Manche denken an ein spitzgiebeliges Hafenkontor, wenn sie die Philharmonie der westpolnischen Hafenstadt Stettin (polnisch: Szczecin) von weitem sehen. Das moderne Gebäude an der ul. Malopolska setzt einen neuen Akzent im Stadtbild.
Preisgekrönte Philharmonie Stettin
Mit seiner weißen Außenhaut aus Aluminium und den markanten asymmetrisch abfallenden Spitzen thematisiert der imposante Bau die Kirchtürme und Giebelfronten der Umgebung. Aber auch die benachbarten Hafenbauten und Verladekräne der einstigen Hansestadt spielen eine Rolle in der Gestaltung.
Verantwortlich für die moderne Philharmonie zeichnet das italienisch-spanische Architektenbüro Barozzi Veiga aus Barcelona. Für seinen innovativen Ansatz erhielt das Team bereits verschiedene Auszeichnungen. Darunter den Nachwuchspreis der italienischen Architektur. Im Mai 2015 wurde das auch im Innern spektakuläre Gebäude der Philharmonie als das beste Bauwerk des Jahres 2014 mit dem Preis der Europäischen Union für zeitgenössische Architektur von der Stiftung Mies van der Rohe mit Sitz in Barcelona ausgezeichnet.
Barozzi Veiga, ein junges Büro aus Barcelona
Konzertsaal: Holz und Blattgold
Herzstück des wie ein Eisberg anmutenden Gebäudes sind die beiden Konzertsäle. Der große Saal bietet Platz für 953 Gäste, auf der Bühne ist Raum für 120 Musiker und 110 Sänger vorgesehen. 190 Gäste haben Platz im Kammermusiksaal. Edel die Innenausstattung. Die Holzvertäfelung wurde mit Blattgold verkleidet. Das fünfgeschossige Gebäude beherbergt darüber hinaus ein Café, eine Musikalien- und Andenkenhandlung sowie eine Galerie. Regelmäßig finden dort Kunstausstellungen statt.
Hochrangiges Musik-Programm
Das musikalische Programm ist durchweg hochrangig. Krzysztof Penderecki, Polens bedeutendster Komponist der Gegenwart, schrieb das 2014 uraufgeführte Eröffnungswerk für die neue Stettiner Philharmonie. Auch die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker gastierten bereits in Stettin.
Die Karten für Konzerte sind erschwinglich. Um 10 Euro kostete 2016 eine Konzertkarte im Schnitt. Da Stettin mit der Regionalbahn (über Angermünde) gut von Berlin aus zu erreichen ist, nutzen auch Berliner und Brandenburger die Angebote der Philharmonie Stettin.
Bereits vor seiner Eröffnung Ende 2014 sorgte die Philharmonie von Szczecin (Stettin) für Furore. Nun ist das eindrucksvolle Werk des katalanischen Architektenbüros Estudio Barozzi Veiga zum schönsten Gebäude Europas gekürt worden. Der renommierte Mies-van-der-Rohe-Preis für Gegenwartsarchitektur ging somit erstmals nach Polen. In die Vorausscheidung schafften es 421 Objekte aus insgesamt 36 Ländern. Neben der Stettiner Philharmonie kamen mit dem neuen Muzeum Śląskie (Schlesischen Museum) in Katowice (Kattowitz) und Polin, dem Warschauer Museum der Geschichte der Juden in Polen, gleich zwei weitere spektakuläre neue Kulturobjekte aus Polen in die engere Auswahl.
Benannt ist die Philharmonie nach dem polnischen Komponisten Mieczyslaw Karlowicz, entworfen ist der expressive weiß-gläserne Baukörper von den spanisch-italienischen Architekten Fabrizio Barozzi und Alberto Veiga. In der Endausscheidung setzte sich die Philharmonie gegen namhafte Konkurrenten wie das Kunstmuseum Ravensburg, das Weingut Antinori bei Florenz oder das Saw Swee Hock Student Centre in London durch. Der zentral gelegene Neubau besticht durch seine innovative Form. Die vielgestaltigen spitzen Dachelemente nehmen die Giebel der umstehenden Gebäude auf. Die weiße Außenhaut bildet tagsüber einen Kontrast zum Grün der Straßenbäume und dem Karminrot der Hauswände, nachts beeindruckt das wechselnde Farbspiel der dezent eingesetzten LED-Leuchten.
Schönstes Gebäude Europas
Zur Architektur der Philharmonie erfahrt ihr hier mehr: „Fremd und abstrakt wirkt das einen halben Block einnehmende, dreiseitig frei stehende Gebäude und gleichzeitig maßstäblich, eingepasst, präzise und gegenständlich. Im Kontext der Stadt fremd ist das einheitliche Fassaden- und Dachmaterial der Philharmonie, eine zweischalige Stahl-Glas-Konstruktion, deren transluzente Glastafeln tagsüber weiß und fast undurchsichtig sind. In der Dämmerung und Dunkelheit leuchtet das Volumen von innen heraus oder kann durch eine integrierte LED-Beleuchtung vielfarbig inszeniert werden. Der Formensprache und Textur der alten Stadt durchaus nah ist das vertikale haushohe Relief der Fassadenkontur und die Ausbildung geradezu übertrieben vieler, steiler Giebelflächen und Satteldächer, die in mehreren Reihen die Dachfläche bilden. So entsteht, bei aller Gleichförmigkeit und trotz der großen Dimension von rund 60 mal 55 Metern Grundfläche, die Struktur schmaler giebelständiger Häuserreihen mit variierenden Trauflinien und einer einheitlichen, am Nachbarn orientierten Firsthöhe.
Tritt man durch den unprätentiösen Haupteingang in das Foyer, herrscht auch hier weiße lichte Großmaßstäblichkeit. Die räumliche Struktur ist klar und schnell erfasst: Rundum bilden die vielen kleinen Räume mit ihren dienenden Funktionen einen viergeschossigen Ring, der die großen Programmpunkte – den Konzertsaal für 1.000 und den Kammermusiksaal für 200 Zuhörer sowie einen multifunktionalen Bereich und das Foyer – umschließt und zum Funktionieren bringt. Ganz oben gibt es eine Ausstellungsebene und in zwei Untergeschossen eine Tiefgarage.“ Hier die Quelle dazu auf Baunetz.
Mehr im Internet unter www.filharmonia.szczecin.pl
Nachbar: Zentrum des Dialogs „Przełomy“
2016 wurde gegenüber der Philharmonie Stettin, am Platz der Solidarności, das Zentrum des Dialogs „Przełomy“ (Umbrüche) eröffnet. Das Haus, das Museum und Kulturzentrum in einem sein will, hat sich der schwierigen Frage der Identität der polnischen Bevölkerung angenommen, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs in das vormals deutsche Stettin kam. Das Zentrum zeigt in einer Ausstellung den mühevollen Prozess der Identitätsfindung der neuen Bevölkerung von Szczecin. Diese stammte aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten und anderen Landesteilen. Die Polen sind selbst Vertriebene. Erzählt wird die Geschichte von den Anfängen in der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart. Eckpunkte sind dabei wichtige Daten des gesellschaftlichen Wandels, wie der Aufstand von 1956, die Streiks von 1970 und 1980 und die politische Wende von 1989. Das moderne Bauwerk, das sich zu großen Teilen unter der Erde befindet, wurden von dem bekannten polnischen Architekten Robert Konierczny entworfen.
Besucht auch das Technikmuseum in Stettin, u.a. mit Stoewer – Autos und Stoewer – Nähmaschinen.
Weitere Informationen:
www.przelomy.muzeum.szczecin.pl
Mehr über Reiseziele in Polen beim Polnischen Fremdenverkehrsamt: www.polen.travel
Alle Fotos: Dieter Weirauch
Hinterlasse einen Kommentar