Oft kopiert, doch nie erreicht. Stets am Original vorbei gingen Versuche von Bauherren in aller Welt, das Weinbergschloss zu Potsdam nachzubauen. An Experimenten mit dem Knobelsdorff-Bau hat es nicht gefehlt. Das Exotischste fand in Haiti auf der Karibikinsel Hispaniola statt. Auftraggeber war Henri Christophe, der sich selbst zum Monarchen über den Norden Haitis gekrönt hatte.
1807 wurde mit dem Bau des Sanssouci-Duplikats rund 20 Kilometer von der einstigen Hauptstadt Cap Haitien begonnen. Inmitten einer exotischen Berglandschaft gelegen, zieht die Ruine noch heute zahlreiche Besucher an. Vor allem die Passagiere der zahlreichen Kreuzfahrtlinien nutzen den Halt in Cap Haitien für einen Abstecher zur Kopie des Weinbergschlosses.
Schloss Sanssouci steht in Haiti
Der streng absolutistische „Insel-König Henri I.“ hatte Gefallen an der barocken Prachtentfaltung europäischer Höfe, das strenge, durch zahllose Konventionen geprägte höfische Zeremoniell, das er kultivierte, stand zeitgenössischen europäischen Vorbildern in nichts nach, war aber eitaus weniger karg als das Leben im Sanssouci Friedrichs des Großen. Von Henri I., der seinem Leben im Zustand geistiger Umnachtung ein Ende machte, wird berichtet, dass er die ihn umgebenden Menschen mit skurilen Titeln versah. Seine Scheinadligen hießen „Duc de la Limonade“, „Prince Sale Trou“, „Chevalier de Coco“ und „Compte de la Marmelade“.
Außer Sanssouci ließ der Egozentriker auch Versailles und einige der Loire-Schlösser nachbauen. Allein das Hauptgebäude des „Versailles der Karibik“ nimmt eine Fläche von 51 x 25 Metern ein. Es war sechs Jahre nach Baubeginn zu einer dreistöckigen Prunkanlage gewachsen. Sie war für ihre Epoche und für die damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse in Haiti mit einer verschwenderischen Pracht ausgeschmückt.
Die Eingangszone, die früher von einer Brunnenanlage beherrscht war, mündete in eine großartig angelegte doppelte Freitreppe, welche zu den Herrschaftsräumen des Schlosses führte. Hier ging der Besucher durch ausgedehnte Residenz-, Empfangs-, Bankett- und Ballsäle, die ihrer prunkvollen Ausstattung beraubt, heute ohne Decken dem tropischen Regen und der Sonne ausgesetzt sind. Kristallene Leuchter, wertvolle Edelhölzer als Belag für Wände und Fußböden und französische Gobelins wurden zur Ausstattung ebenso verwendet wie eigens für den Bau importierter italienischer Marmor. Ein Gebirgsbach wurde ein unter den Fußböden verlaufendes Röhrensystem geleitet, um die Räume vor der Tropenhitze zu schützen. Schon bald nach dem Freitod des selbstherrlichen Monarchen konnte das Schloss finanziell nicht mehr unterhalten werden und verfiel allmählich. Ein Erdbeben brachte das Bauwerk im Jahr 1842 weitgehend zum Einsturz, und ein anschließender Brand vernichtete die gesamte Innenausstattung. Erhalten geblieben ist der interessante Kuppelbau der Schlosskapelle, dessen Durchmesser und Höhe jeweils etwa 25 Meter betragen. Im Innern steht heute ein zeitgenössischer Altar. Die Bronzelöwen, die früher den Eingang des Schlosses bewachten, sind heute im Justizministerium von Port-au-Prince aufgestellt.
An das Äußere von Friedrichs Refugium orientiert sich auch ein Herrenhaus im polnischen Glisno (Gleissen). Das Palais wurde bereits 1770 vom Regierungspräsidenten von Poser errichtet. Der Ort ist eine Fahrstunde von Frankfurt/Oder entfernt. Das langgestreckte Schloss enthält ähnlich dem Marmorsaal von Sanssouci einen Mittelsaal. Wer von der einen Hälfte des Hauses in die andere will, muss stets drei durchgehende Räume in der Mitte des Hauses passieren. Wie Sanssouci ist dieses Palais ebenfalls nicht unterkellert. Nach 1800 wurde in dem heute westpolnischen Herrenhaus eine Spielbank betrieben. Mittlerweile beherbergt es ein modern eingerichtetes Tagungszentrum. Es kann besichtigt werden.
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