Im Prignitz-Örtchen Wolfshagen steht eines der bedeutendsten Barockschlösser Norddeutschlands. Dort ist jetzt eine Ausstellung über den spätromantischen Märchenerzähler und Dramatiker Gustav zu Putlitz (1821 – 90) zu sehen: ein schöner Anlass, die reizvolle Region der nördlichen Mark Brandenburg zu entdecken. Der im Prignitz-Dorf Retzin geborene Putlitz, später Theaterintendant von Schwerin und Karlsruhe, verwandelte durch seine Künstler-Freundschaften das Dorf in einen ländlichen Musenhof. Mit der Schau «Lächelnde Blumen des Friedens – der spätromantische Schriftsteller Gustav zu Putlitz» im benachbarten Schloss Wolfshagen holte jetzt dessen Urenkel Professor Bernhard von Barsewisch den Novellisten und Verfasser von Opernlibretti aus der Versenkung zurück. Von

Auferstanden…: Schloss Wolfshagen

Barsewisch trug zusammen, was mit dem Lebenswerk des Künstlers zusammenhängt: Bücher, Programmhefte, Bilder, Fotos und Einrichtungsgegenstände. Lohnenswert ist nicht nur die Ausstellung, wo man freundlich zur Kaffeetafel geladen wird, sondern auch das 1785/86 erbaute Schloss als Ganzes. Zu DDR-Zeiten wurde es als Schule zweckentfremdet, inzwischen ist es mit viel Fördergeld schön saniert worden. Im Obergeschoss zeigt Bernhard von Barsewisch seine private Porzellansammlung – blau bemalte Kunstwerke. Und im Erdgeschoss gibt es eine kleine Kapelle, als Ersatz für die 1982 abgerissene Dorfkirche. Teile des 1850 von Peter Joseph Lenné angelegten Parks können beim Rundgang um das Schloss entdeckt werden.Wolfshagen Prignitz

Gleich hinter dem Schloss fließt die Stepenitz vorbei, für Kanu-Touristen ein Geheimtipp. Spaziergänger finden nach nur wenigen Schritten auf dem hinter der Brücke rechts abbiegenden Weg ein naturbelassenes Wandergebiet. „Der Landadel lebte eben ganz bodenständig“, erläutert Bernhard von Barsewisch bei einem Rundgang durch die zweiflügelige, in einem zarten Ocker gestrichene Barock-Anlage. Landwirtschaft war der Erwerb, rustikal das Leben. Von Barsewisch ist selbst ein Nachfahre der Familie Gans zu Putlitz und kann in den langen Zimmerfluchten zu jedem Porträt und jeder Wandvitrine etwas erzählen. Die Räume sind liebevoll und authentisch restauriert. Von aufwändigen Wandmalereien sind zumindest Relikte vorhanden, „viele Motive im Haus huldigten damals Friedrich dem Großen“, sagt der Museumsinitiator. Selbst eine Kapelle hat das Gutshaus, in der Hochzeiten oder Taufen stattfinden können, außerdem gibt es Konzerte und Lesungen im Gartensaal oder Empfänge und Kaffeetafeln. Im oberen Stockwerk zeigt das Museum schließlich noch die bedeutende Porzellansammlung von Barsewisch aus vier Jahrhunderten.

„Gänseburgen“ und Schlösser live erleben. Wer das möchte, für den ist die „Gänse-Tour“ in der Prignitz im Norden Brandenburgs genau richtig. Der Name klingt wie ein Scherz: Gans Edle Gänse zu Putlitz. Das über Jahrhunderte bestimmende Adelsgeschlecht in der Prignitz hieß wirklich so, die Familie führte die Gans stolz im Wappen.

Die „Gänse-Tour“ folgt dem Kolonisierungszug der Familie Gans zu Putlitz – von Wittenberge, wo die Stepenitz in die Elbe mündet, bis zum Oberlauf des Flusses – und verbindet die an dieser naturnahen Wegstrecke von 80 Kilometern befindlichen kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten, die mit der Adelsfamilie zusammenhängen.  Unsere etwa 25 Kilometer lange Radtour beginnt in Perleberg am 500 Jahre alten Roland auf dem Marktplatz und führt entlang der mit einem originellen Logo ausgeschilderten Route quer durch die schick herausgeputzte Stadt zum Restaurant „Zur Gänseburg“ am Wall (Mo-Fr/So 11-14 und 18-23 Uhr, Sa durchgehend). Für 6,70 Euro lassen wir uns Zander unter Kartoffelkruste auf Sahne-Möhren munden, es gibt aber auch Gänse, passend zur Jahreszeit. Im Heimatmuseum am Mönchort können Besucher das Wesen der Prignitz erkunden. Museumsleiter Günter Seier lädt derzeit zu einer interessanten Weihnachtsausstellung ein. Da, wo die erste „Gänseburg“ stand, in der Wittenberger Straße, findet sich heute das Hotel „Stadt Magdeburg“ (gefüllte Gänsebrust mit Pfifferlingen in Schwarzer Johannisbeer-Sauce mit Kartoffelklößen 12,50 Euro) gibt.

Besuch in Wolfshagen

Nächste Station ist Schloß Wolfshagen. Hier hat der Förderverein des Schloßmuseums den alten Adelssitz in voller Pracht erstrahlen lassen. Im Innern des herrschaftlichen Hauses erwartet den Besucher neben den restaurierten Räumen und einer historisch eingedeckten Tafel im Gartensaal auch eine der bedeutendsten Sammlungen von unterglasurblau gemaltem Porzellan. Die Sammlung dokumentiert den Übergang von frühen kostbaren, dem chinesischen Porzellan nachempfundenen, Stücken über die umfangreiche Manufakturproduktion. Bis 1945 blieb das Schloß Zentrum einer umfangreichen Gutswirtschaft und einer der Stammsitze der Familie Gans zu Putlitz. ( www.wolfshagen.de ). Besichtigungen und Führungen: Mittwoch bis Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr (24.12. und 1.1. geschlossen). Wir kehren im „Gasthof am Schloß“ ein, die leichte Gänsesülze mit Röstkartoffeln und Remoulade kostet 6,20 Euro.

Königsgrab von Seddin

Von Wolfshagen aus geht es linkerhand auf holprigen Wegen zum berühmten Königsgrab von Seddin. Es ist auf Grund der Größe des Grabhügels sowie des Reichtums der Grabbeigaben eines der bedeutendsten bronzezeitlichen Hügelgräber Nordeuropas.

Eingang zum Königsgrab von Seddin in der Prignitz.

Eingang zum Königsgrab von Seddin in der Prignitz. Foto: Weirauch

Gedenkstein vor dem Königsgrab von Seddin.

Gedenkstein vor dem Königsgrab von Seddin.

Zurück in Wolfshagen, fahren wir in das vier Kilometer entfernte Dorf Groß Pankow. Dort kann das von Putlitzsche Gutshaus (heute Augenklinik) mit Landschaftspark besichtigt werden. Im Remisengebäude lädt wochentags ein Hofladen-Cafe zum Verweilen und zum Kauf regionaler Produkte und Souvenirs ein.

Hier erfahrt ihr mehr über den Knieperkohl, den es so zubereitet nur in der Prignitz gibt.

Von dort aus geht’s weiter über Helle nach Mansfeld, dem Geburtsort des Dichters Gottfried Benn, bis nach Putlitz, das dem Adelsgeschlecht den Namen gab. Nach dem Aufstieg im Burgturm wird man durch einen wunderschönen Blick auf die weite Landschaft der Prignitz belohnt. Das Fachwerk-Rathaus ziert ein Gänsewappen.

Wer noch Kraft und Zeit hat, findet in Kuhbier, etwas abseits von der „Gänsetour“, eine kulinarische Attraktion: Im gibt es den nach alten Rezepten hergestellten Knieperkohl, das Prignitz-typische Gericht zur Winterzeit, aus Grün-, Blau- und Weißkohl zubereitet. Wieder in Putlitz, nehmen wir den Zug nach Perleberg oder fahren mit Prignitzer Eisenbahn und Regionalexpreß via Pritzwalk und Neustadt/Dosse nach Berlin zurück.

Die Gänsetour kann auch komplett abgefahren werden, nähere Informationen dazu erteilt der Fremdenverkehrsverein Prignitz e.V., Wittenberger Str. 90, 19348 Perleberg, Tel.: 03876/61 69 73. www.dieprignitz.de .

Ausflugstipp Wittstock

In der Alten Bischofsburg laden heute die Museen „Dreißigjähriger Krieg“ und das Ostprignitzmuseum ein. Die auch als „Rothenburg des Nordens“ bezeichnete Stadt verfügt über die einzige erhaltene geschlossene Stadtmauer aus Backstein in Mitteleuropa.

Einzigartig und imposant: die Stadtmauer von Wittstock

Einzigartig und imposant: die Stadtmauer von Wittstock

In der Bischofsburg von Wittstock befindet sich die einmalige Schau zum Dreißigjährigen Krieg.

In der Bischofsburg von Wittstock befindet sich die einmalige Schau zum Dreißigjährigen Krieg.

Ebenfalls sehenswerte Stationen der 95 Kilometer langen Bischofsroute sind Havelberg, Bad Wilsnack mit der mächtigen Wunderblutkirche und die Wallfahrtskirche von Alt Krüssow. Für Radfahrer und Wanderer ist die Strecke vorzüglich ausgeschildert und kann auf mehreren Routen erlebt werden.

Hier weitere Informationen

Schlossmuseum, Dorfstraße 10a, Wolfshagen, Tel.: 03 87 89/ 6 10 63. Mi – So/feiertags 11 – 16 Uhr. 4/erm. 3 Euro. Katalog 10 Euro. www.fremdenverkehr-prignitz.de

Auskunft: Fremdenverkehrs- und Kulturverein Prignitz, Wittenberger Str. 90, 19348 Perleberg, Tel.: 03876/61 69 73, Fax: 61 34 84, www.dieprignitz.de

Prignitz Industriekultur, Technikgeschichte

Cover Verlag terrapress

Hier ein weitere Tipp für die Prignitz.