Seit dem Mittelalter war es ein Traum reicher Kaufleute zwischen Allenstein und Elbląg, den Fluss Drewenz in Richtung Ostsee mit den oberländischen Seen über den Drausensee bis nach Elbing zu verbinden. Ein Kanal musste her für die Holzwirtschaft vor allem, für den Handelsgüter- und Personenverkehr insgesamt. Der Königsberger Ingenieur Georg Steenke arbeitete an den Plänen von 1837 bis 1844. Immer wieder machte ihm das Gefälle zwischen dem Pinnau- bis zum Drausensee zu schaffen. 32 Schleusen wären hier notwendig gewesen. Erst eine Besichtigung des Morriskanals in den USA brachte Steenke die Erlauchtung. Und eine Privataudienz bei Preußens König Friedrich Wilhelm IV. brachte endlich auch das Geld. 1848 konnte der Bauch der technisch einmaligen Anlage beginnen, 1860 war der Kanal fertig, er hatte drei Millionen Goldmark gekostet.
Was den Oberlandkanal so berühmt macht
Die technische Weltsensation bestand nicht nur im Senken verschiedener Seen (der Wasserspiegel des Pinnau-Sees z. B. um 5,363 Meter), im Bau von Schleusen und Aquädukten. Sondern vor allem darin, dass man fünf sogenannte „schiefe Ebenen“ auf dem Trockenen erfand, in Europa bis heute einmalig: Zwischen dem Pinnau- und dem Drausensee fahren die Passagierschiffe tatsächlich über Land. Den Höhenunterschied von 99,5 Meter zwischen Buchwald und Neu-Kußfeld fährt man über Schienen, teils über Wasser, teils durch grüne Wiesen und dichte Wälder. Manchmal ist der Kanal nicht viel breiter als das Schiff und die Bäume streicheln die Urlauber auf dem Oberdeck. Durch Wasserkraft angetriebene riesengroße Radwerke ziehen die 24 Meter langen Kanalschiffe per Seil über Land. Wer hier noch seekrank wird, ist selber schuld.
Dieser einmalige und einmalig teure Oberländische Kanal hat insgesamt eine Länge von 127,5 Kilometern. Der hauptsächlich von Ausflugsschiffen, Paddlern und Kajakfahrern befahrene Teil jedoch ist der von Elblag nach Osterode über 80,4 Kilometer.
Knapp 30 Kilometer nordöstlich von Marienburg legen in der historischen Industriestadt Elbląg/Elbing (120 000 Einwohner) Ausflugsschiffe zu abwechslungsreichen zehnstündigen Tagesfahrten auf der 67 Kilometer langen Hauptstrecke des Oberländischen Kanals ab. Der Kanal gilt als europäisches Wunderwerk der Technik. 100 Meter Höhenunterschied werden mit Hilfe von zwei Schleusen und fünf Rampen zu Lande überwunden. Auf diesen „Rollbergen“ verlaufen parallel zwei Schienenstränge, über die die Schiffe mit Wasserkraft in flachen Transportgestellen hochgezogen werden. Als Gegengewicht fungiert ein zweiter gleichartiger Wagen, der mit einem Seil über eine Rolle am ersten befestigt ist und sich während der Fahrt in gleichem Maße bergab wie jener bergauf bewegt.
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Mehr Informationen: ADAC Reiseführer plus: Polen, hrsg. von D. Schetar-Köthe u. F. Köthe, neubearbeitet 2008. ISBN 978-3-89905-299-2, www.adac.de/Reiseführer
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