Treffurt im nordwestlichen Wartburg-Kreis, dicht an der Grenze zu Hessen gelegen, gehört zu den kleinen Orten, die nach 1989 aufgeblüht sind. Ein Kurzurlaub dorthin lohnt sich in jeder Jahreszeit. Bis nach Eschwege in Hessen sind es nur wenige Kilometer. Auch Mühlhausen und den Baumkronenpfad im Nationalpark Hainich kann man in einer halben Stunde mit dem Auto erreichen.

Der Normannstein thront über Treffurt

Von Eisenach kommend, wo die Creuzburg (die Stätte des bekannten Rosenwunders der Heiligen Elisabeth) über dem gleichnamigen Fachwerkstädtchen in der Nähe von Eisenach thront, führt eine Radroute durch den malerischen, etwa 20 Kilometer langen Durchbruch der Werra, den der Fluss einst in die Kalksteinfelsen grub. Von weitem weist die imposante Burg Normannstein den Weg nach Treffurt. Der Name der Fachwerkstadt leitet sich übrigens ab von Dreifurt bzw. Treyfurt. Die mittelalterliche, überwiegend romanische Burganlage wurde ab dem 9. Jahrhundert als Warte zum Schutz der drei Werrafurten erbaut. Im großen Viereckturm der Burg Normannstein lohnt ein Besuch der Ausstellung Werraburgen, die von April – Oktober täglich geöffnet ist. Auf der Burg laden eine liebevoll geführte Ausflugsgaststätte und Ferienwohnungen ein.

 

Heute ist unvorstellbar, dass der schmucke Ort bis 1990 nur mit lange vorher beantragtem Passierschein betreten werden konnte, zwei Kilometer waren es bis zum nächsten Dorf in Hessen. Treffurt lag in der fünf Kilometer breiten Sperrzone des DDR-Grenzregimes. An die Grenze erinnern im Westschiff der St. Bonifatius-Kirche die vom Erfurter Metallkünstler Helmut Griese aus Streckmetall und Stacheldraht der ehemaligen Grenzbefestigungsanlagen angefertigten eindrucksvollen Metallbilder. Der am Rande des Ortes gelegene Kirschenhain durfte mehr als 30 Jahre von den Besitzern nur unter Aufsicht von schwerbewaffneten Grenzsoldaten betreten werden. An den ehemaligen Grenzverlauf zwischen Großburschla, Treffurt und Wendehausen erinnert der Heimatverein Wendehausen auf dem einstigen Führungsturm „Katharinenberg“. Gleich daneben wurde eine sogenannte „Agentenschleuse“ rekonstruiert. Im nahen Ort Ifta erinnert eindrucksvoll ein riesiges Baumkreuz aus Eschen und Linden an die Zeit der deutsch-deutschen Teilung. Seit 1990 entsteht zwischen dem thüringischen Ifta und dem hessischen Nachbarort Netra eine Allee entlang der B 7 als Zeichen des Friedens. Jedes Jahr werden im November von Mitgliedern des BUND neue Bäume gepflanzt.

Werralauf und Werra-Radweg

Treffurt ist auch bekannt durch den traditionellen Werralauf: Einmal jährlich treffen sich Sportbegeisterte aus ganz Deutschland zum Lauf für ein sauberes Werratal. Bürgerinitiativen fordern seit Jahren, dass die von der Kali GmbH K + S in die Werra eingeleiteten Salzabwasser aus der Kaliproduktion deutlich vermindert werden, damit in der Werra wieder Fische leben können. Touristisch erschlossen wird Treffurt durch die Deutsche Fachwerkstraße, den Werra-Radweg und den Barbarossa-Weg. Ein Spaziergang durch den Ort bietet viele Überraschungen. Am Markt steht das Renaissance-Rathaus, erbaut um 1550. Neben dem mächtigen Fachwerkturm über dem doppelten Treppenaufgang verschwinden die Seitenflügel des Gebäudes fast.

Ohrfeigenhaus in Treffurt

Vom Marktplatz geht es bei einem Spaziergang die Rathausstraße hinauf zum 1608 erbauten „Ohrfeigenhaus“ gegenüber der Touristeninformation. Seinen Namen hat es von folgender Begebenheit: Der Amtmann Bley hatte bei seinem fürstlichen Vorgesetzten angefragt, ob er sich im städtischen Wald ein paar Bäume zum Bau eines bescheidenen Häuschens schlagen dürfe. Er bekam die Genehmigung, baute aber ein großes Haus. Als sein Vorgesetzter zu Besuch nach Treffurt kam und den Protzbau sah, soll er dem Amtmann wegen seiner Lüge eine schallende Ohrfeige verpasst haben.

Zigarren namens Jägerstolz und Sprachlos

In der Gründerzeit, als Treffurt einen Bahnanschluss bekam, blühte die Industrie auf. Selbst Zigarren wurden hergestellt. Das ursprüngliche Fabrikgebäude in der Nähe des Marktes, in dem bis zur Wende produziert wurde, beherbergt heute das Bürgerhaus. Die zu DDR-Zeiten in Treffurt hergestellten Zigarren hießen Jägerstolz, Hansagold oder Sprachlos. Die Sprachlos-Zigarren genossen zu DDR-Zeiten keinen guten Ruf, was Anlass zu Wortspielen gab. Auch heute noch werden in Treffurt, in einem am Rande des Ortes gelegenen Betrieb, Zigarren hergestellt, vom Dannemann-Konzern.

Treffurt hat von der Wende profitiert

Vom Bürgerhaus läuft man weiter in westliche Richtung zum Trott’schen Hof. In dem direkt an der Stadtmauer stehenden schmucken Gebäude befindet sich der Kindergarten. „Treffurt hat von der Wende profitiert. Es gehen schon viele junge Leute weg, aber die Stadt versucht, ihren Teil dazu beizutragen, junge Familien zu fördern“, sagt der Bürgermeister Michael Reinz. Aus einem Ort im Grenzgebiet am Ende der Welt wurde ein lebendiges Städtchen im Herzen des vereinigten Deutschland.

Geburtsort von Egon Bahr

Beim Rundgang durch seinen Heimatort zeigt Reinz auch das Geburtshaus des SPD-Politikers Egon Bahr. Der „politische Weichensteller“ der deutschen Nachkriegsgeschichte wurde 1922 in Treffurt geboren. Sein Vater war ein beliebter Lehrer, in seiner Zeit auch Vorsitzender des Männerchores „Liedertafel“. Auch für den in Treffurt lebenden Unternehmer Günter Oßwald ist Egon Bahr so etwas wie ein Vorbild. Schmiedemeister Oßwald  (www.federn-osswald.de) erinnert sich gern an die Besuche des Politikers nach 1990 in Treffurt. Im Sommer 2004 wurde die Geburtsstraße Bahrs am Rande des Städtchens nach Egon Bahr benannt.

Die Recherche in Hessen und Thüringen wurde unterstützt von der Thüringer Tourismus GmbH und der Hessen Agentur.

Informationen zu Treffurt

Anfahrt über A 38 bis Abfahrt Mühlhausen
Infos: Touristinformation Treffurt, Puschkinstraße 3, 99830 Treffurt

www.treffurt.de
Burg Normannstein: www.normannstein.de

Demnächst folgt hier ein Stadtporträt über Mühlhausen.

Bekannt ist Mühlhausen auch für sein reichhaltiges historisches Erbe, so war es Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach und Thomas Müntzer sowie bis 1802 Reichsstadt. Von der einstigen Bedeutung zeugen heute noch zahlreiche historische Bauwerke wie die Stadtmauer oder die Marienkirche. Johann August Röbling, der Konstrukteur der Brooklyn Bridge in New York City, stammte aus Mühlhausen. 2016 wurde Mühlhausen der Ehrentitel „Reformationsstadt Europas“ durch die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa verliehen.