosten von 42 Millionen Euro für den neuen Hafen und die laufenden Kosten, da die Fahrrinne vom angespülten Sand frei zu halten ist. Sie wollen statt dessen für 15,5 Millionen Euro den Westanleger modernisieren, die Gleise für den Güter- und Personenverkehr trennen und ein Bahnsteigdach bauen lassen.“

Preuß trägt das Für und Wider ohne Wertung zusammen. Für die Inselgäste gehört die Inselbahn zu einem einmaligen Erlebnis. Für die Inselbewohner ist die Bahn oft ein Hindernis im alltäglichen Inselleben … Bleibt zu hoffen, dass für die Interessen aller Betroffenen zukünftig eine gute Lösung gefunden werden kann.

Woher kamen die Wagen?

Die Inselbahn Wangerooge feiert 1997 ihr 100jähriges Jubiläum. Dampflokomotiven betrieben zunächst die Kleinbahnen auf den Inseln, ehe Diesellokomotiven mit vierachsigen, meist dunkelgrünen Reisezugwagen dazukamen. Diese Reisezugwagen wurden 1993 ausgemustert und durch zwei kombinierte Sitz-Gepäckwagen, geeignet für Rollstühle und Kinderwagen, und zwölf Sitzwagen von jeweils 12,30 Meter Länge über Puffer als Plattform-Durchgangswagen im damaligen Reichsbahnausbesserungswerk Wittenberge, Werk Perleberg, gebaut, ersetzt. Bei den Wagen verzichtete man auf Toiletten und begründete dies mit dem Umweltschutz im Wattenmeer.

Nördlichste mit schmaler Spur, die Sylter Inselbahn (Spurweite 1000 mm)

Insgesamt drei Schmalspurstrecken entstanden zwischen 1888 und 1908 auf Sylt; die Ost-, die Süd- und schließlich die Nordbahn. Die Züge der schmalspurigen Sylter Inselbahnen, die bis 1970 verkehrten, sind heute vergessen. Wer will, kann die ehemalige Bahnstrecke der 14,5 Kilometer langen, eröffnet am 1. Juli 1901,  Südbahn mit dem Fahrrad von Hörnum Richtung Westerland erkunden. Viele Abschnitte des ehemaligen Bahndamms dienen heute als Rad- und Wanderweg, der über die gesamte Insel in Not-Düd-Richtung führ. Da die ehemalige Trasse der Ostbahn größtenteils auf dem Gelände des heutigen Flughafens Sylt lag, ist sie nach dessen Ausbau nicht mehr zu erkennen. Die Anschlussgleise und Strecken der Wehrmacht sind ebenfalls ausnahmslos zurückgebaut, so dass man heute nur noch an wenigen Stellen den einstigen Verlauf dieser Stichstrecken erkennt oder erahnt. In Westerland erinnert der vom Busbahnhof in nordöstlicher Richtung auf dem ehemaligen Bahndamm seit Ende der 1970er Jahre verlaufende „Bahnweg“ an die ehemalige Inselbahn.

Erinnerung an die Sylter Inselbahn vor dem Bahnhof Westerland

Erinnerung an die Sylter Inselbahn vor dem Bahnhof Westerland

Dem Prinzip der Vielfalt der Bahnen blieb die SVG auch nach dem Zweiten Weltkrieg auf Sylt bei. Nicht ohne Grund, wie Preuß schreibt: „In den 1950er- und 1960er-Jahren stellten überall in Deutschland zahlreiche Schmalspurbahnen ihren Personenverkehr ein. So gab es für die SVG immer wieder die Möglichkeit, gut erhaltene und gepflegte Fahrzeuge anderer Bahnen zu erwerben. Besonders fielen die Borgward-Sattelschlepper der SVG auf. Die Triebwagen waren für 53 Sitz- und 25 Stehplätze eingerichtet. Sie fuhren auch mit Beiwagen.

Spenden für den L.T.4

Glücklicherweise blieb mit dem L.T.4 einer dieser außergewöhnlichen Sattelschlepper erhalten. „Als einmaliges Schienenfahrzeug der deutschen Schmalspurbahngeschichte soll es aus seinem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf geweckt und betriebsfähig aufgearbeitet werden. (s. hierzu die Homepage www.sylter-duenenexpress.de).“

Vielleicht zieht einen Tages ein neuer alter eiserner Wattläufer die Blicke auf sich?

Auch auf Langeoog gibt es eine Inselbahn, diese werden wir bald besuchen.

Reiner Preuß, Wattläufer – Eisenbahnen auf Insel & Hallig.

Buch.Wattläufer

Cover Transpress Verlag

1. Auflage 2024. Transpress Verlag, Stuttgart. Hier geht es zum Verlag:  www.transpress.de

Hier die Borkumer Inselbahn.