Was in Leipzig alt und was neu ist, das ist manchmal schwer zu sagen: Ein historischer Bahnhof wurde um einige Meter hin- und hergerückt und begann ein neues Leben als Brauerei. Gemeint ist der Bayerische Bahnhof.  Eine Spinnerei behielt zwar ihren Namen, bekam aber neue – manchmal versponnene – Nutzer. Künstler zogen ein. Und manche einstige Dreckecke ist längst zu einem Lieblingsplatz der Autoren avanciert. Die Rede ist von Marlis und Volkmar Heinz. Beide haben einen lesenswerten Leipzigführer im Gmeiner Verlag vorgelegt. Ich nutze das Buch gerne, wenn ich in Leipzig bin. Immer wieder entdecke ich neue Stätten, die es zu besuchen lohnt.

Hier einige Tipps der beiden Autoren:

Gasthaus Barthels Hof

Vergessen Sie alles, was Ihnen einfällt, wenn Sie Leipziger Allerlei hören. Nein, es ist nicht der verkochte Möhren-Erbsen-Spargelreste-Mischmasch aus der Dose. Es ist eine kunstvoll angerichtete Speise, bei der einzeln zubereitete Gemüse – junge Erbsen, Morcheln, Karotten, Spargel, oft auch grüne Bohnen, Blumenkohl oder Kohlrabi – durch Krebse, Krebsbutter oder Krebsklößchen gekrönt werden.

Blick in Barthels Hof, eine angesagte Adresse in Leipzig Innenstadt Foto: Weirauch

Und natürlich erzählt man sich zu dieser Kreation eine Geschichte: Nach den Napoleonischen Kriegen soll Stadtschreiber Malthus Hempel den Ratsherren vorgeschlagen haben, den Speck lieber zu verstecken und nur noch Gemüse auf den Tisch zu bringen, sonntags vielleicht ein Stückchen Mettwurst oder ein Krebslein aus der Pleiße dazu. Dann, so spekulierte er, werden sich all die Bettler und Steuereintreiber nach Halle oder Dresden orientieren.

  • Informationen
  • Adresse: Gasthaus Barthels Hof, Hainstraße 1, 04109 Leipzig
  • Tel. 0341 141310
  • www.barthels-hof.de

Nikolaikirche

Auch,wenn Debatten aufflammen, dass Leipzig ein Denkmal für die friedliche Revolution haben müsse – mit Sankt Nikolai hat die Stadt es längst. Das alte Gemäuer ergänzen ein paar neue Kommentare: Auf dem Nikolaikirchhof steht eine mit Palmwedeln gekrönte Säule, die denen im Kircheninneren gleicht, so als wäre sie von dort auf den Platz hinausgetreten. Pflasterseine wurden durch Glaswürfel ersetzt, die in der Daunkelheit nach und nach – als breite sich eine Menschenmenge aus – aufleuchten. Symbolisch für unaufhaltsamen Freiheitsdrang läuft stetig Wasser über den Rand eines groß0en runden Granitbrunnens.

Im Innern ist nach langem Umherirren einzelner Dokumente in der Südkapelle eine Ausstellung entstanden, die von Friedensgebeten erzählt. Die finden seit 1982, bis auf die Sommerpausen, noch immer jeden Montag statt.

  • Informationen
  • Adresse: Nikolaikirche, Nikolaikirchhof 3, 04109 Leipzig
  • Tel. 0341 12453820
  • www.nikolaikirche.de

Specks Hof

Etwa 30 solcher Passagen durchqueren in Leipzigs Innenstadt die Häuserblöcke. Die einen nennen sich ganz sachlich Marktgalerie oder Messehofpassage, die anderen Blauer Hecht oder Goldenes Händchen. Manche sind schlichte, kaum ins Auge fallende Durchschlupfe oder Lichthöfe, andere hingegen geben sich weit und prunkvoll wie die Häuser, zu deren Erdgeschoss sie gehören. Mag sein, dass die Mädlerpassage die bekannteste ist.

Als die architektonisch raffinierteste gilt allerdings Specks Hof, weil hier Modernes und Historisches so locker miteinander korrespondieren. Seinen Namen bekam das Eckgebäude übrigens durch Freiherrn Maximilian Speck von Sternburg, einen erfolgreichen Handeslherrn, der es 1815 erwarb.

  • Informationen
  • Adresse: Specks Hof, Zwischen Reichsstraße und Nikolaistraße, 04109 Leipzig
  • www. speckshof.de

Auerbachs Keller

Wer Leipziger nach Auerbachs Keller fragt, erlebt vom abschätzigen „Touristentrubel“ bis zum wohlmeinden „Unbedingt!“ alle Reaktionen. Wahrscheinlich so, wie es einem mit den Münchnern und deren Hofbräuhaus ginge, das als weltweit bekanntestes deutsches Restaurant gilt, unmittelbar gefolgt von Auerbachs Keller.

Neben dem Auerbachs Keller im Untergeschoss befinden sich in der Mädler-Passage kleine Ladengeschäfte und Gaststätten. Foto: D.Weirauch

Neben dem Auerbachs Keller im Untergeschoss befinden sich in der Mädler-Passage kleine Ladengeschäfte und Gaststätten. Foto: D.Weirauch

Die Einstimmung auf diesen historischen Ort beginnt schon oben in der Mädlerpassage. Die linke Schuhspitze der überlebensgroßen schwarzen Faust-Skulptur glänzt golden. Manch einer streift sie nur im Vorbeigehen mit dem Finger, andere bleiben stehen und reiben sorgfältig. Das soll Glück bringen. Die Hauptfigur aus Goethes Drama steht neben Mephisto auf einem Podest, gegenüber drei trunkene Studenten. Die Akteure der Weltliteratur debattieren erregt über die Köpfe der gewöhnlichen Passanten hinweg.

  • Informationen
  • Adresse: Auerbachs Keller, Grimmaische Straße 2-4, 04109 Leipzig
  • Tel. 0341 216100
  • www.auerbachs-keller-leipzig.de

Restaurant und Museum zum Arabischen Coffe Baum

Dieses barocke Portal ist für Leipzig eigentlich nicht typisch. Dennoch mühen sich die Touristen, auf dem kleinen Platz davor zwischen Brunnen und Sonnenschirmen einen passenden Fotostandpunkt zu finden. Die begehrten Motive sind das Restaurant Zum Arabischen Coffe Baum und dessen prächtiger Eingang. Auf dem reicht ein hingestreckter stattlicher Osmane einem kleinen Amor eine Schale Kaffee. Dass es sich tatsächlich um den „Türkentrank“ handelt, offenbart die Pflanze im Hintergrund, ein Kaffeebaum. Man erzählt sich, Kurfürst August der Starke habe dieses Kunstwerk anno 1719 der Wirtin Johanna Elisabeth Lehmann geschenkt, aus Dankbarkeit für eine besondere Liebesnacht.

Fest steht: Das Gasthaus ist eines der ältesten kontinuierlich betriebenen Café-Restaurants Europas. Seit 1711 wird hier Kaffee ausgeschenkt. Vier Etagen hat es und überall verteilt kleine Gasträume. Die sind über eine knarrende Holztreppe zu erreichen, die ab und zu einen Blick auf den engen Innenhof freigibt und auch in die Ausstellung des Kaffeemuseums führt.

  • Informationen
  • Adresse: Restaurant und Museum zum Arabischen Coffe Baum, Kleine Fleischergasse 4, 04109 Leipzig
  • Tel. 0341 9610060

Das Restaurant „Zum Arabischen Coffe Baum“ liegt am sogenannten Drallewatsch, einer von vier rund ums Jahr bevölkerten Leipziger Kneipenmeilen.

Bachdenkmal auf dem Thomaskirchhof

Zu seinen Füßen herrscht jederzeit Gewusel. Ein Foto mit Bach scheint Pflicht unter den Weitgereisten. Die 2,45 Meter hohe Bronzestatue wurde vom Leipziger Bildhauer Seffner entworfen und am 17. Mai 1908 enthüllt. Dem war ein zäher Standortstreit vorausgegangen, letzlich fiel die Wahl auf den jetzigen Platz – und Leibniz, der seit 1883 dort stand, musste weiterziehen.

  • Informationen
  • Adresse: Bachdenkmal, Thomaskirchhof,
  • 04109 Leipzig
  • Denkmal für den Thomaskantor Foto: Weirauch

    Denkmal für den Thomaskantor Foto: Weirauch

Hauptbahnhof

Die Leipziger lieben ihren Hauptbahnhof. Seitdem 1915 der Schlussstein gesetzt wurde, kann vermutlich jedes Schulkind aufsagen, das er der größte Kopfbahnhof Europas sein.

Allein mit der ursprünglichen Symmetrie hapert es: Einst teilte die Grenze zwischen der sächsischen und der preußischen Eisenbahn das Gebäude zwischen Ost- und Westhalle in zwei deckungsgleiche Halbbahnhöfe. Es gab zwei Bahnhofsvorsteher, die sich allmorgendlich an der „Landesgrenze“ zwischen Gleis 13 und 14 hochoffiziell begrüßten. Heute fehlen nicht nur im Osten drei, sondern im Westen gleich fünf der alten Gleise. Letztere sind inzwischen dem Eingang des City-Tunnels gewichen. Und niemand hat dagegen protestiert.

  • Informationen
  • Hauptbahnhof, Willy-Brandt-Platz 5,
  • 04109 Leipzig

Blick vom einstigen Uni-Hochhaus auf Leipzig Foto: Weirauch
Blick vom City-Hochhaus auf das Völkerschlachtdenkmal Foto: Weirauch

Blick vom City-Hochhaus auf das Völkerschlachtdenkmal Foto: Weirauch

Völkerschlachtdenkmal Leipzig

Völkerschlachtdenkmal Leipzig Foto: Weirauch

Buchtipp: Marlis Heinz, Volkmar Heinz, Lieblingsplätze zum Entdecken: Leipzig, Gmeiner-Verlag GmbH, Meßkirch 2017, 14.99 Euro

Marlis Heinz wurde 1956 in Leipzig geboren, ging hier zur Schule, studierte an der Uni Leipzig Journalistik, arbeitete bei der »Leipziger Volkszeitung«. 1990 gründete sie mit Kollegen das Journalistenbüro »Leipzig Report«. Heute schreibt sie solo für Tageszeitungen und Zeitschriften.

Volkmar Heinz, Jahrgang 1954, wurde schon als Baby Leipziger. Er hat Bildjournalismus studiert und vier Jahrzehnte lang Tageszeitung gemacht. 1993 bis 2014 leitete er die Fotoabteilung der »Leipziger Volkszeitung«. Heute ist er im Ruhestand.

Blick vom City-Hochhaus auf den Leipziger Hauptbahnhof foto: Weirauch

Blick vom City-Hochhaus auf den Leipziger Hauptbahnhof Foto: Weirauch

hier geht es zu weiteren Sehenswürdigkeiten in Leipzig.
Bräuhaus im Bayerischen Bahnhof in Leipzig Foto: Weirauch

Bräuhaus im Bayerischen Bahnhof in Leipzig Foto: Weirauch