„Swiss Cities“ – kleine Schweizer Städte

Es ist ein Land der Superlative, das Wallis im Südwesten der Schweiz. Dort erheben sich mit den schneebedeckten Viertausendern Mont Blanc und Monte Rosa die höchsten Gipfel der Schweiz, dort breitet sich der größte Eisstrom der Alpen, der Aletschgletscher aus, und vor der gewaltigen Bergkulisse reifen im breiten Tal der Rhone Wein, Aprikosen und Tomaten. Genau dort, wo das Tal scharf nach Nordosten abknickt und von Süden die Drance einmündet, liegt Martigny. Die Stadt gehört zu den „Swiss Cities“, einem neuen Touristik-Verbund von 25 sehenswerten kleinen Schweizer Städten. Ein freistehendes Amphitheater aus dem 2. Jahrhundert n. Ch. kündet in beeindruckender Weise von der frühen Bedeutung der alten Stadt: Bei Martigny, zu Caesars Zeiten (100 – 44 v. Ch.) eine keltische Siedlung namens Octodurus, schneiden sich vier alte Handelswege. Am bedeutendsten ist die Südost-Route über den Großen St. Bernhard: Sie verbindet das Aostatal mit dem Rhonetal, damit Italien mit Mitteleuropa. Was Caesar vergeblich versuchte, war um 10 v. Ch. gelungen: den strategischen Alpen-Übergang unter römische Kontrolle zu bringen. Die Ausgrabungen in Martigny zeigen, welche Bedeutung diese Römerstraße erlangte und was für eine blühende Siedlung das keltorömischen Octodurus bis ins 4. Jahrhundert war. Nicht weit vom römischen Forum wurde um die Reste eines Tempels ein Museum für die Funde aus Octodurus gebaut. Es ist Teil der Stiftung Pierre Gianadda, die dort den Bau eines Kulturzentrums ermöglichte. Die Ausstellungshalle ist wegen ihrer herausragenden Präsentationen berühmt. Bis Juni werden „Die russischen Heiligen“ gezeigt, Ikonen aus der Moskauer Tretjkakow-Galerie. Im Garten stehen Skulpturen berühmter Künstler wie Rodin, Moore und Miró. Dazu gibt es – Hobby eines der Gianadda-Brüder – eine Kollektion von Oldtimern aus den Jahren 1897-1939 zu sehen, deren Glanzstück ein Wagen von Zar Nikolaus II. ist. Eine gänzlich andere Attraktion der Stadt ist die Destillerie Morand. Sie hat bei Kennern einen klangvollen Namen. Besucher erfahren hier auch das Geheimnis, wie die Williamsbirne in die Flasche kommt. 28 Kilometer weiter östlich im Rhonetal fangen zwei befestigte Hügel den Blick: Wahrzeichen der Kantonshauptstadt Sion/Sitten sind die Burgruine auf dem Tourbillon und eine mächtige Kirchenburg auf dem Valère. Sion ist eine der besterhaltenen mittelalterlichen Städte der Schweiz. Auffallendstes Bauwerk der kleinen Altstadt zu Füßen der Burgen ist die Kathedrale aus dem 15. Jahrhundert mit ihrem trutzigen romanischen Frontturm. Stolze Patrizierhäuser, sehenswerte sakrale und profane Bauten säumen die kopfsteingepflasterten Gassen und Plätze. Neben dem Kantonsmuseum ist auch die Kirche Notre-dame-de-Valère einen Besuch wert, nicht nur wegen des sehr schönen Aufstiegs: Klein, aber berühmt ist ihre Orgel, ein Schwalbennest an der Westwand. Das prachtvoll verzierte Stück ist gut 600 Jahre alt und dürfte die älteste spielbare Orgel der Welt sein. Sie soll beim „Internationalen Festival der alten Orgel und der alten Musik“ vom 7. Juli bis 25. August erklingen. Die zentrale Lage und die guten Verkehrsbedingungen machen Sion zum Ausgangspunkt für Ausflüge in verschiedene Walliser Täler und in bekannte Walliser Kurorte wie Zermatt und Crans-Montana. Empfehlenswert ist auch ein Abstecher mit dem Postbus auf der anderen Rhoneseite hinauf in das Val d´ Anniviers. Das Tal ist von der Mündungsschlucht der Navisence bis zu den Gletschern hinter Zinal gut 20 Kilometer lang und berühmt für seine landschaftlichen Schönheiten. Die schmucken Dörfer sind ideale Standorte für Bergwanderungen. Dritte Station unserer Reise durch „Swiss Cities“ rhoneaufwärts ist Sierre/Siders, ein Städtchen inmitten ausgedehnter Rebhänge. Im Château Bellevue, dem Schloss der Sittener Bischöfe, war auch Rainer Maria Rilke (1875-1926) während seiner „Walliser Jahre“ von 1921 bis 1926 des öfteren zu Gast. Er liebte Sierre als „eine Mischung aus der Provence und Spanien“. Dort lebte er auch bis zu seinem Tod – im kleinen Wohnturm von Muzot. In der Maison de Courten aus dem 17. Jahrhundert (Rue de Bourg 30) wurde ein Gedenkzimmer für den großen Lyriker eingerichtet; Manuskripte und Briefe Rilkes liegen zur Einsicht aus. Spaziergänger erkunden Sierre am schönsten auf einem viereinhalb Kilometer langen Weg durch die Weinberge. Ausgangspunkt ist das Walliser Reb- und Weinmuseum im Zumofenhaus. Mitten in den Rebhügeln liegt das Château de Villa, ein Schloss aus dem 16. Jahrhundert. Sein überregional bekanntes Degustationszentrum animiert unterwegs zu genussvoller Einkehr. Man könnte die Zeit vergessen. Und immer weiter bummeln auf der Fährte der 25 Städte: nach Locarno etwa, Lugano, Bellinzona…

 

Hier gibt es Infos SchweizTourismus www.swiss-cities.com

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Dieter Weirauch Kristine Krämer