Es ist eines der spannendsten Technikmuseen, die ich bisher gesehen habe. Die Rede ist vom Museum für Technik und Kommunikation in Stettin (poln. Szczecin) . Schon das Museumsgebäude, ein ehemaliges Straßenbahndepot, wirkt mit seiner transparenten Architektur selbst wie ein begehbares Exponat. Es beherbergt neben historischen Straßenbahnen, die alle einmal in Stettin fuhren, auch eine Vielzahl von Autos, Bussen, Motorrädern, Fahrrädern und einzigartigen Nähmaschinen.
Über die berühmten Nähmaschinen lest ihr hier.
Technikmuseum Stettin – die Highlights
Breiten Raum in der Ausstellung nehmen die liebevoll präsentierten Modelle der in Polen unter der Lizenz von Fiat gefertigten Automarke „Polski Fiat 126p“ ein. Das Fahrzeug wurde zwischen 1975 und 2000 in der Fabryka Samochodów Małolitrażowych (FSM) für den polnischen und europäischen Markt hergestellt. Der auch „Maluch“ genannte Kleinwagen ist in etwa vergleichbar mit dem VW Käfer in der Bundesrepublik Deutschland oder dem Trabant in der einstigen DDR. Jan Szurmant schreibt lebendig über die Historie und Eigenschaften dieses in den schlesischen Breskiden hergestellten Fahrzeugs u.a.: „In Polen wurde der Maluch (Kleiner) bald zu einem richtigen Volkswagen und zur Familienkutsche, obwohl es lange Wartelisten gab und er mit dem stolzen Preis von 69.000 Złoty so viel kostete wie zwei durchschnittliche Jahreseinkommen. Den Neuankömmling empfingen viele polnische Familien mit offenen Armen und Herzen, woraufhin beide Seiten das Beste aus sich rauskitzelten. Um das Auto zum Fahren zu bringen, am Laufen zu halten und zu warten, war neben gutem Zureden und Gottvertrauen viel handwerkliches Geschick vonnöten. Mit seinen rund drei Metern Länge und 1,35 Metern Breite hatte er mehr oder weniger die Ausmaße eines übergroßen Kühlschranks.
Auch das Dach wurde zum Transport genutzt. Zum Wochenmarkt transportieren konnte man wahlweise auch 13 Bierkästen oder 90 Erdbeerkörbe. Bei Geschwindigkeiten über 50 km/h soll die Karosserie wie eine alte Waschmaschine vibriert haben. Im Jahr 2000 wurde schließlich die Produktion des Maluchs eingestellt. Was bleibt nun von ihm? Noch immer sieht man auf polnischen Straßen vereinzelt Winzlinge, die sich tapfer gegen SUVs und Limousinen zu behaupten wissen.“
Motorräder Szczecin (Stettin)
Gegliedert ist die Ausstellung in den beiden Hallen des einstigen Straßenbahndepots nach den Themen: Motorisierung Szczecins in den Jahren 1919-1967, Motorisierung in Polen, Motorräder der II. Republik, Polnische Prototypen, Geschichte des Szczeciner Verkehrswesens sowie Militärfahrzeuge. Berühmt war die Motorradmarke „Junak“. Man nannte sie auch die polnischen Harleys. Zu sehen ist auch der Prototyps „Iskra“ (Funke). In der Szczeciner Motorad-Fabrik entstand auch der Miniwagens „Smyk“ (Knirps).“
Sehr gut stellt die Homepage des Museums die einzelnen Exponate vor: www.muzeumtechniki.eu
Busse und Strassenbahnen
Es gibt drei Busse und sieben Straßenbahnen im Museum. Natürlich dürfen auch Feuerwehrfahrzeuge nicht fehlen.
Ab und an hatte ich schon von Oldtimerfreaks über die legendären Stoewer-Autos gehört. Seit 2019 sind einige der wenigen weltweit existierenden Fahrzeuge in Stettin, wo sie entstanden sind. Eine moderne Präsentation, dreisprachige Beschriftung (polnisch, englisch, deutsch), freundliche Mitarbeiter machten den Rundgang durch das Stettiner Museum sehr kurzweilig. Nicht nur Freunde alter Autos können sich freuen, dass die Stadt Stettin, die Stoewer – Sammlung gekauft hat, Sie war seit 2002 in Wald-Michelbach in Hessen, unweit der französischen Grenze beheimatet, eingerichtet vom privaten Sammler Manfried Bauer.
Der in Stettin geborene Manfried Bauer musste als Kind seine Heimatstadt in den Kriegswirren verlassen und begann sich in den 80er Jahren für die Autos der Marke Stoewer zu interessieren. Er sammelte über viele Jahre die in alle Welt zerstreuten Erinnerungsstücke der bekanntesten Stettiner Unternehmensfamilie, ließ die Fahrzeuge restaurieren und machte sie der Öffentlichkeit zugänglich. Ende 2019 kaufte die Stadt Stettin die Sammlung, die nun kongenial die ausführliche Exposition der polnischen Auto- und Motorradproduktion im Museum ergänzt.
Weltweit einmalig
Im auch in deutscher Übersetzung erhältlichen Museumsprospekt „Wie die Gebrüder Stoewer in die Geschichte eingefahren sind“ heißt es über den V5 Sport Roadster: „Diese Auto wurde 1931 gebaut und war auch im selben Jahr auf der internationalen Automesse in Berlin zu bestaunen. Als Roadster wird die offenen Karosseriebauform ohne Dach und mit einer Sitzreihe bezeichnet, sie wird in Wagen mit Sportambitionen und leistungsstarken Motoren eingesetzt.
Der beschriebene Wagen überstand die Schlacht um Berlin im 2. Weltkrieg, obwohl er viele Einschusslöcher davontrug und manche seiner Teile danach fehlten. 2003 kaufte ihn Manfried Bauer. Die Restaurierung, die von Werner Zinke aus Zwönitz durchgeführt wurde, bewirkte, dass der V5 so aussieht, als ob er das Werk vor kurzem verlassen hätte. Dieser Wagen ist wahrscheinlich das einzige erhaltene Exemplar in der Sort-Roadster-Ausführung.“
Stolz sind die Stettiner, so habe ich zumindest bei meinem Kurzbesuch im Museum erfahren, über die weltweit einzigartige Sammlung der Autos aus der einst in ihrer Stadt beheimateten Autofabrik Stoewer. Die Homepage schreibt dazu: „Diese Autos aus Stettin gehörten zu den besten in Europa; sie waren komfortabel, modern und nicht zu teuer. In unserem Museum ist ein „Stoewer V5“ 1932 zu sehen. Das Modell V5 wurde 1930 entwickelt und war das erste deutsche Auto mit Frontantrieb. Bis 1932 wurden 2 100 Stück produziert. Die Bombenangriffe der Alliierten beendeten im Jahr 1944 die Produktion von Fahrzeugen unter dem Zeichen Stoewer.“
Automarke Stoewer
Bei der Übergabe der wohl weltweit einzigartigen Sammlung der Stoewer Automobile sagte der Stettiner Oberbürgermeister Piotr Krzystek gegenüber Dietrich Schroeder von der MOZ in Frankfurt u.a.: „Die Stoewer-Werke waren damals genauso bekannt wie Mercedes oder Horch.“
Zu sehen ist auch Stoewer S8 aus dem Jahr 1928. Der Stoewer 8 konnte mit Horch in der Sparte der modernen Luxuswagen der höchsten Klasse auf Augenhöhe konkurrieren. Sport-Roadster und Cabriolet vom Typ 8 gehörten zu den schnellsten serienmäßig hergestellten Wagen. Die Luxuswagen gehörten nie zu den Sparsamsten. 1934 verließ der letzte Stoewer 8 das Werk. Stoewer-Autos warten beliebt. So erfährt man auf den auch in Deutsch gegebenen Erläuterungen, dass auch Max Schmeling, der Box-Weltmeister im Schwergewicht, ein Stoewer-Auto fuhr. Benannt nach Kap Arkona auf der Insel Rügen. Und viele Politiker der damaligen Zeit fuhren stoewer-Autos.
Grab von Familie Stoewer auf Hauptfriedhof Stettin
Technikmuseum Stettin
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- Niemierzyńska 18a Str. 71-441 Szczecin
- Mail: biuro@muzeumtechniki.eu
- +48 91 45 99 200
- www.muzeumtechniki.eu
- Eintritt: 12 Zloty (ca. 4 Euro), ermässigt: die Hälfte
- Vom Bahnhof mit Straßenbahn 3
- Polen-Info:| Polnisches Fremdenverkehrsamt, H
Wo übernachten ? Übernachten in Stettin im Radisson blu
Hier geht es zu unserem Beitrag über die Stoewer – Nähmaschinen
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