Über sieben Brücken musst Du gehn, sieben dunkle Jahre überstehen … Wir sind auf den Spuren der magischen Sieben in der Altmark, der Wiege von Brandenburg. Wer weiß schon, dass die magische Sieben auch in der Altmark zu finden ist? Sieben Hansestädte gibt es hier: Stendal, Salzwedel, Gardelegen, Tangermünde, Havelberg, Osterburg und Werben. Eine beachtenswerte Dichte von Hansestädten auf engstem Raum. Ihr einstiger Reichtum ist heute noch an ihren wunderschönen mittelalterlichen Stadtkernen zu erkennen. Immer mehr Touristen entdecken die Altmark. Wir nähern uns von Havelberg aus der wohl kleinsten Hansestadt in der Altmark. Mit der Gierseilfähre setzen wir in Rädel über die Elbe. Ein Gewitter zieht gerade auf, stört uns und eine Motorradgruppe aber nicht. Wir genießen die Ruhe, die Strömung der Elbe, durch die uns die Gierseilfähre geräuschlos an das andere Ufer bringt. Werben (Elbe) liegt mit seinen Ortsteilen Räbel und Neuwerben besonders romantisch an der Elbe im Biosphärenreservat. Die Motorradttouristen mit Rostocker Kennzeichen sind auch auf den Spuren der Hansestädte unterwegs, sie lieben die beschauliche Landschaft mit ihren fast pittoresken Städten. „Ja, fahren Sie nach Werben, für Werben muss man werben, da ist noch viel zu tun.“
Abstecher im „Weidenbusch“
Wir sind neugierig und machen auf unserem Weg nach Stendal einen Abstecher nach Werben. Der Name der Stadt kommt aus dem Wendischen und bedeutet soviel wie „Weide“ oder „Weidenbusch“. 1005 wird der Ort erstmals urkundlich erwähnt und auch in der Folgezeit oft genannt. Seine strategisch wichtige Land spielte immer wieder eine entscheidende Rolle bei der Auseinandersetzung mit den Wenden, im Dreißigjährigen Krieg und beim Aufstand gegen Napoleon. Um 1151 erhält Werben das Markt- und Stadtrecht von Albrecht dem Bären verliehen. Dieser holte um 1160 auch die Holländer zur Eindeichung der Elbe in den Ort. 1358 wurde die Stadt Mitglied der Hanse und mit dem nun zunehmenden Handel zog auch der Wohlstand ein.
Besucher kommen auf dem Elberadweg durch das stattliche Elbtor aus Backstein in die Stadt. Von hieraus erstreckt sich die Altstadt mit ihren kleinen Fischerhäusern, den Fachwerkgebäuden und auch dem ein oder anderen Patrizierhaus. Viele der Gebäude sind in den vergangenen Jahren aufwendig restauriert worden. Die Stadtanlage wurde einst in einem Rund errichtet, in der Mitte der groß angelegte Marktplatz. Hier fand etwa im 12. Jahrhundert lebhafter Handel statt. Auf den Feldern bauten die Landwirte Brotweizen und Biergerste an. Die Stadt hatte Marktrecht und durch das Elbtor wurden die Waren zur nahen Elbe gebracht und nach Hamburg verschifft.
Hörtipp: Der Altmark-Podcast macht in einer neuen Folge auch in Werbe an der Elbe Station und stellt die Hansestadt vor. Anhören: Damals Hanse – heute ein Erlebnis
Nur wenige Schritte weiter steht die Komturei. Der Ritterorden der Johanniter hat das Ensemble vor mehr als 700 Jahren gebaut – als eine Art zentrale Verwaltung für ein großes Gebiet im Norden von Deutschlands. Das wird aktuell saniert. Und genau hier befindet sich auch das mutmaßlich älteste Gebäude Nordeuropas, das nicht von der Kirche erbaut worden ist. Dieser sogenannte Profanbau ist ein kleines romanisches Häuschen, dessen Ausmaße gar nicht richtig zu erkennen sind, denn es ist über die Jahrhunderte von allen Seiten aufgeschüttet worden. In Zukunft planen die Werbener, hier ein Museum unterzubringen.
Liebenswürdige kleinste Hansestadt
In dieser Blütezeit entstanden viele bedeutende Bauwerke. Zu diesen Bauten gehört das noch erhaltene und restaurierte Elbtor, in dem heute die Heimatstube eingerichtet ist. Von der oberen Plattform des Elbtorturmes hat man einen einmalig schönen Blick über die Elbtalaue, bei guter Sicht bis hinein in die Prignitz. Die Stadtmauer mit dem Hungerturm sowie die Salzkirche sind weitere Sehenswürdigkeiten auf unserem Weg.
Weithin sichtbar grüßt die – für die kleine Stadt übermächtige – gotische Kirche „St. Johannis“. Sie ist eine der ältesten und schönsten Kirchen der Altmark und wurde zwischen 1160 bis 1466 erbaut. Albrecht der Bär schenkte den romanischen Vorgängerbau dem Johanniterorden in Jerusalem. Der Johanniterorden baute in Werben einen Verwaltungssitz auf, der heute völlig verfallen ist. Aber es gibt Hoffnung. Um das Komtureigebäude steht ein Baugerüst, das Dach wird neu gedeckt.
Eines Tages wird dann sicher auch wieder das Kreuz des Johanniterordens am Giebel besser zu erkennen sein. Zur Zeit kann man das Kreuz der Johanniter, das die Ordenszugehörigkeit signalisierte, an zwei der wunderschönen farbigen Glasfenster in der Kirche betrachten.
Unser Weg führt uns weiter zum Rathaus, vorbei an vielen alten Fachwerkhäusern, die noch auf ihre Renovierung warten.
An vielen sind Sprüche von bekannten Persönlichkeiten angepinnt. Sie lenken ein wenig vom Zustand der Häuser ab, machen nachdenklich. Dazu viele kleine Details an bereits schon restaurierten Häusern, wir fühlen uns wie in einer Open-Air-Ausstellung. Man spürt: in Werben sind mehrere Vereine aktiv.
Und noch eine Besonderheit wartet in der Stadt. Denn nicht nur die Hansezeit hat ihre Spuren hinterlassen, sondern auch die Biedermeierzeit. Ein Verein richtet immer am ersten Juli-Wochenende und in der Adventszeit einen Biedermeiermarkt aus. Und im wunderschönen Biedermeiercafé, dem Café Lämpel, werden Gäste in der Saison zwischen Mai und Oktober mit Speis und Trank bewirtet. Das Café steht gleich neben der gewaltigen und kurios überdimensionierten St. Johannikirche aus dem 12. Jahrhundert.
Die vielen historischen Bauwerke künden vom einstigen Wohlstand ihrer Bürger, dem Stolz der Handwerker und der Kaufleute. Die Blüte der Stadt ist längst vorbei. Ein Bürgerverein müht sich, Leben der ehemaligen Hansestadt einzuhauchen. Eine junge Frau führt am Marktplatz ein kleines Geschäft, wo es allerhand Nützliches gibt. Ein kleines Frisörgeschäft daneben sowie eine kleiner Fleischerei gegenüber, die an drei Tagen in der Woche geöffnet hat, warten auf Kunden. Die freundliche Dame ruft uns nach, dass sie sich über mehr Touristen freuen würde. Nicht nur zum Biedermeierfest, das auch in diesem Jahr pandemiebedingt leider wieder ausfallen muss.
Storchenstadt Werben (Elbe)
PS: Wir sind zu einer günstigen Zeit nach Werben gekommen. Einen Tipp, für alle, die noch bis August Werben besuchen wollen: Immer schön nach oben schauen, in Werben fühlen sich die Störche wohl. Jährlich sind 16 bis 25 Nester belegt. 20 bis 35 Jungstörche werden hier aufgezogen. Von der Plattform des Elbtorturmes zählten wir sechs Störche. Einige von ihnen brüteten schon. Selbst auf dem Rathaus, im 15. Jahrhundert im gotischen Stil errichtet, schaute ein Storchenpaar aus dem Storchenhorst. Mögen die Störche dem Hansestädtchen Werben (Elbe) eine große Kinderschar bescheren …
Touristinformation der Hansestadt Werben (Elbe)
- Werben: Tourist-Information, Markt 1, 39615 Hansestadt Werben, Tel. 039393-92755
Restaurantttipp in Werben
im Internet hier: Deutsches Haus
Informationen zum Elberadweg: www.radtouren-sachsen-anhalt.de
Werben liegt am Elberadweg, am Altmarkrundkurs und an der Straße der Romanik
ArtHotel Kiebitzberg
In Havelberg übernachteten wir im ArtHotel Kiebitzberg. Hotelchefin Renate Lewerken und ihr Team sind aufmerksame und freundliche Gastgeber. Das Credo von Renate Lewerken: „Schönes Schaffen mit zeitlos bleibendem Wert.“ Kunst, Kultur, Galerie, Essen, ein gutes Bett; das alles gehört zur Kiebitzberg-Kultur. Das Hotel ist nicht nur Herberge für Touristen und Mitarbeiter, sondern auch zugleich auch ein Kulturort für alle, die ohne Kultur nicht leben können.
Eine Drossel begrüßt uns beim Einchecken im ArtHotel.
ArtHotel Kiebitzberg
Schönberger Weg 6, 39539 Havelberg
www.arthotel-kiebitzberg.de
Empfehlenswerter Buchtipp
von Mitgliedern des Werbener Bürgervereins unterstützt (der im Bässler Verlag erschienene informative Stadtführer kostet 5,55 Euro)
Hier eine weitere Hansestadt: Tangermünde in der Altmark
hier geht es ins schöne Havelberg
und hier nach Stendal mit dem Winckelmannmuseum

Das Tangermünder Tor in Stendal
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