Einfach raus. – „Leider ist das nicht so einfach, wie wir uns das vorstellen“, sagt Josef Grütter aus dem Potsdamer Ortsteil Marquardt. In dem idyllischen Ort am Schlänitzsee wohnt auch meine Familie. Hier mehr zu: Josef Grütter – Ingenieur und Künstler
Eine 110-kV-Leitung, die mitten durch den Ort verläuftEigentlich ganz einfach, meint der 64-jährige Ingenieur für Kraftwerkstechnik, der Bürgerinitiative für die Verlegung der Leitung initiiert hat. Auf einer Infotafel an der Hauptstraße, hat er seine Vision zeichnerisch dargestellt: Ein Mast verlässt das Wohngebiet und siedelt sich am Bahndamm an. Fünf solcher Masten samt Leitungen müssten umziehen, wie Grütter erzählt. Seit zwei Monaten kämpft er gemeinsam mit den Einwohnern vehement gegen die vom Stromkonzern E.on edis AG angekündigte „standortgleiche Rekonstruktion“ der Hochspannungsleitung. Diese stammt aus dem Jahr 1936 und sollte eigentlich, so wurde den Grundstückseigentümern immer wieder von Lokalpolitikern versprochen, nach 80 Jahren außerhalb des Ortes verlegt werden.
Schloss Marquardt im Frühjahr, Foto: D.Weirauch
Leitung sollte längst raus sein
„Davon ist nicht mehr die Rede. Und der Wirtschaftsminister des Landes unterstützt E.on edis, obwohl das Genehmigungsverfahren noch nicht einmal angelaufen ist und keine Unterlagen zur Baumaßnahme bei der maßgeblichen Behörde vorliegen. E.on edis hat angekündigt die Leitungen bei der Erneuerung nun um mindestens fünf Meter zu erhöhen und mit dickeren Seilen zu bestücken. Das heißt mehr Strom fließt durch und die magnetische Strahlung steigt. Die Gesundheitsgefahren für die Einwohner wachsen“, berichtet Grütter.
Ein Zugezogener, der sich ums Gemeinwohl kümmert
Warum der so engagierte Senior das alles im Ehrenamt macht, obwohl er nicht an der Leitung wohnt? „Einer muss vorangehen. Und von den Politikern ist kaum Hilfe zu erwarten.“ So sein Resümee. Beleg für diese Feststellung ist eine Reihe leerer Worthülsen aus den Behörden, die er akribisch sammelt. einzig die Landtagsabgeordnete Marie Luise von Halem von Bündnis90/Die Grünen war recht zeitig vor Ort und unterstützt die Bürger in ihrem Kampf. Mittlerweile hat auch die Stadt Potsdam sich eingeschaltet.
Und Josef Grütter meint es ernst. Unlängst kamen 350 Einwohner zusammen, als E.on edis auf einer Bürgerversammlung Rede und Antwort stehen sollte. dabei auch Vertreter anderer Bürgerinitiativen, so Michi Belter von der sehr aktiven BI gegen das im benachbarten Wustermark geplante Gaskraftwerk. Josef Grütter war so erbost über die ausweichenden Antworten der Mitarbeiter von E.on Edis , dass er den Managern und Politikern ein Versprechen abgab: „Ich bin Pensionär und habe Zeit. Darauf können Sie sich verlassen, ich komme jede Woche einmal bei Ihnen vorbei!“ Darüber berichteten Zeitungen, u.a. die Berliner Morgenpost, die Welt, die Maerkische Allgemeine, die PNN, Blickpunkt sowie der Heveller und mehrere Fernsehsender, u.a. ZDF und am 17.3. der RBB in der Sendung ZIBB. Dadurch wurde die Bürgerinitiative unter Josef Grütters Leitung bekannt. Andere Bürgerinitiativen, so Bad Gandersheim/Kreiensen und weitere vernetzten sich mittlerweile und geben Ratschläge. Grütter ist ein Kämpfer, so nimmt er Bundes- und Landespolitiker ebenso beim Wort wie Ämter des Landes und der Stadt: „Die Leitung muss raus. Das werden wir gemeinsam schaffen“, sagt der bei Bocholt im Münsterland Geborene und danach jahrzehntelang in Dortmund im Kraftwerksbau tätige Ingenieur.
Entspannung im Künstlergarten
Publikum ist ihm gewiss. In seinem Künstlergarten gegenüber dem einst vom „Berliner Eisenkönig“ Louis Ravené bewohnten verwunschenen Schloss, in dem vor dem 2. Weltkrieg ein nobles Kempinski-Restaurant beheimatet war, wurde jetzt ein großer hölzerner davonlaufender Mast aufgestellt.
„Der zeigt den hundert Meter weiter stehenden Kollegen aus Stahl schon einmal, wie das geht, mit dem Davonlaufen.“ Und im Sommer, als die renommierte internationale Kunstaktion „Rohkunstbau“ im Schloss bei Potsdam am Schlänitzsee Hunderte Besucher anzog, meinte Grütter: „Da kann sich jeder einen Hauch von elektromagnetischer Strahlung unter den Strommasten abholen und sehen, wie so eine Mastwanderung beziehungsweise –flucht aussehen könnte.“
Für Josef Grütter, ein Mann im besten Alter, und die Marquardter Bürger hat das Schutzgut „Mensch“, oberste Priorität in ihrem Handeln.
Deshalb: Freileitung raus !
Hallo,
es braucht solche engagierten Bürger, wie Josef Grütter aus Marquardt, die andere mitreißen. Das ist der richtige Mann am richtigen Ort. Er ist nicht mehr im tätigen Arbeitsleben, umso mehr kann er seine Erfahrungen jetzt als Pensionär einbringen.
Vielen Dank, dass Sie künftig ehrenamtlich Tätige vorstellen wollen. 2011 ist ja auch das Jahr des Ehrenamtes.
Viele Grüße aus Mannheim
Günter Hoffmann
auch Best Ager, Pensionär und mit 74 aktiv als Mediator in einer Schule
Guten Morgen,
noch kein best ager, aber auf dem Wege dahin. Josef Grütter spornt an, mitzumachen und sich zu wehren gegen die Macht der Netzbetreiber und Bürokratie. E-10 – Diskussion zeigt es wieder, Politiker leben im Wolken-Kuckucksheim.
Auf „überraschende Entdeckungen“ bin ich ja schon gespannt. Welche kann es im Land Brandenburg geben? Das Theater am Rand im Oderbruch war für mich eine große Überraschung. Unternehmungslustige Leute, Publikum von ganz jung bis ganz alt. Das gefällt mir immer am besten. Man kann von den jungen Leuten viel lernen, umgekehrt denke ich aber auch. Vielleicht melden sich ja auch mal Jüngere und es gibt auf Ihrem Blog einen „Erfahrungsaustausch“?
Einen schönen sonnigen Tag wünsche ich uns allen
Sigrid
Eine Entdeckung Ihr Block. Gefällt mir wirklich gut, wenn hier die Menschen Ihre Gedanken zu vielen Themen, die uns alle berühren, hinterlassen.
In allen Fällen geht es, aus meiner Sicht darum, dass die Politiker der Meinung sind, mit uns alles machen zu können, was sie wollen. Ein Mitspracherecht wird immer vor den Wahlen oder zum Aschermittwoch versprochen. Aber meist, wenn es darauf ankommt, dann haben sie sich nur v e r s p r o c h e n!
3 Masten aus Marquart herauszusetzten, ein Kraftstoff der Autos entzündet (aber von der Politik und den Konzernen gewollt ist) und Nahrungsmittelflächen kostet, wieder sein zu lassen, ein Giganten von Kraftwerk ohne Kraft-Wärme-Kopplung zu planen und bauen zu wollen, Windkraftanlagen selbst in Naturschutgebiete zu setzen, Solaranlagen in das Kerngebiet der Döberitzer Heide zu verpflanzen, sind alles Vorhaben die über den Bürger hinweg geplant werden sollen. Seltsam, dass sich die Herren und Damen Politiker immer noch wundern, dass die Menschen nicht zu den Wahlen gehen. Es ist egal wer an der Macht sitzt, die Machart ist egal bei welcher Partei die gleich, immer über den „dummen“ Bürger hinweg. Heute las ich, dass Platzek den Verdienstorden bekommen soll. Why? War mein erster Gedanke, bitte nicht wieder die Wendepolitik herausholen, die aktuellen Situationen, die er nicht meistert, sprechen für mich eine ganz andere Sprache.