Wohin mit unserer Entdeckerlust in Corona-Zeiten? Wo Kunst- und Kulturerlebnisse meist nur noch digital erlebbar sind? Wir wollen aber an die frische Luft, nach Möglichkeit in diesen Zeiten nur wenigen Menschen begegnen und dennoch Kontakte knüpfen, die uns neugierig machen. Wo kann man das am besten? Wir bleiben unserer Vorliebe treu und suchen am Neujahrstag einen Friedhof auf, auf den uns auf den Stahnsdorfer Friedhof ruhende Personen leiteten:
Berliner Waldfriedhof Heerstraße
Er wurde 1924 als erster interkonfessioneller Friedhof Charlottenburgs eröffnet. In Charlottenburg hatte die Kirche das Friedhofsmonopol inne; in allen anderen Berliner Bezirken gab es kommunale Friedhöfe, wo sich nicht evangelische Einwohner Charlottenburgs bestatten lassen konnten. Das konnte man nur auf dem 1909 gegründeten Stahnsdorfer Südwest-Kirchhof im dortigen Feld „Charlottenburg“. Rund 20 Kilometer entfernt und ab 1912 mit der S-Bahn erreichbar.
Friedhof an der Heerstraße
Direkt gegenüber dem Olympiastadion gelegen, glaubt man zunächst nicht, dass dieser Friedhof wie kein anderer in Berlin für so viele prominente und berühmte Berlinerinnen und Berlinern die letzte Ruhestätte bietet. Wir parken unser Auto nicht in der Heerstraße – wie es der Friedhofsname zunächst vermuten lässt -, sondern in der Trakehner Allee 1, wo sich das wenig einladende Verwaltungsgebäude und der mit Besucher-Hinweisen versehene Haupteingang befinden. Der Friedhofsname bezieht sich auf die 1924 angelegte Villenkolonie Heerstraße.
Über den Haupteingang betreten wir das Friedhofsgelände, das uns überrascht und vollkommen gefangen nimmt. Die direkt hinter dem Verwaltungsgebäude liegende Steintreppe führt uns hinunter zum „Sausuhlensee“. Terrassenförmig führen links und rechts Wege zu den Gräbern. Immer wieder neue Blickachsen, hohe Bäume (Ulmen, Kastanien, Linden, Ahorn) bilden einen „Dom des Waldes“, darin die etwas wuchtig wirkende Trauerhalle aus märkischem Backstein. Erich Blunck (1872-1950) ist der Architekt, für die Gartengestaltung steht der damalige Charlottenburger Gartendirektor Erwin Barth (1880-1933), der auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof in Stahnsdorf ruht.
2023 – 100. Geburtstag von Loriot
Geboren wurde Loriot übrigens in Brandenburg an der Havel. Darüber lest ihr hier mehr.
Hier erfahrt ihr mehr über Geburtsstadt Brandenburg/Havel.
Wir tauchen ein in eine Landschaft, die schon Fontane 1894 als „eine der schönsten, welche der Grunewald aufzuweisen hat“, beschrieb. „Berg und Tal wechseln in lieblicher Folge mit einander ab …“ 30 Jahre später nimmt ein Teil dieser wunderschönen Landschaft die ersten Gräber der in diesem Villenviertel Lebenden auf und fast 100 Jahre später lädt uns der heute 15 Hektar große Friedhof zu einem kultur-historischen Spaziergang mit vielen Überraschungen ein.
Wir gehen zunächst hinter dem Verwaltungsgebäude über die hinunterführende Treppe bis zur dritten Terrasse, biegen dort rechts ab und gelangen zur Grabanlage für Hans Ullstein (1859-1935), den ältesten Sohn des Verlaggründers Leopold Ullstein (ruht auf dem jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee). Hans war nach dem Tod seines Vaters Seniorchef des Hauses Ullstein geworden. Auch sein Bruder Franz, der von 1897 bis 1934 die Abteilung der Tageszeitungen des Ullstein-Verlags leitete und nach dessem Zwangsverkauf (1933/34), 1938 in die USA (New York) emigriert war und 1945 dort gestorben ist, ruht im 1928 von den namhaften Künstlern Ernst Lessing und Max Bremer aus Muschelkalk gestalteten Familiengrab. Zwei dorische Säulen bilden den Rahmen für den von Josef Thorax (1889-1952) geschaffenen Akt eines Liebespaares.
Und wieder gibt es eine Querverbindung zum Südwest-Kirchhof in Stahnsdorf: Louis Ullstein, ein weiterer Bruder von Hans und Franz, der für die kaufmännisch-organisatorische Leitung des Unternehmens zuständig war, starb 1933 und wurde in einer Grabanlage auf dem Stahnsdorfer Südwest-Kirchhof im Block Charlottenburg bestattet. Zu DDR-Zeiten nicht gepflegt, verwildert und seiner Eingangsputten beraubt, ist die Grabstätte heute aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht.
Nach 25 Jahren als Redakteur der „Berliner Morgenpost“ ist es mir immer ein Bedürfnis, an den Gräbern der Ullsteins in Dankbarkeit zu verweilen.
Vorbei an den Gräbern des Schauspielers Vadim Glowna, der Familie Seidler mit dem prägnanten Edelstahl-Denkmal des Bildhauers Volkmar Haase (1930-2012), dessen Grab sich ebenfalls auf diesem Friedhof befindet, kommen wir am Grabstein des Bariton Dietrich-Fischer-Dieskau vorbei und gelangen zum Grabstein des Mediziners Willibald Pschyrembel.
2023 – 175.Geburtstag von Helene Lange
Adresse des Friedhofes Heerstraße
Waldfriedhof Heerstraße
Trakehner Allee 1
14053 Berlin
Hier besuchen wir den Stahnsdorfer Südwestkirchhof
https://www.einfachraus.eu/ein-besonderes-refugium-stahnsdorfer-suedwestkirchhof/
Hinterlasse einen Kommentar