„Air Force One“ ist weltweit bekannt und berühmt. Das ist das „Lufttransportmittel“ des jeweiligen US-Präsidenten. Eine doppelstöckige Boeing 747. Eine in vielen, vor allem militärischen Details streng geheime Maschine. Wie aber steht es in dieser Hinsicht um Deutschland?
Wie in den USA und anderen Staaten, ist auch hier das Militär die zuständige Behörde. Sie firmiert unter der Bezeichnung „Flugbereitschaft“. Das ist jener Teil der deutschen Luftwaffe – übrigens in der Form eines Geschwaders -, der entsprechendes „Gerät“ zur Verfügung stellt, wenn die Spitzen des Staates auf die Reise gehen – dienstlich, natürlich.
Was sich hinter Flugbereitschaft verbirgt
Diese Flugbereitschaft wird gerade modernisiert, wozu die Anschaffung von drei nagelneuen Airbus gehört – A350-900. Die erste dieser neuen Maschinen war soeben auf einem Flug rund um den Erdball getestet und für „brillant“ erklärt worden – so einer der vier Piloten an Bord des neuen Regierungsfliegers, der auf diesem Flug 40 600 Kilometer zurücklegte. Außerdem dabei: 16 Flugbegleiter – im „Zivilen“ als Stewardessen oder Stewarts bekannt. Das entspricht einer Zweifachbesatzung, wie sie auf Langstrecken bei der deutschen Luftwaffe üblich ist.
Da dieser nach Canberra in Australien führende Flug auch als „Erprobung“ galt, waren vier Techniker sowie vier Wissenschaftler vom Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe an Bord. Deren Erkenntnisse sollen helfen, den Arbeits- und Pausenrhythmus der Besatzung auf Langstrecken zu optimieren. Nach der Rückkehr zum Stützpunkt Köln erhielt dieser Airbus die militärische Kennung „10-03 Luftwaffe“ und wurde auf den Namen des einstigen SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher getauft. Der ältere Airbus A310, der diesen Namen bisher trug, fliegt nunmehr namenlos bis zur Ausmusterung im Jahr 2021.
Die Flugbereitschaft ist quasi die Airline der Staatsspitze. Wer sie benutzen darf, ist in den „Richtlinien für den Einsatz von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft“ festgelegt. Ausdrücklich genannt werden: Der Bundespräsident, der Bundestags- und der Bundesratspräsident, der Bundeskanzler, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, die Bundesminister sowie die Fraktionsvorsitzenden der Parteien im Bundestag, aber auch deren Parteivorsitzende. Auf Anforderung des Bundespräsidenten dürfen auch Mitglieder des Bundestages mit der Flugbereitschaft fliegen – wie auch die Kanzlerkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien für die Zeit von zehn Wochen vor einer Bundestagswahl. Diese Personen wiederum dürfen, so der Platz vorhanden ist, Gäste einladen, etwa Journalisten.
Oberstleutnant Jens B., einer der erfahrensten Piloten und Fluglehrer der Flugbereitschaft, ist von der neuen A350-900 begeistert: „Es ist das beste Flugzeug, das ich je geflogen habe. Es fliegt schneller, weiter, höher und ist das modernste sowie ökonomischste Flugzeug in der Flotte“. Ebenfalls voll des Lobes ist auch Regierungsdirektor Stefan Rauscher: „Mit diesem Airbus A350 erhält die Flugbereitschaft ein Flugzeugmuster der modernsten Generation. Damit können die ranghöchsten Vertreter von Staat und Regierung noch effizienter, zuverlässiger, aber auch emissionsärmer fliegen“. Mit den neuen A350 wird die deutsche Regierungsflotte : offiziell Flugbereitschaft der Bundeswehr/Luftwaffe – „die punktuell modernste der Welt“, schreibt das Bundeswehr-Monatsmagazin „loyal“.
Die Langstrecken-A340 der Flugbereitschaft, die von der Luftwaffe einst gebraucht – auch von der Lufthansa – angeschafft wurden, werden bis zur Jahreswende 2021/2022 ausgemustert. Die Nachfolger-A350-900 haben bei einer Reisegeschwindigkeit von etwa 910 Stundenkilometern eine Reichweite von ca. 15 000 Kilometer. Der A350 kann bis zu 132 Passagiere befördern. Seine Kabine ist vielseitig verwendbar auch als Sanitätstransporter. Der Umbau erfolgt nach Baukastensystem und geht deshalb sehr schnell. Die Flotte der Flugbereitschaft zählt knapp zwei Dutzend Maschinen.
Als „deutsche Air Force One“ hat der A350 im vorderen VIP-Bereich einen Konferenz- und einen Toiletten/Schlafbereich. Je nach Bedarf lassen sich auch individuelle Räumlichkeiten installieren. Viele Maschinen der Flugbereitschaft sind in den USA mit Selbstschutzeinrichtungen bestückt worden. Dazu gehört auch ein Abwehrsystem gegen infrarotgelenkte Raketen.
Die Flugbereitschaft wurde am 1. April 1957 aufgestellt. Sie umfasst heute etwa 1 200 Soldaten. Sie untersteht dem Luftwaffentruppenkommando Köln/Bonn. Eine Maschine mit Besatzung ist am BER stationiert, dem neuen Großflughafen der deutschen Hauptstadt. Es dürften noch mehrere Jahre vergehen, bevor die gesamte Flugbereitschaft mit ihren Maschinen am BER stationiert werden kann. Bis dahin müssen die Maschinen je nach Bedarf in Köln angefordert werden. Die Hubschrauberstaffel der Flugbereitschaft fliegt vorerst weiter vom Flugplatz Berlin-Tegel aus.
Luftfahrtjournalist Wolfgang Will zur Eröffnung des BER
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