Auf dem Literatur- und Kulturmarkt gibt es bereits seit geraumer Zeit Bewegung. Neue Publikationen, Konferenzen, Events werden durch Verlage, PR-Agenturen und Tourismus-Agenturen angekündigt. Selbst Playmobil hat nach dem Erfolg mit der „Luther-Figur“ eine „Fontane-Figur“ in den Verkauf gebracht. Und auch der Konzeptkünstler Otmar Hörl macht mit der Großfigur des märkischen Dichters auf das bevorstehende Ereignis aufmerksam. Für mehrere hundert Euro ist der „Fontane“ käuflich zu erwerben. Fontane in allen Facetten, gespannt darf man sein, ob es in Anlehnung an die „Luther-Socken“ auch noch „Fontane-Socken“ geben wird? … es ist ein weites Feld …
Da ist es doch erfreulich, dass das Jubliäum für viele Verlage Anlass ist, Autoren zu Wort kommen zu lassen, die sich intensiv mit dem wohl bekanntesten brandenburgischen Dichter beschäftigt haben. Mit „Fontanes fünf Schlösser“ (be.bra Verlag) gelang Robert Rauh und Erik Lorenz im letzten Jahr der Einstieg in die neue Fontane-Rezeption.
Fontanes Frauen
Nun folgt mit dem Band „Fontanes Frauen“ in der Autorenschaft von Robert Rauh eine weitere Spurensuche. Ab 10. September ist das Buch im Handel. Ein Blick in das Voarbexemplar des bebra.Verlages zeigt uns: Es ist mehr als populärwissenschaftlicher Lesestoff. Wer mit dem Lesen des Buches angefangen hat, der legt es nicht weg. Es verleitet auch sofort zur touristischen und literarischen Spurensuche.
Worum geht es?
Theodor Fontane war zeitlebens fasziniert von Frauen, deren Lebensweg jenseits der gesellschaftlich vorgegebenen Bahnen verlief. Einigen von ihnen, wie z. B. „Effi Briest“, hat er in seinen Büchern ein literarisches Denkmal gesetzt. Robert Rauh ist an Originalschauplätze gereist, um dem Schicksal von fünf dieser Frauen nachzuspüren. Für sein Kapitel „Die wirkliche Effi lebt noch“ ging er auf Spurensuche in Zerben und Benrath bei Düsseldorf sowie Lindau am Bodensee, in denen einst Elisabeth von Ardenne lebte.
Ihr Schicksal bot die literarische Vorlage für Fontanes „Effi Briest“. Rau trifft sich mit Menschen, die sich mit dem Erbe der Figuren beschäftigen und in verschiedenster Form an sie erinnern. Solche spannenden Episoden sind es, die mitfiebern lassen. Etwa, als die Familie von Ardenne den Grabstein von Elisabeth vom Familiengrab auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof nach Dresden bringen ließ. Und wie sich engagierte Fontanefreunde, wie Lisa Grünwald, um die Rückgabe bemühten.
Grete Minde in Tangermünde
Er verfolgt das Schicksal der Grete Minde, die in Tangermünde grausam hingerichtet wurde. Er schaut selbst in die im Stadtarchiv überlieferte Gerichtsakte, studiert die neuesten wissenschaftlichen Publikationen (u.a. Friederike Wein: „Der Prozess gegen Grete Minde. Masterarbeit eingereicht am FB für Philosophie und Geisteswissenschaften der FU Berlin 2012, unveröffentlicht), führt viele Gespräche mit Menschen, die sich intensiv mit dem Schicksal der jungen Frau beschäftigt haben. Ein Denkmal erinnert am dortigen Rathaus an ihr Schicksal. In der Nacht zum 1. Februar 2018 haben Unbekannte die Bronzekette, die sich an den Armen der Grete Minde befand, durchtrennt und gestohlen. Die Fußkette wurde nur an einer Stelle durchtrennt, wahrscheinlich, so vermutet Rauh, sind die Täter überrascht worden. Bisher wurde die Kette nicht ersetzt, obwohl dies bis März 2018 nach Aussage der Stadt erledigt sein sollte.
Rauh beschließt das Grete-Minde- Kapitel „Prinzessin oder Hexe“ so: “ Vielleicht sollte man das Denkmal so lassen. Dann kann es Grete Minde mit ihren ausgestreckten Armen im März 2019 zum 400. Jahrestag ihrer Hinrichtung allen zeigen: Seht her, ich bin nicht schuldig. Und endlich frei.“
Besuch in Waren/Müritz
Rauh, der schreibende Lehrer aus Berlin, bezieht Quartier in der Villa von Fontanes Tochter Martha in Waren an der Müritz („Das Thema Mete ist unerschöpflich“).
Und er reist nach Köpernitz und Hoppenrade, wo Karoline de La Roche Aymon („Prinzessin Goldhaar“) und Charlotte von Arnstedt, geb. von Kraut („Das fast märchenhafte Leben der Krautentochter“) sich in Affären und Intrigen verstrickten.
Im Laufe der literarischen Entdeckungsreise wird immer deutlicher, dass das wahre Leben die Dichtung oft an Irrungen und Wirrungen noch übertrifft.
„Robert Rauh ist ein Causeur à la Fontane“
Gotthard Erler, der Spiritus Rector der Fontaneforschung und Herausgeber vieler Werke Theodor Fontanes schreibt im Nachwort des Buches: „Robert Rauh ist ein Causeur à la Fontane, der spannend und humorvoll erzählt.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Freuen wir uns auf weitere Bücher aus der Feder von Robert Rauh. Angekündigt ist ein Band über Ruppin und Fontane. Wir können auch diesmal den Erscheinungstermin kaum erwarten. Rauhs vorliegender Band über Fontanes Frauen vereint Unterhaltungsliteratur, Biografie und touristischen Reiseführer in einem. Rauh: „Mit diesem Buch möchte ich meine Leser ermuntern, die beschriebenen Lebensorte der fünf Frauen aufzusuchen, um sich selbst ein Bild zu machen. Oder sie für eine Sommerfrische zu entdecken. Fontane hat es vorgemacht und bei seinem Aufenthalt in Waren 1896 eine erstaunliche Weitsicht formuliert: Warum in die Ferne schweifen […] die Menschen werden wieder anfangen, sich bei sich selbst zu erholen.“
Interessantes zum Autor
Robert Rauh, geboren 1967 in Berlin, ist Historiker und Lehrer. Er arbeitet als Herausgeber von Lehrbüchern und ist Träger des Deutschen Lehrerpreises. Seit 2011 moderiert Rauh im Berliner Schloss Schönhausen eine Veranstaltungsreihe mit Prominenten aus Kultur und Politik. Zuletzt erschien von ihm im be.bra Verlag (gemeinsam mit Erik Lorenz) „Fontanes Fünf Schlösser“ und jetzt „Fontanes Frauen“.
Vorgestellt haben wir auf einfachraus.eu bereits das Buch über die 5 Schlösser.
Hier geht es zur Website des Autors: https://fontanes-wanderungen.de/
Infos zum Buch:
- Robert Rauh
- Fontanes Frauen
- Fünf Orte – fünf Schicksale – fünf Geschichten
- 256 Seiten, 46 Abb., 22 Euro, be.bra Verlag, ISBN 978-3-86124-716-6
Fontanetipps auf einfachraus.eu:
+ Bei Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
+ Robert Rauh und Erik Lorenz empfehlenswertes Buch zu den fünf Schlössern
+ Zum Grab von Theodor Fontane in Berlin
+ Fontane und der Ziegelringofen von Glindow
+ Besuch bei Königin Luise in Paretz
Am 30. Dezember, zu Fontanes Geburtstag, geht ein neues Projekt an den Start, das die unendlichen Weiten des Fontane-Kosmos bereichern möchte: die Website FONTANE ONLINE.
Sie führt erstmals die im Internet verfügbaren Informationen und Medien zu Fontanes relevanten Werken virtuell zusammen. Wer zum Beispiel wissen möchte, wann Fontane begann, seine Novelle „Grete Minde“ zu planen, was er über seine Recherche in Tangermünde im Notizbuch festhielt, wo die Handschriften aufbewahrt werden und in welchem Journal „Grete Minde“ erstmals veröffentlicht wurde, findet die Antworten künftig auf FONTANE ONLINE – kostenfrei, ortsunabhängig und institutionsübergreifend.
Bislang wurde die Recherche zu Fontanes umfangreichem Werk erschwert durch die physische und digitale Zerstreuung seines Nachlasses. Briefe, Notizen, Handschriften und Erstdrucke befinden sich in verschiedenen Archiven und Bibliotheken – von Potsdam und Berlin bis nach Paris und Zürich. FONTANE ONLINE bündelt diese Angebote und bereitet die Entstehungsgeschichte seiner Werke auf – von der Idee über die Recherche und Niederschrift bis zu den Erstdrucken in Journalen und Büchern. Ausgehend von dieser Systematik führen Links zu den verschiedenen Internetportalen und den Digitalen Diensten des Theodor-Fontane-Archivs.
FONTANE ONLINE versteht sich als ‚work in progress‘. In den nächsten Jahren werden sukzessive weitere Werke ergänzt. Im Aufbau ist zudem die Rubrik „Fontanisten“, die über Museen und Ausstellungen, Archive und Bibliotheken sowie Vereine und Gesellschaften informiert, die sich Fontanes Werk verpflichtet fühlen und über einen Webauftritt verfügen.
FONTANE ONLINE
Hinterlasse einen Kommentar