von Günter Knackfuss

„Erst mal nen Korn – der bringt uns nach vorn“, mit diesem Zielspruch bin ich gestartet in die Hauptstadt des deutschen Kornbrandes: Haselünne im Emsland, Niedersachsen. Eingeladen hatte mich zu diesem Genussthema die Emsland Tourismus-Gesellschaft (www.emsland.com).

Hier erfahrt ihr fast alles zum Kornbrennerzentrum Haselünne

Warum nur raus zum Korntest bis fast nach Papenburg? Da muss noch mehr dahinterstecken… Denn bevor es losgeht mit der Probiererei, kommen wir zum Kern des Ganzen: Der Ort Haselünne, Hansestadt am Flüßchen Hase, erzählt eine besondere Geschichte. Als die älteste Stadt des Emslandes überhaupt, lockt Haselünne schon seit dem Mittelalter Gäste aus Nah und Fern an. Gelegen an der Kreuzung von uralten Handelswegen nach Holland oder Nord-Süd hat sich hier ein einmaliges Kornbrennerzentrum entwickelt. Eine Tradition seit über 200 Jahren, die heute, dank ausgezeichneter Wasserqualität, weiterlebt. Alteingesessene Unternehmen exportieren ihre klaren Spirituosen in die ganze Welt. Als Besucher kann ich diese Brennerei-Kunst in Produktionsstätten und Museen hautnah miterleben. Aber nicht nur das. Der heutige staatlich anerkannte Erholungsort beeindruckt durch eine idyllische Landschaft mit viel Wasser, Wiesen und Wäldern.

1. Station: Edelkorn-Brennerei Jos. Rosche – Älteste Brennerei

Kornbrennerei Jos. Rosche, Foto: G. Knackfuss

Kornbrennerei Jos. Rosche, Foto: G. Knackfuss

In ihrer Korn-Academie empfängt Inhaberin Susanne Rosche ihre Gäste. Beim Seminar gibt es erst einmal den wissenswerten Hintergrund. Grundsätzlich wird Rosche-Korn seit 1792 nur aus selbst angebautem Weizen hergestellt.

Foto: Rosche

Daraus entstehen in der kupfernen Brenn-Anlage Korn-Spezialitäten wie Haselüner und Hasetaler Korn, Uralter, Edle und Rote Kirsche, Dragoner Kaffee, Cranberry, Klosterlikör, Moorwasser und Wacholder. Sondereditionen heißen z.B. Rheines oder Meppener Gold. Ein spezielles Kapitel sind die besonderen Brände, gereift in vormals mit unterschiedlichen Weinen befüllten Holzfässern. Sie brillieren in vielfältig edlen Geschmacksvariationen.

Brennmeister Achim Lindel, Foto: G. Knackfuss

Brennmeister Achim Lindel, Foto: G. Knackfuss

Wichtigster Mann im Brenngetriebe ist und bleibt Brennmeister Achim Lindel. Er freut sich darüber, dass sich jetzt vier Traditionsunternehmen zum „Bund Deutscher Edelkorn-Brenner“ vereinigt haben. Denn der Korn hat es auf dem umkämpften Schnapsmarkt nicht leicht. Für die Qualitätspioniere aus dem Emsland zählt vor allem die Vielfalt ihrer typischen „Hausgeschmäcker“. Nur so kann die regionale Vielfalt mit eigenem Ackerbau erhalten bleiben. Erst später, beim Testtrinken, erfahren wir noch mehr über die besonderen Vorzüge der Fein-Destillate zur Herstellung von Edelkorn, Fruchtigen und Likören. Was zeichnet einen guten Korn aus? Wie wird er hergestellt? Was kann man mit Korn aus Getreide alles machen? Diese Fragen beantwortet auch Seminarleiter Georg Altmeppen. Am Ende gibt es dann den persönlichen »Genießer-Schein«, oder auch nicht.

2. Station: Manufaktur HEYDT

Ein ähnliches Konzept des „Korn zu Korn“ verfolgt die private Kornbrennerei H. Heydt, allerdings beim Verkauf mittlerweile zweigleisig: Neben dem Massengeschäft mit Produkten wie etwa dem bekannten Kräuterlikör HKT setzt das Unternehmen zunehmend auf edle Tropfen. Diese Brennerei wurde 1860 gegründet und wird mittlerweile in der fünften Generation geführt. Zum Marken-Portfolio der Brennerei gehören klare Spirituosen sowie Kräuterliköre, leichte Fruchtspirituosen und Drinks auf Wodkabasis. Eine Besonderheit ist der gelagerte Korn, der über vier Jahre und auch länger in Whisky- oder Sherry-Fässern reift. Geschäftsführer Dirk Wingen erklärt: „In unserer kupfernen Destlillieranlage wird nur in der Kampagne gebrannt. Was den Korn schließlich ausmacht ist das Reinheitsgebot von 1909. Es garantiert beste Rohstoffe und Destillationsmethoden.  Dazu sorgsam ausgesuchte deutsche Weizenqualität und das Mahlen des ganzen Weizenkorns in der eigenen Hammermühle“. So entstehen dann die Marken der Heydt-Manufaktur auch in Kleinstserie wie 1860, Edition III oder auch Edelobstbrände „Alte Zwetschge“, „Alte Williams Birne“ und „Alte Kirsche“. Ein Geheimnis der klaren Resultate liegt bei Heydt in der regelmäßigen Fassverprobung. Den optimalen Reifegeschmack dabei trifft termingenau nur der Brenner und Kenner selbst.

Fassreifung bei Heydt, Foto: G. Knackfuss

Fassreifung bei Heydt, Foto: G. Knackfuss

So reift im Keller in Eichenfässern ein Korn, der erst in mehreren Jahren verkauft wird. Eine bewusste Marktstrategie der kleinen Brennereien (www.heydt-manufaktur.de).

Die Highlights von HEYDT , Foto: G.Knackfuss

Die Highlights von HEYDT , Foto: G.Knackfuss

3. Station: Brennereimuseum der Firma Berentzen

Gleich nebenan befindet sich in einer ehemaligen Mälzerei das Brennereimuseum der Firma Berentzen. Hier führt uns Thomas Tzimas durch die alten Gemäuer.   Historische Brenngeräte, Flaschenetiketten, Plakate und Zeitungsannoncen sowie eine Sammlung alter Glasflaschen gewähren Einblicke in das traditionelle Handwerk.

Wir entdecken aber auf dem großen Areal auch eine kleine Muster-Destillieranlage, die noch produziert.

Schaudestillation, Foto: G. Knackfuss

Schaudestillation, Foto: G. Knackfuss

Berentzen hat ja seine Hauptproduktion nach Minden verlagert. Nach Eigenangaben aber „ist der Betrieb seit mehr als 200 Jahren ein Synonym für Genuss und Lebensfreude“. Dem kommen Jahr für Jahr Zehntausende nach, die das alte Stammhaus des Unternehmens besuchen. Angeboten wird die Verkostung exklusiver Destillate und regionaler Spitzenerzeugnisse. Groß gefeiert wird im historischen Rittersaal des Westerholtschen Burgmannshofes, in der gediegenen Atmosphäre des Hansesaals oder in den einmaligen Räumlichkeiten der Alten Abfüllung. Alles einzigartige Rahmen für jeden Anlass. Im Hofladen dann das gesamte Sortiment von Berentzen mit aktuellen Neuheiten: Apfelkorn, Fruchtige, Berentzen Minis, Waldmeister, Apple Bourbon. Einfach Kosten, Einpacken lassen (auch als Geschenk) und bald wieder auf nach Haselünne ins Emsland.

Fazit meines Besuches

Korn ist etwas Urdeutsches. Seit mehr als 500 Jahren wird er in Deutschland gebrannt – und fast nur dort. Korn gilt als bodenständig und volkstümlich. Und das wird unschlagbar bleiben. Lt. Statistischem Bundesamt entwickelt sich nach Whisky und Gin nun Korn als das Trendgetränk bundesweit. Mit inzwischen 14,8 Prozent Marktanteil liegt Korn bereits an dritter Stelle hinter Likören (26,3 %) und Wodka (19,8 %), aber schon vor Rum (11,3 %) und Whisky (10 %). Die Haselünner Drei mischen da kräftig mit. Vor Ort schmeckt er mir am besten.

Die Recherche im Emsland wurde unterstützt von der Emsland-Touristik.

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