Wann, wenn nicht jetzt – dachten wir uns und zogen los nach Brandenburg, für uns die wohl „schönste Stadt“ in unserer näheren Umgebung. Neben Potsdam natürlich (:- Sehr geschichtsträchtig und mittlerweile vielerorts mit viel Engagement saniert und lebenswert. Seit Jahren beobachten wir, wie sich Brandenburg an der Havel verändert. Zu Ende der DDR-Zeit fiel das Zentrum Brandenburgs in einen Dornröschenschlaf. Aus heutiger Sicht war das die Rettung. Denn die historische Mitte der Stadt Brandenburg blieb, wie sie Jahrhunderte gewachsen war. „Selten gibt es eine Stadt, die so reich ist an architektonischen Zeugen des Mittelalters, der Gotik, des Barock und der Renaissance“, schwärmt Journalistenkollege Heiko Hesse im Prospekt „Museen in Brandenburg an der Havel“. In Brandenburg/Havel wurde übrigens Vicco von Bülow, Loriot, geboren. In der St. Gotthardt Kirche wurde er getauft.
Hier geht es zum Stadtmuseum Brandenburg/Havel
„ausgewilderte“ Waldmöpse
Und die liebenswerte Stadt ist um Attraktionen reicher geworden in den letzten Jahren. So wie beispielsweise das polnische Wroclaw (Breslau) mit seinen Zwergen den Bürgersinn für Kunst im öffentlichen Raum stärkt, so führen uns die „ausgewilderten“ Waldmöpse die uns die begegnungsarme Corona-Zeit etwas erträglicher macht. Hier einige Anregungen von einfachraus.eu.
Was wir in der Stadt Brandenburg erlebten
Wie immer zieht es uns zunächst bei der ersten Begegnung mit einer Stadt in die Touristeninformation. Zu unserer Freude erhalten wir während unseres Kurzbesuches hier Tipps für Spaziergänge durch die mehr als 1050 Jahre alte Stadt, die der Mark und dem Land den Namen gab. Dieses Mal sind es eine Karte zu den „ausgewilderten“ Waldmöpsen und ein wunderbares Heft über die Stationen zu Theodor Fontanes Aufenthalt in Brandenburg. Die Waldmöpse gehen auf Loriot zurück. Erinnert ihr euch an seinen Spruch „Ein Leben ohne Mops…..
Tages-Stippvisite in Brandenburg
Mit etwa 72.000 Einwohnern zählt Brandenburg an der Havel eher zu den überschaubaren Städten. Doch mit mehr als 200 Quadratkilometern Fläche nimmt sie schon großstädtische Züge an. Natürlich ist nicht alles bebaut. Was uns so gefällt: ein Viertel der Fläche besteht aus Wasser, Wald, Feld und Flur mit endlosen Wegen, die sich durch die Forsten der hügeligen Zauche und die Wiesen des Havellandes ziehen. Seen, die Havel und viele Wasserstraßen bringen das markante Blau in das Stadtbild. Zwei der historischen Stadtkerne (Dominsel und Neustadt) sind Inseln. Und über Brandenburg an der Havel ist man mit den Weltmeeren verbunden … Mit dem Boot auf der Havel westwärts segeln – irgendwann ist man in der Nordsee; oder man nimmt die östliche Route über Berlin zur Ostsee. Nirgendwo im Land Brandenburg kann man schneller und weiter über den Tellerrand gucken als in Brandenburg an der Havel. Das ist das Schöne an der Stadt, dass man – egal von welcher Seite man auf die Stadt zugeht, immer wieder an Standorte kommt, die unsere Blicke weiten – in vielerlei Hinsicht. So schwärmt das Prospekt aus der Touriinfo.
Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos. (Vicco von Bülow alias Loriot)
Hier findet ihr weitere Informationen zur größten Orgel des Landes Brandenburg.
Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos. (Vicco von Bülow alias Loriot)
Als wir in der Touristeninformation den Plan für den Stadtrundgang zu den Waldmöpsen in Brandenburg erhielten, ahnten wir noch nicht, dass uns kurze Zeit später eine Begegnung mit einem 13-jährigen Mops, der trotz einiger Altersgebrechen, dennoch „mopsfidel“ mit seinem Frauchen an der Katharinenkirche, der Pfarrkirche der Neustadt, unterwegs war, bevorstand. Zunächst einmal lauschte Mops Eddi – wie wir – den Orgelklängen aus der Kirche. Brandenburg empfängt uns mit Musik – besser kann ein Stadtrundgang nicht beginnen. Eddi zog es danach zu einigen Ständen, denn mittwochs bis freitags zieht ein kleiner, aber gut sortierter Viktualienmarkt Gäste an.
Mops Eddis Nase witterte den Fleischstand, aber sein Frauchen wollte uns noch unbedingt darauf aufmerksam machen, dass wir auf der Rückseite der Katharinenkirche unseren ersten Waldmops finden würden. Danke für den Tipp, so fand unter Orgelklängen unsere erste Begegnung mit einem Waldmops statt. Bisher wurden schon über 25 Waldmöpse in den drei historischen Stadtkernen gesichtet. Auf unserer Karte sind in der Altstadt 12 Waldmöpse angezeigt. Im Waldmopsareal auf der Dominsel soll es fünf dieser liebenswerten Möpse geben, ebenso im Waldmopsareal am Historischen Hafen und im Waldmopsareal um das Sankt Paulikloster, der Katharinenkirche und dem Neustädtischen Markt.
Im Juli und August gibt es sonntags „Waldmopsführungen“ (buchbar über die Touriinfo), wo es so manche Begebenheit aus dem Leben des „Entdeckers“ Vicco von Bülow alias Loriot zu hören ist. Loriot wurde im November 1923 in Brandenburg geboren. Getauft wurde er in der Kirche St. Gotthardt. Über Wikipedia erfährt der Besucher Brandenburgs mehr über die Entstehungsgeschichte der Waldmöpse.
Fritze Bollmann, der Barbier aus Brandenburg
Über die St. Katharinenkirche gelangen wir zur Hauptstraße. Links kommen wir am Fritze-Bollmann-Brunnen vorbei. Zu dieser Jahreszeit – im November – ist er „eingehaust“.
Sonst könnten wir die wohl bekannteste Person Brandenburgs bei seiner Lieblingsbeschäftigung in Brandenburg „uff’n Beetzsee“ beobachten. Dem Barbier aus Brandenburg fiel beim Angeln die Angelrute in den Beetzsee. Beim Bergen seiner Angel fiel er in’s Wasser und „ersuff“. Vor der Himmelspforte bat er: „Lieber Petrus lass mich durch, den ick bin doch Fritze Bollmann, der Barbier aus Brandenburg.“ Petrus ließ ihn unter der Maßgabe rein, dass Fritze Bollmann ihn balbieren müsse. Die Rasur muss recht ruppig ausgefallen sein, denn Petrus ließ ihn die große Himmelsleiter wieder runter gehen. „…kratz man unten feste weiter, ick laß mir ´n Vollbart steh’n!“
Zur Jahrtausendbrücke
Weiter geht es zur Jahrtausendbrücke, vorbei an Baustellen, ja noch einige Häuser und unrestaurierte Fassaden müssen erneuert werden. Das geht nur Schritt für Schritt, langsamer, als sich mancher wünschen mag. Doch es hat sich in den letzten Jahren viel getan. Und es macht auch Spaß, zu beobachten, wie sich Haus für Haus, Fassade für Fassade verändern. Farbe und Formen kommen ins Spiel, kein Allerlei, Individualität ist zu spüren. Das gibt der Stadt ihren eigenen Charme. Und es ziehen neue Geschäfte ein, junge Menschen geben der Stadt neue Impulse.
Wir kommen an der Werkstatt-Galerie TONICA vorbei, die Schaufensterauslage zieht uns in das Geschäft. Die junge Keramikerin mit dem hübschen Namen Linde Rosenmüller berät uns freundlich, und schon haben wir für den bevorstehenden Nikolaustag mehrere zarte keramische Margeriten für unsere Freundinnen gekauft. Und bekommen auch noch Tipps für unseren Rundgang.
Unbedingt müssen wir auf der Jahrtausendbrücke nach links und rechts über die Havel schauen. „Da gebe es die schönsten Blicke.“ Und das machen wir auch, vorab holen wir uns im Brückencafé noch einen Kaffee to go und dann verlassen wir über die Brücke die Neustadt und gehen in die Altstadt.
Die historische Innenstadt, lässt sich vom Wasser aus erkunden. Denn der Fluss, den in der Stadt 58 Brücken überspannen, verbindet die drei Inselstädte mit seinen Nebenarmen, Gräben sowie Kanälen und schlängelt sich so an über 400 historischen Baudenkmälern vorbei. Auf dem 7 km langen Rundkurs bieten sich viele Anlegemöglichkeiten für einen Landgang mitten in der Stadt an. Ob Salzhofufer, Jungfernsteig oder Neustädtisches Wassertor, die Sehenswürdigkeiten St. Katharinenkirche, Archäologisches Landesmuseum im Paulikloster sowie Dom St. Peter und Paul sind im Nu zu erreichen.
Historischer Hafen an der Wiemann-Werft
Mit einem wehmütigen Blick schauen wir von der Brücke aus auf das über 100 Jahre alte Dampfschiff „Nordstern“, mit dem wir in früheren Jahren die reizvolle Kulisse Brandenburgs vom Wasser aus erkundeten. Jetzt ruht das Dampfschiff im Historischen Hafen, der Kessel wartet auf eine Reparatur. Schade, denn für uns gehört zu Brandenburg neben der Geschichte des Blechspielzeugs der Firma Ernst Paul Lehmann (das Wohnhaus des Spielzeugfabrikanten in der Plauer Straße ist eines der schönsten Jugendstilhäuser Brandenburgs) auch die Geschichte der Dampfschifffahrt. Und das Dampfschiff „Nordstern“ (Jahrzehnte von Kapitän Lothar Bischoff gehegt und gepflegt) gehört einfach dazu, ist ein Teil von ihr. Auf der anderen Brückenseite blicken wir auf die Ruine der St. Johanniskirche, die dank der Initiativen zur Bundesgartenschau eine neue Nutzung als Konzert- und Ausstellungshalle fand. 1945 wurde die Kirche zerbombt und war bis zu ihrer Restaurierung zur Bundesgartenschau im Jahr 2015 mit einem Notdach versehen. Erbaut im 13. Jahrhundert von den Franziskanermönchen, wurde der frühgotische Backsteinbau seit dem Zuzug von Hugenotten von der deutschen und der französischen reformierten Kirche gemeinsam genutzt. In ihrer Nähe findet sich auch das Denkmal für Loriot, der in Brandenburg einige Kindheitsjahre verbrachte.
Stadtmuseum im Frey-Haus
Weiter geht es auf der Ritterstraße zur Nummer 96. Hier befindet sich die Blechspielzeugsammlung im Museum Frey-Haus (Freihäuser waren im Mittelalter häufig landesherrliche Lehen, die von den Stadtrechten ausgenommen waren, meist steuerliche Privilegien, genossen). Spielzeugfabrikant Ernst Paul Lehmann erwarb das Haus 1912. Zuvor diente das 1723 im Barockstil erbaute Massowsche Palais als Beherbergungsort der Regimentskommandeure des Infanterieregiments Nr. 36. 1936 schenkten die Erben Lehmanns den Frey-Haus-Komplex seiner Heimatstadt. (mehr zur Geschichte des Museums unter www.stadtmuseum.stadt-brandenburg.de) Zur Weihnachtszeit lohnt ein Museumsbesuch, wenn nicht gerade das Corona-Virus alles lahm legt. In diesem Jahr werden wohl alle kleinen und „großen“ Kinder auf einen Museumsbesuch verzichten müssen. Schade, denn hier begann auch für unsere Familie immer ein Stück weit die Advents- und Weihnachtszeit.
Von hier aus kommt man links in die Plauer Straße, wenn man diese überquert, hat man einen guten Blick auf das Jugendstilgebäude Nr. 6, das heute von der Stadtverwaltung Brandenburg genutzt wird. Hier, direkt bei seiner Fabrik, wohnte die Fabrikantenfamilie Lehmann. Eines der berühmtesten Spielzeuge war „Der störrische Esel“. Das ließ Lehmann über den Hauseingang verewigen.
Von der Ritterstraße aus werfen wir noch einen Blick auf den 69 Meter hohen Marienberg.
Ein hoher Turm strahlt im Sonnenschein weit in die Stadt hinein und zieht die Blicke auf sich. Von der Friedenswarte hat man sicher einen guten Blick auf die Stadt, doch wir wollen heute weiter zum Altstädtischen Rathaus, biegen deshalb von der Ritterstraße nach rechts auf den Altstädtischen Markt ab.
Schönster Roland in Norddeutschland
Hier treffen wir zunächst wieder auf einen Waldmops, der neugierig über den Brunnenrand auf das im 15. Jahrhundert erbaute Altstädtische Rathaus mit dem Brandenburger Roland schaut.
Der Eulenspiegel Heiko Hesse von Brandenburg am Brunnen vor dem historischen Rathaus, Foto: privat
Die von Jugendlichen 2007 gestaltete Loriot-Bank am Altstädter Rathaus ist beliebtes Fotomotiv Foto: Weirauch
Der Turm des Rathauses wurde 1826 von Karl Friedrich Schinkel erneuert. Vor dem spätgotischen Bau steht heute der in Stein gehauene Roland. Er erinnert an die Zeit, als Brandenburg noch Mitglied im Hansebund war. Hansestadt Hamburg, Hansestadt Rostock … Hansestadt Brandenburg an der Havel … das ist kaum mehr bekannt, dass Brandenburg an der Havel einst zu den Hansestädten gehörte. Doch die schönen Backsteinhäuser in der Stadt künden vom einstigen Reichtum und Wohlstand, den der Handel über den Hansebund in die Stadt gebracht hat. Zurecht gehört die Stadt Brandenburg zur Europäischen Straße der Backsteinkultur.
Zurück zum Roland, der stand seit 1474 auf dem Markplatz der Neustadt, bis er 1716 vor das Neustätische Rathaus versetzt wurde. Im zweiten Weltkrieg wurde dieses Rathaus zerstört, und so erhielt der Roland 1946 vor dem Altstädtischen Rathaus ein neues Domizil. Über dem Eingang zum Rathaussaal ist zu lesen: „Wo einer kommt und sage an, er hab es allen recht gethan, so bitten wir diesen lieben Herrn, er woll uns solche Kunst auch lehrn.“
Fundgrube für Backsteinfans
Wir wissen, man kann es nicht allen recht machen, aber man kann Kompromisse finden. Doch das ist ein „weites Feld“ würde Fontane sagen, der von 1874 bis 1880 jährlich die Stadt besuchte, hat dieser aber nie einen eigenen Teil seiner „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ gewidmet. 1888 schrieb er an den Brandenburger Verleger Wiesike: „ … denn so viel ich mich mit Einzelpartien unserer Mark beschäftigt habe, zu einem auch nur leidlich gründlichen Studium der einst wichtigsten Stadt des Landes bin ich nie gekommen.“ 2019 hat die Stadtmarketing- und Tourismusgesellschaft Brandenburg an der Havel mbH ein Notizbuch des Dichters herausgegeben, das eine fiktive Reise Fontanes durch die Stadt Brandenburg im Jahr 1888 festhält. Das ist lesenswert, bietet Wissenswertes und lädt zu weiteren Spaziergängen ein. Doch wir sind am Altstädtischen Rathaus und wir erfahren aus dem „Notizbuch“, dass Fontane für seine Recherchen über die „gefährlichen Ritter“ Quitzows auf Plaue u.a. auch die Aufzeichnungen des Volkslieddichters und Chronisten der Stadt Brandenburg, den Altstädter Nikolaus Upslacht, nutzte. Upslacht ist Zeitzeuge, verfasste 1414 ein Gedicht über den Fall der Quitzows, die in der Prignitz saßen, er starb 1450. Es ist selten, dass aus dieser Zeit eine bildliche Darstellung eines Chronisten überliefert ist. In Brandenburg an der Havel ist über dem östlichen Eingang des ab 1450 erbauten Altstädtischen Rathauses ein Reliefbildnis von ihm zu sehen, das Bürger der Stadt stifteten.
1715 wurden die beiden bis dahin selbstständigen Städte Altstadt und Neustadt zu Brandenburg vereinigt. Das altstädtische Rathaus verlor seine Bedeutung. Erst drei Jahrhunderte später wurde es wieder zum zentralen Sitz der städtischen Verwaltung. Man beachte auch die vielen Wappen, die u. a. die vielen in der Stadt ansässigen Gewerke darstellen.
Älteste Kirche der Mark Brandenburg
Weiter geht es geht es über die Straße Parduin (Aus der Siedlung Parduin (ndd. Flussarm, gesprochen pardün oder parduhn) entstand in der slawisch-deutschen Übergangsphase im 12. und 13. Jahrhundert die Altstadt Brandenburg. Wikipedia) zur St. Gotthardtkirche. Um 1140 erbaut, war sie die erste Niederlassung von christlichen Priestern auf dem Gebiet der späteren Stadt Brandenburg. Wer weiß schon, dass die Gotthardtskirche 1161 zum Bischofssitz und damit zum Dom erhoben wurde und nur für kurze Zeit das Domizil für die Mönche des Prämonstratenser-Ordens war? Vier Jahre später, 1165, zogen sie auf die Dominsel um und beteiligten sich fortan von hier aus an der Christianisierung der slawischen Bevölkerung. Die wuchtigen behauenen Feldsteine am Westwerk der St. Gotthardtskirche stammen noch aus der Zeit der Ansiedlung der Prämonstratenser und sie ist damit die älteste Kirche der Stadt und der Mark Brandenburg.
Hier wurde Loriot getauft
In der Kirche sollte man unbedingt einen Blick auf das Taufbecken werfen, denn hier wurde Loriot getauft. Somit sind wir ihm ganz nahe, natürlich wartet vor der Tür ein verlaufener Waldmops auf uns.
Nimm es und werde damit glücklich
Noch ein besonderes Erlebnis erwartet uns auf dem Gotthardtkirchplatz. Auf dem Weg Richtung Mühlentorstraße kommen wir an eine Bücherkiste vorbei. Wir können nicht nur so vorbeigehen, sondern müssen auch einen Blick hineinwerfen. Und natürlich finden wir auch eine Ausgabe von 1958 über das Bau- und Holzgewerbe mit zahlreichen Zeichnungen, Berechnungen, Kalkulationen usw. Für die Rekonstruktion und Restaurierung der alten Häuser war das und ist dieses Grundlagenwerk bestimmt eine große Hilfe gewesen. Und wo, wenn nicht hier im ältesten Kiez ist es gebraucht worden. Dem Besitzer muss es Freude bereitet haben, die möchte er auch weitergeben, denn eine Notiz ist auf einem gelben Zettel an den Karton getackert: Mit erhobenem Zeigefinger und spitzbübischem Blick rät ein Mönch: „Nimm es mit und werde damit glücklich …“
Ein weiteres Souvenir, das in unseren Rucksack kommt, und unser Glück an diesem Tag vollkommener macht. Und unsere Glücksgefühle werden noch verstärkt, denn auf unserem weitere Spaziergang über die Mühlenstraße, Homeyenbrücke (unter ihr fließt die Niederhavel in den Beetzsee) und dem Grillendamm stoßen wir auf seltenes Naturdenkmal. Zunächst suchen wir in der Ferne den Dom, denn der ist unser nächstes Ziel. Dann fühlen wir uns wie in einem botanischen Garten und sind überrascht. Denn Sumpfzypressen erwartet man hier nicht oder doch? Schließlich befinden wir uns in einer wasserreichen Gegend. Auf der Domseite des Grillendamms (ob die bizarren Grillen dem Damm den Namen gaben?) jedenfalls ließ 1841 der Stadtrat Johann Gottfried Bröse auf eigene Kosten 21 Sumpfzypressen anpflanzen. Ein Stadtrat mit Visionen … es würde ihn bestimmt glücklich machen, wenn er sehen könnte, wie majestätisch ein großer Teil der Sumpfzypressen sich bis heute gegen Umwelteinflüsse behaupten konnte.
Direkt an einer der befahrensten Straßen in Brandenburg gelegen, trotzten sie bisher den Abgasen der Autos. Wir erfreuen uns an ihrem Anblick und hoffen, dass sie uns noch lange überleben werden.
Am Ende des Grillendamms gelangen wir nach rechts über einen Caravan-Parkplatz und an einem Werbeschild vorbei, das für einmalige Kahnfahrten durch Brandenburg wirbt, über eine kleine Brücke zur Dominsel. Von der Brücke schauen wir zunächst auf ein wunderschön restauriertes Bootshaus, ein Blickfang für unsere Augen. Aber auch die Häuser am Mühlendamm sind eine Augenweide.
Sie sind mittlerweile zu Wohnhäusern ausgebaut und wir träumen uns auf einen der Balkone, stellen uns vor, dort mit einem Glas Wein an diesem herbstlichen Abend unseren Spaziergang zu beschließen. Doch noch ist es nicht so weit, die Dominsel mit dem Dom St. Peter und Paul wartet auf uns. Auch hier hat sich viel getan, ein neues kleines Dom-Hotel und eine neue Gaststätte daneben ziehen unsere Blicke auf sich. Doch leider können wir die Neuheiten nur von außen wahrnehmen. Wie uns auch der Dom mit seinem Dom-Museum und seinem Dom-Schatz, der jährlich viele Besucher anzieht, wegen Corona verschlossen bleibt. Das Dommuseum verwahrt bedeutende Zeugnisse und Kunstwerke aus der wechselvollen Bistumsgeschichte. Zahlreiche gotische Altarbilder und Skulpturen zeugen von der einst reichen Ausstattung der Kathedrale. Hochbedeutend ist vor allem der im europaweiten Vergleich sehr reiche Bestand an mittelalterlichen liturgischen Textilien. Das Innere des Domes mit dem berühmten Altar und der Orgel ist einen Besuch extra wert.
Aber wir sind nicht traurig, nach einem rund fünf Kilometer langen Spaziergang sind wir zwar etwas fußlahm, doch wir wissen, dass wir wiederkommen werden. Es gibt noch so vieles in der Innenstadt zu sehen, wie z. B. ein Spaziergang durch die Steinstraße über das St. Paulikloster zum Stadtkanal, zu den vier Tortürmen, nicht zu vergessen das Brandenburger Theater, die Kunst-Galerie „Sonnensegel“ und, und, und. Das Land Brandenburg unterstützte die Sanierung in der Stadt seit 1991 mit 142 Millionen Euro für die Stadtentwicklung/Stadterneuerung. Im Rahmen der Wohnraumförderung wurden seit 1991 rund 240 Millionen Euro für 8.000 Wohnungen bewilligt. Beachtliche Zahlen, weitere Hilfen sind angekündigt. Bund und Land stellen aus den neuen Programmen „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“, „Lebendige Zentren“ und „Sozialer Zusammenhalt“ Geld unter anderem für den Rückbau von nicht benötigten Wohnungen, soziale Projekte und Straßenbauvorhaben bereit.
Der Veranstaltungskalender der Stadt Brandenburg an der Havel ist umfangreich und bietet eine große Vielfalt an kulturellen Veranstaltungen. Wir hoffen, dass wir nach der einschränkenden Coronazeit diese Vielfalt wieder genießen können. Noch mehr wünschen wir uns, dass die Entschuldigung des Oberbürgermeisters an die um das Überleben kämpfenden brandenburgischen Künstler der Brandenburger Symphoniker die einzige bleiben wird. Denn mit einem originellen Konzert von Haus zu Haus, von Kirchturm zu Kirchturm kommt bei den Zuhörern Freude auf und ein bisschen vergisst man auch all die Einschränkungen in dieser Zeit. Auch Ordnungsamtsentscheidungen unterliegen einem Abwägungsermessen, das begründet werden muss. Die MAZ – Lokalausgabe der Stadt Brandenburg berichtete darüber.
Weitere Informationen
Touristinformation Brandenburg an der Havel
Neustädtischer Markt 3, 144776 Brandenburg an der Havel
Tel. 03381 796360, www.erlebnis-brandenburg.de
Museen in Brandenburg an der Havel, hrsg. von AG Museen und Gedenkstätten in der Stadt Brandenburg an der Havel und Umgebung, 2003.
Stadt Brandenburg. Fontane an der Havel, Fontane-Notizbuch, hrsg. von Stadtmarketing- und Tourismusgesellschaft Brandenburg an der Havel mbH, Brandenburg 2019.
www.fontane-brandenburg.de
TONICA
Hauptstraße 74, 14776 Brandenburg an der Havel
www.tonica-keramik.de
weitere Tipps für einen Brandenburg-Besuch:
Industriemuseum Brandenburg
Der letzte Siemens-Martin-Ofen Europas mit den dazugehörigen Anlagen zum Beschicken, Schmelzen und Vergießen ist als Technisches Denkmal zu besichtigen. Hier die Homepage.
mittägliche Orgelmusik an St. Katharien zu Brandenburg
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