Durch ihn wurde Gartenkunst erlebbar
Wenn Dr. Harri Günther aus seinem Fenster seiner Wohnung schaut, genießt er die Aussicht über die große Fontäne und die Terrassen hinauf zum Schloss Sanssouci. 33 Jahre wirkte der anerkannte Landschaftsgestalter im Gartendirektionshaus als einer der Nachfolger des großen Gartengestalters Peter Joseph Lenné. In einem Teil der einstigen Lenne´schen Wohnung lebt Dr. Günther auch nach seiner Pensionierung 1994 weiter. Heute wird der einstige Sanssouci-Gartendirektor, den meine Familie auch als väterlichen Freund schätzt, 85 Jahre alt. Mit einem kleinen Empfang im Berliner Schloss Glienicke will ihn heute die Pückler-Gesellschaft ehren.
Dr. Günther gehört zu den Großen der Gartenkunst. Allein mehr als 120 Veröffentlichungen hat der Jubilar verfasst, darunter die „Bibliotheca hortensia“ und „Gärten der Goethezeit“. Zusammen mit Dr. Sibylle Harksen edierte er das Standardwerk, die Gartenpläne und Zeichnungen von Peter Joseph Lenné. Gibt man Dr. Günthers Namen bei Buchsuchmaschinen ein, so kommt eine erstaunliche Liste – meist nur noch antiquarisch erhältlicher – Bücher zusammen.
Obwohl der Jubilar bei vielen Veranstaltungen der Studiengemeinschaft Sanssouci oder des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte teilnimmt, ist seine Bescheidenheit fast legendär. Als Mitglied des Kuratoriums des Vereins der Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten war er jahrzehntelang um den Erhalt der Schlösser und Gärten bemüht. Der in Reichenbach im Vogtland geborene und im anhaltinischen Dessau Aufgewachsene hatte zunächst den Beruf eines Gärtners erlernt, dann am Institut für Garten- und Landeskultur der Humboldt-Universität Berlin studiert und dort 1959 promoviert. Von 1959 bis 1992 war er Gartendirektor in einem der bedeutendsten Gartenanlagen Ostdeutschlands, den damaligen Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam – Sanssouci..
1989, kurz vor Mauerfall, ehrte ihn die Bayrische Akademie der Wissenschaften in München mit dem Sckell-Ring, benannt nach dem Gartenarchitekten Friedrich Ludwig von Sckell (1750-1823) – er gestaltete u.a. den Englischen Garten in München aus. Sie gilt als höchste Auszeichnung für Landschaftsarchitekten, Gartenhistoriker und verwandte Berufe. Dr. Günther gab der Gartendenkmalpflege in beiden Hälften Deutschlands wesentliche Impulse. Seine frühen Wurzeln hat Günther immer gepflegt. So war das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Gartenreich Dessau Wörlitz für ihn mehr als ein privater Rückzugsort. Über das Wörlitzer Gartenreich schrieb er ebenso wichtige Bücher.
Sein Nachfolger als Gartendirektor im Amt, Prof. Michael Seiler, würdigte Harri Günthers Schaffen mit den Worten: „Harri Günther hat es verstanden, unter schwierigsten äußeren Bedingungen den Glanz der Potsdamer Gärten wiederherzustellen, ja ihnen ein unbekanntes Maß gartendenkmalpflegerischer Mustergültigkeit zu verleihen. Ein Erbe, auf das die nachfolgende Generation aufbauen darf, und das verpflichtet. Seiler schlug bereits vor 15 Jahren vor, dass „die Stadt Potsdam Dr. Günther, wie seinem großen Vorgänger Lenné geschehen, für seine Verdienste die Ehrenbürgerwürde verleihen sollte.“
Günther legte nie Wert auf Ehrungen. Ihm ist sein Tun genug. Bescheiden eben.
Eng verbunden war der 1959 nach Potsdam mit dem begnadeten Staudenzüchter und lebensbejahenden Naturphilosophen Karl Foerster (1874-1979). Forster zaubert die „Blumenwälder im märkischen Gartensande“ von Bornim. Der Senkgarten Am Raubfang 6 mit Wohnhaus und Gärtnerei ist seit 1911 für Gartenfreunde aus aller Welt eine „Insel der Seligen“.
Dr. Günthers Band „Peter Joseph Lenne – Gärten, Parke, Landschaften“ gehört nach wie vor zu den wichtigsten Veröffentlichungen über Lenne` und gilt längst als Standardwerk.
Trauer um Harri Günther
Langjähriger Gartendirektor in Potsdam verstorben
Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) trauert um ihren langjährigen Gartendirektor Dr. Harri Günther. 33 Jahre, von 1959 bis 1992, war er als einer der Nachfolger des großen Gartengestalters Peter Joseph Lenné für die Potsdamer Gärten verantwortlich. Er starb am 16. Juni 2023 in Potsdam.
„Harri Günther hat es unter schwierigsten Bedingungen vermocht, die einzigartige Schönheit der seit 1990 zum UNESCO-Welterbe gehörenden Parkanlagen für die Zukunft zu bewahren“, sagt der Generaldirektor der SPSG, Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr. „Mit großer Liebe und Pragmatismus hat er sein Leben den Potsdamer Gärten gewidmet. Nicht zuletzt seinem gartendenkmalpflegerischen Lebenswerk ist die Einsicht zu verdanken, dass diese Kulturlandschaft fortwährend der fachgerechten Pflege bedarf, wenn sie für kommende Generationen erhalten werden soll. Den Leistungen Harri Günthers bleiben wir bis heute verpflichtet.“
Im vogtländischen Reichenbach 1928 geboren und in Dessau aufgewachsen, erlernte er zunächst den Beruf des Gärtners, bevor er an der Berliner Humboldt-Universität studierte und dort auch 1959 promovierte. Im gleichen Jahr wurde er Gartendirektor der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci. Hier hatte die jahrelange Vernachlässigung der Potsdamer Gärten in der Nachkriegszeit deutliche Spuren hinterlassen. Harri Günther organisierte umfassende Instandsetzungsmaßnahmen. Eines seiner ersten Projekte war ab 1966 die Rückführung des Parterres vor der Neptungrotte im Park Sanssouci. Die Wiederherstellung der Weinbergterrassen vor dem Schloss Sanssouci bis zum Beginn der 1980er Jahre fiel ebenso in seine Amtszeit wie die der Partien am Chinesischen Haus und des Marlygartens sowie die Wiederherstellung der Gärten rund um das Schloss Cecilienhof im Neuen Garten. 1979 gründete er den bis heute erfolgreichen Arbeitskreis Orangerien und prägte mit seinen Erfahrungen und Kenntnissen die Reihe der „Dendrologischen Wintertagungen“. Am Ende seiner Dienstzeit – unmittelbar nach dem Fall der Mauer 1989 – koordinierte er den Abriss der deutsch-deutschen Grenzanlagen im Neuen Garten und im Park Babelsberg und ermöglichte damit die lang ersehnte gartendenkmalpflegerische Instandsetzung dieser zentralen Anlagen in der UNESCO-Welterbestätte „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“ in den Folgejahren.
Darüber hinaus war Harri Günther ein profunder Gartenhistoriker. Seine Studien über Peter Joseph Lenné und die von ihm zu dessen 200. Geburtstag im Mai 1989 initiierten Veranstaltungen und Restaurierungen waren wichtige Impulse für die Aufnahme der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft ins UNESCO-Welterbe. Die Liste seiner Veröffentlichungen umfasst mehr als 120 Titel, darunter der nach wie vor als Standardwerk unverzichtbare Katalog der Gartenpläne und Zeichnungen Lennés, den er zusammen mit Sibylle Harksen edierte.
Kurz vor dem Ende der DDR wurde Harri Günther 1989 der Friedrich-Ludwig-von-Sckell-Ehrenring der Bayerischen Akademie der Schönen Künste verliehen, der in Deutschland höchsten Auszeichnung „für herausragende Landschaftsarchitekten, Gartenhistoriker und verwandte Berufe“. 1994 erhielt er den Verdienstorden 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland.
Ich habe Dr. Günther in meinen Urlauben mit meinen Eltern in Wiepersdorf und Rheinsberg als Schüler und junger Mann oftmals getroffen und kennen gelernt. Mehrmals habe ich ihn in Potsdam besuchen dürfen. Ich war immer beeindruckt von seinem Wissen und die Begeisterung für seinen Park.
Er ruhe in Frieden.
Dietrich Eckelmann